Wir alle lieben Babys!
Sehen wir ein Baby, machen wir „Awwww!“ und wollen, dass es uns anlächelt und ihm über die Wange streicheln. Sooo süß!
Wir können nichts dafür, dass wir auf das Kindchenschema – große Augen, kleine Nase, weiche Haut – fliegen, es ist fest in uns verankert. Diesen Instinkt hat Mutter Natur eigentlich gut eingerichtet: Die körperlichen Merkmale von Kindern signalisieren uns, dass sie beschützenswert sind. Sie triggern eine spezielle Region im Gehirn, so dass wir uns ihnen gegenüber weniger aggressiv und fürsorglicher verhalten als gegenüber Erwachsenen.
Diverse Verhaltensstudien besagen sogar, dass der Anblick eines Babys das Belohnungszentrum stimuliert und Glücksgefühle auslöst, die denen eines Koksrausches nicht unähnlich seien – kein Wunder also, dass Werbung diese Wirkung gezielt einsetzt.
So weit die Theorie. Ich weiß das alles und verstehe es. Aber trotzdem nervt es mich.
Wenn ich mit meinem Baby unterwegs bin, möchten es nämlich alle ANFASSEN. Und ich möchte am liebsten nicht nur mit Feuchttüchern um mich herumwedeln, sondern gleich mit Desinfektionsmittel sprühen.
Diese Übergriffe abzuwehren ist oft durchaus schwer und eine Gratwanderung zwischen Höflichkeit und Wutausbruch.
Denn jeden Tag kommen wildfremde Menschen auf mein Baby und mich zu – ob beim Einkaufen oder im Bus, beim Warten in der Toiletten-Schlange oder beim Wandern in den Bergen – und sie wollen nur eines: „Duzzi duzzi“-Sagen und streicheln.
Wenigstens nicht mich, dafür aber mein Kind.
Klar, es ist total niedlich mit seinen blauen Augen und seinen schwarzen Haaren und seinen langen Wimpern und den Grübchen im zahnlosen Gesicht, aber es ist immer noch MEINS!
Es hat – das könnte man zumindest meinen – dasselbe Recht auf eine Intimsphäre und persönlichen Freiraum wie alle anderen, und vor allem gilt auch für mein Baby: Mein Körper gehört mir! Und solange es das nicht selbst durchsetzen kann, bin ich dafür verantwortlich. Und wer weiß, wo diese Hände vorher waren!
Was tun?
Wenn die Heerscharen von Kindchenschema-Liebhaber(inne)n über uns herfallen, lächle ich deshalb höflich und erkläre, dass sie gerne gucken können und sprechen und flirten, aber bitte nicht anfassen. Auch nicht an den Händen, die nimmt mein Baby ja ständig in den Mund.
Manchmal funktioniert meine Ansage. Manchmal auch nicht.
Dann sage ich – je nach Tagesverfassung – einen der folgenden Sätze:
- Lassen Sie das bitte!
- Das ist hier nicht der Streichelzoo!
- Mein Baby ist lebendig und kein Stofftier!
- Entschuldigen Sie, aber Sie sind MIR gerade etwas zu nahe! (Wirkt nur, wenn man das Baby im Tuch am Körper trägt).
- Könnten Sie sich bitte die Hände desinfizieren, bevor Sie mein Baby anfassen?
- Könnten Sie sich bitte die Hände desinfizieren? Mein Baby hat eine über die Haut übertragene, ansteckende Krankheit.
- Würden Sie wollen, dass eine wildfremde Person Ihnen über die Wange streichelt?
Manchmal mache ich auch einfach etwas – ich streichele zurück.
Ausprobieren! Die Blicke des Gegenübers sind sensationell!