Es ist das Schlimmste, was einer Mutter passieren kann.
Das eigene Kind zu verlieren.
Leider fühlen sich viele Betroffene mit ihrer Trauer allein gelassen und ausgeschlossen.
Wir möchten Sternen-Mamas mitteilen, dass sie mit ihrem Schicksal nicht alleine sind.
Wir möchten ihnen beistehen und auch dabei helfen, dass Sternenkinder nicht in Vergessenheit geraten.
Das ist die Geschichte von Mama Yvonne und ihrem Sternenkind Elias.
„Mein Name ist Yvonne und bin 39 Jahre alt. Hier meine Geschichte.
Als wir uns entschieden haben, ein Baby zu bekommen, wollte es einfach nicht klappen. Wir haben uns nach langem Hin und Her schließlich zu einer Hormon-Therapie entschieden – und tatsächlich, ich wurde gleich nach der ersten Spritze schwanger.
Die Freude war riesig!
Mein Mann und ich leben in Tunesien und natürlich bin ich direkt vor Ort zum Arzt gegangen. Ich fühlte mich bei dem Arzt gut aufgehoben und wurde aufgrund von Bluthochdruck öfter untersucht.
Alles war in Ordnung und die Schwangerschaft verlief normal.
Ich entschied mich damals, dass die Geburt in Deutschland stattfinden sollte, weil ich meine Mutter dabei haben wollte. Im Februar 2010 bin ich nach Deutschland geflogen und habe gleich nach meiner Ankunft einen Frauenarzt aufgesucht. Dieser Arzt hat mich aufgrund einer möglichen Schwangerschafts-Diabetes in ein Krankenhaus überwiesen. Dort verbrachte ich ganze fünf Tage und durfte danach endlich nach Hause. Ich habe mich Zuhause geschont und mich langsam auf die Geburt vorbereitet.
Am 11. März 2010 hatte ich eine weitere Untersuchung – ich war in der letzten Schwangerschaftswoche.
Ich wurde morgens von starken Kindbewegungen geweckt.
Auch am Abend vorher, habe ich gemerkt, dass mein Kind sich viel bewegte. Es hat sich sehr bemerkbar gemacht, aber ich dachte mir nichts weiter dabei.
Ich habe den 11. März 2010 ganz normal erlebt und auf die Untersuchung gewartet. Im Nachhinein muss ich sagen, dass mein Kind nach den aktiven Morgenstunden ungewöhnlich ruhig war. Ich dachte allerdings, dass das normal wäre. Es war ja mittlerweile auch recht eng in meinem Bauch.
Ich bin jedenfalls später mit meiner Mutter zu der Untersuchung gefahren. Zuerst sollte eine Hebamme die Herztöne des Babys kontrollieren, aber sie fand keine. Eine Ärztin wurde daraufhin gerufen, die mit einem Ultraschallgerät meinen Bauch untersuchen sollte. Als sie auf meinem Bauch schallte, starrten wir alle auf dem Bildschirm.
Aber das Herzchen, das eigentlich schlagen sollte, war nicht am schlagen.
Da war nichts. Einfach nichts.
Wir waren alle sehr geschockt und fanden keine Worte. Ich konnte in diesem Moment nicht weinen. Ich habe zwar gehört, dass keine Herztöne zu finden sind, aber ich konnte es nicht glauben. Ich kann bis heute nicht in Worte fassen, was ich in diesem Moment gefühlt habe.
Ich habe dann meinen Mann angerufen, der ja zu diesem Zeitpunkt noch in Tunesien war. Ich musste ihm dann sagen, dass unser geliebtes Wunschkind nicht mehr lebt. Es war die Hölle!
Er hat sich direkt in ein Flugzeug gesetzt und ist zu mir gekommen. Wir hatten die Ärzte gebeten, mit der Geburt bis zu seiner Ankunft zu warten.
Ich musste unser Kind, es war ein Sohn, auf natürliche Weise auf die Welt bringen. Es war eine sehr schwere Geburt. Nicht nur, dass psychisch absolut am Ende war, nein, auch körperlich war es eine Grenzerfahrung. Ich hatte einen Filmriss. Und ich kann mich nicht mehr an alles erinnern. Ich weiß aber, dass es sehr schlecht um mich stand und auch ich habe es beinahe nicht geschafft.
Als nach der Geburt wieder zu mir gekommen bin, hat uns eine junge Schwester gefragt, ob wir unser Kind sehen möchten. Wir haben unseren Sohn Elias genannt, und ich war mir zuerst nicht sicher. Ich habe sie gefragt, wie er aussieht. Sie sagte, wie ein schlafendes Kind, nur nicht so rosig. Wir haben uns entschieden, ihn zu sehen und ich kann sagen, dass das die richtige Entscheidung war.
Denn ich hätte mir später immer die Frage gestellt, wie hätte er ausgesehen? Er sah wunderschön aus und wir haben auch Fotos von unserem Engel gemacht.
Die Schwester hat uns auch eine kleine Haarsträhne von Elias gebracht – ich bin ihr auch heute noch unendlich dankbar für diese Geste.
Die Zeit nach der Geburt war schwer, sehr schwer. Ich habe sehr viel geweint. Wir haben unseren Jungen mit Hilfe des Fremdenverkehrsamtes und des Konsulats nach Tunesien überführen lassen, damit er immer in unserer Nähe ist.
In dieser schweren Zeit hat mir Reden sehr geholfen. Viel, viel reden. Viele haben auf mich Rücksicht genommen und manche sogar, zu sehr. Ich habe dann immer gesagt, dass wenn sie Fragen haben, dann können sie diese sehr gerne stellen. Ich habe auch immer gesagt, dass ich bei den Antworten warhscheinlich weinen werde, und so war es dan immer auch. Aber es hat gut getan.
Wie geht man mit dem Erlebten bei der nächsten Schwangerschaft um? Ich kann nur von mir sprechen und kann sagen, dass ich immer Angst hatte. Von Beginn bis zum Ende der Schwangerschaft und darüber hinaus.
Mein Sohn Emir ist aufgrund meines Bluthochdrucks einen Monat zu früh geholt worden, durch einen Kaiserschnitt. Einfach, um jedes Risiko auszuschließen. Und ich bin bei meiner zweiten Schwangerschaft nicht nach Deutschland geflogen.
Als Emir geboren wurde, haben mein Mann und ich die gleiche Reaktion gezeigt. Alles kam uns so unwirklich vor. Wir konnten unser großes Glück kaum glauben.
Zuhause habe ich wochenlang mit Licht geschlafen und immer wieder meine Hand auf Emirs Rücken gelegt, um zu spüren, ob er noch atmet. Die Angst um meinen Sohn ist nie weggegangen. Auch nach über fünf Jahren nicht. Ständig habe ich Angst, dass ihm etwas passiert. Ich glaube mittlerweile, dass ich das nie ablegen werde und habe meine Sorgen akzeptiert. Das ist in Ordnung so.
Heute kann ich sagen, dass es immer das Schlimmste ist, wenn eine Frau ihr Kind verliert. Egal, ob es in der 5. Schwangerschaftswoche passiert, oder in der letzten. Und Ratschläge von Familien und Freunden wie ‚Du bist ja noch jung‘, ‚Du kannst immer noch Kinder kriegen‘ etc., sind extrem falsch. Keine Mama, die ihr geliebtes Baby verloren hat, möchte das hören.
Jede Mama muss einen Weg finden, die Situation zu verarbeiten. Und es gibt nicht einen richtigen Weg. Mir hat Lesen und viel Reden geholfen. Aber es gibt eben ganz unterschiedliche Wege. An alle Sternen-Mamas: Bitte schämt euch auch nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zunehmen.
Ich wünsche allen Sternen-Mamas und Papas von Herzen ganz ganz viel Kraft!“