Wenn mir früher eine Freundin erzählt hätte, dass sie nicht gemerkt hat, dass sie schwanger ist, hätte ich sie für verrückt erklärt. Oder zumindest ausgelacht – schlechter Scherz! Jeder kennt doch seinen Körper und muss die Veränderungen spüren. Außerdem setzt die Periode aus und der Bauch wächst.
Inzwischen bin ich nicht mehr so vorlaut. Denn tatsächlich ist mir genau das passiert. Ihr habt richtig verstanden: Ich war neun Monate schwanger, OHNE ES ZU MERKEN. Wie das geht? Erzähle ich euch hier.
Ich kann mich noch genau erinnern. Es war der 15.12. – ein paar Tage vor Weihnachten – als ich plötzlich Unterleibskrämpfe bekam. Sie waren so stark, dass ich mir beim Frauenarzt in meiner Heimatstadt kurzfristig einen Termin habe geben lassen. Um dort hinzukommen, bin ich erstmal zwei Stunden auf der Autobahn gefahren.
Als ich dann auf dem Stuhl lag, und der Arzt einen vaginalen Ultraschall machte, entfuhr es ihm plötzlich: „Oh, Sch…!“. Ich bin total erschrocken, da ich meinen Arzt als ruhig und besonnen kenne. Seine nächsten Worte sollten mich noch mehr umhauen: „Du bist schwanger, du hast Wehen und dein Kind kommt gleich. Du musst sofort in die Klinik.“ Er vermutete, dass ich bereits mindestens in der 40. Schwangerschaftswoche wäre.
Ich habe erstmal einen Heulkrampf gekriegt, ich konnte mich kaum beruhigen. Irgendwie habe ich es geschafft, meinen Freund anzurufen und meine Familie. Die waren bei der Nachricht auch alle kurz vor einem Herzinfakt – keiner hatte etwas bemerkt.
In der Klinik wollten sie einen Kaiserschnitt mit Teilnarkose machen – also eine Spinalanästhesie, bei der das Betäubungsmittel in die Nähe des Rückenmarks gespritzt wird. Nachdem der Anästhesist fast ein Dutzend Mal daneben gestochen hat, hat sich das Geburtsteam für eine Vollnarkose entschieden.
Am 16.12. um 3.12 Uhr kam schließlich meine kleine Anna auf die Welt. Ich habe sie sofort in den Arm genommen, da musste ich nicht groß drüber nachdenken.
Zum Glück ist sie (bis auf einen vererbten Gendefekt) kerngesund!
Noch heute kann ich es kaum fassen, dass es so passiert ist, wie es passiert ist. Ich hätte doch irgendwann etwas merken müssen! Wenn ich allerdings an die Monate davor zurückdenke, wird mir klar: Ich hatte keinerlei Anzeigen von Schwangerschaftsübelkeit und auch keine Fressattacken. Meine Brüste waren nicht gewachsen – und das bisschen, das ich am Bauch zugenommen hatte, tat ich als „zu viele Kohlenhydrate“ ab. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich etwas rundlicher bin, so dass man nicht gleich sieht, wenn ich an Gewicht zulege.
Mir ist im Nachhinein aufgefallen, dass ich die Kindsbewegungen schon gespürt habe. Ich dachte allerdings tatsächlich, es wären Blähungen. Und noch ein paar Tage vor der Geburt habe ich richtig schwer geschleppt, ohne dass es mir weh getan hätte.
Ich hatte in der Frühschwangerschaft tatsächlich zwei Schwangerschaftstests gemacht, weil meine Periode zwar da, aber sehr schwach war. Sie waren beide negativ, deshalb machte ich mir keine weiteren Gedanken. Außerdem war ich noch im August bei einer Routineuntersuchung beim Betriebsarzt, der meinen Bauch abgetastet hat und meinte, es sei alles ok.
Ich hatte bei allem großes Glück – gesundheitlich, familiär und emotional:
Da ich weder rauche noch Alkohol trinke, war das nie ein Risikofaktor für das Kind.
Mein Freund steht bis heute zu mir und liebt seine Tochter so sehr wie ich. Die Familie ist eingesprungen und hat innerhalb weniger Tage die gesamte Erstausstattung für Anna besorgt. Meine Lehre habe ich erstmal unterbrochen, aber die möchte ich in nicht allzu ferner Zukunft weitermachen.
Zum Glück haben sich sowohl mein Freund als auch ich gleich in unsere Maus verliebt. Als wir nach der Geburt gekuschelt haben, war das wunderschön. Ich habe zwar etwas gebraucht zu realisieren, dass wir jetzt wirklich ein Kind haben. Hergeben will ich sie aber nie wieder!