Es ist (leider) völlig normal, dass sich dein Dreijähriger manchmal auf den Boden wirft und sich weigert weiterzulaufen. Auch ist es nicht ungewöhnlich, dass sie deine 15 Monate alte Tochter nach dem Schnuller die Augen ausweint.
Wenn du aber das Gefühl hast, dass sich die Vorfälle extrem häufen bzw. sich dein Baby oder Kind nicht mehr oder nur schwer beruhigt, dann hat es vielleicht ein Problem mit der sensorischen Integration. Der was?
Es handelt sich dabei um die Fähigkeit des Gehirns, Informationen mit all unseren Sinnen (=sensorisch) aufzunehmen und diese einordnen zu können. Wichtig ist dabei, dass die neuen Eindrücke mit dem verbunden werden, was wir bereits kennen. Jeder Mensch verfügt über dieses System und braucht es, um den Alltag zu meistern.
Da es übrigens nicht nur die bekannten fünf Sinne gibt (sehen, riechen, hören, tasten und schmecken), sondern ein paar mehr (z.B. Bewegungs- und Gleichgewichtssinn), ist das einen Mammutaufgabe.
Hier sieben Dinge, woran du erkennen kannst, dass dein Kind damit Probleme hat:
- Konstantes Kauen und Beißen
Dein Kind kaut nicht nur auf seinem Kuscheltier, sondern auf allem rum, was ihm die Quere kommt? Ärmel, Bettpfosten, Gummiball? Dann könnte es sein, dass die Sensoren im Mund nicht das bekommen oder liefern, was sie brauchen. Vorübergehende Lösung ist, ihm etwas zum Draufrumkauen anzubieten, z.B. einen Beißring oder eine Trinkflasche.
2. Immer unterwegs
Zappelphilipp ist gegen dein Kind ein Stubenhocker? Dann hat dein Kind vielleicht ein Problem mit dem sog. vestibulären System. Dazu gehört der Gleichgewichtssinn, der ihm auch bei der Orientierung im Raum hilft oder einen Einfluss auf seine Haltung hat. Solche Kinder rennen dauernd, sitzen niemals still und sind auf dem Karussell die wildesten. Wie du dem Bewegungsdrang deines Kindes nachkommen kannst: Mit Schaukeln, Hindernisrennen oder Kletterwand im Zimmer.
3. Angst vor lauten Orten und Menschenmengen
Oft sind sich selbst größere Kinder nicht bewusst, dass sie ein Problem haben. Für dich ist es schwer, es herauszfinden, weil dein Kind vielleicht einfach nur müde ist. Wenn du das Gefühl hast, dass dein Kind jedes Mal bei einer Familienfeier oder im Supermarkt sehr zappelig ist, dann solltest du genauer hinsehen. Vielleicht kann es das Gehörte nur schwer verarbeiten. Deshalb folgt es auch selten, wenn du ihm etwas sagst. Leider bleibt dir nur übrig, die stressigen Situationen so gut wie möglich zu meiden bzw. geräuschdämpfende Kopfhörer zu kaufen.
4. Extrem schwieriger Esser
Wenn dein Kind phasenweise das Essen vom Tisch wirft, ist das zwar nervig aber kein Grund zur Sorge. Es ist auch normal, dass dein Kind gewisse Lebensmittel nicht anrührt. Ist die Essenszeit aber jeden Tag ein Vollkatastrophe und zieht sich über eine Stunde hin, dann hat dein Kind vielleicht Probleme mit dem Geschmackssinn. Dem ist sehr schwer beizukommen (sorry!). Du musst dann so viel wie möglich ausprobieren und viiiel Geduld haben.
5. Chaos-Kind
Wahrscheinlich könntest du sofort hier unterschreiben, dass das Kinderzimmer immer aussieht, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Das allein reicht jedoch nicht als Hinweis auf eine visuelle Störung aus – also ein Problem der Kommunikation zwischen Auge und Gehirn. Es geht auch darum, dass dein Kind mehrere Aufgaben hintereinander erledigen oder eine Sache sortieren kann. Eine gute Idee sind da übersichtliche Pläne (gerne mit Bildern), Beschriftung der Spielzeugboxen – alles, was die Orientierung erleichtert.
6. Der Kampf mit dem Anziehen
Du hast morgen eine Minute Zeit, dir schnell eine Jeans und einen Pullover überzuwerfen, dein Kind braucht mindestens 10 Minuten. So weit, so normal. Richtet sich die Abneigung aber gegen bestimmte Sachen und ist sehr vehement, dann kann es um Probleme mit dem Tastsinn gehen. Einige Kinder mögen zum Beispiel partout keine Socken oder Schuhe oder das Gefühl von Etiketten auf der Haut. Du kannst dann nur versuchen, ein Spiel daraus zu machen, in dem dein Kind sich etwas zum Anziehen oder seine Lieblingsschuhe aussuchen darf.
7 . Sehr leicht wütend und aufgewühlt
Das ist eines der schwierigsten Zeichen, da jedes Kind mal tobt und sich irrational verhält. Braust dein Kind aber dauernd und scheinbar immer ohne Grund auf, dann muss es vielleicht zu viele Informationen verarbeiten. Kinder mit sensorischen Problemen können ihre Emotionen schwer regulieren – und schlagen auch eher mal aus der Reihe. Auch da hilft eine ruhigere Umgebung, zum Beispiel ein Platz bei einer Tagesmutter statt in einer größeren Kita.
Du findest dein Kind in einem oder mehreren Punkten wieder? Wenn du einen starken Verdacht hast, solltest du dir aufschreiben, was dein Kind wie häufig macht und in welcher Situation. Und dann bitte ab zum Kinderarzt, um das weitere Vorgehen zu besprechen!