Wenn Eltern ihr Kind verlieren, sind der Schmerz und die Trauer unermesslich groß. Manchmal sind sie so groß, dass sie alleine nicht überwunden werden können.
Im Interview erzählt Trauerbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper, wo betroffene Eltern Unterstützung finden und wie eine Trauerbegleitung helfen kann.
Wo finden Eltern Hilfe, wenn sie ein Kind verlieren?
Überregionale Kontaktadressen sind der Bundesverband Verwaister Eltern Deutschland e.V. und Hope’s Angel. Auch der Verein Lavia unterstützt Familien in Extremsituationen.
Hilfe kann man auch in manchen Hebammenpraxen finden, durch Trauerbegleitung in Gruppen oder anderen Hilfsangeboten vor Ort.
Trauerbegleitung speziell für Familien mit Fehl- und Totgeburten, auch beim plötzlichen Kindstod, gibt es jedoch leider noch nicht in ausreichendem Maße.
In der Trauer ziehen sich viele Menschen lieber zurück. Warum kann es wichtig sein, sich Hilfe zu holen?
Nicht immer muss man Hilfe suchen, einige Menschen finden tatsächlich Trost in der Zurückgezogenheit. Dort können sie weinen, beten oder nur wenig reden.
Wenn man merkt, dass die Trauer zu schwer wird, immer mehr Lebensraum einnimmt und schönen Momenten keinen Platz mehr lässt, wenn man in der Partnerschaft unterschiedlich trauert und dadurch miteinander streitet oder nicht mehr spricht, dann kann Trauerbegleitung eine große Hilfe sein.
Sie kann auch nützlich sein, wenn zwar noch keine Störungen eingetreten sind, man aber in dieser Lebenskrise nicht gerne alleine den unbekannten Weg gehen will.
Was erwartet Eltern, die ein Kind verloren haben, bei der professionellen Trauerarbeit?
Je nach Angebot und Wunsch findet ein Einzel-, Paar- oder Familiengespräch statt. Vielleicht wird in der Trauerbegleitung auch eine Gruppe angeboten, in der junge Mütter oder Eltern miteinander ihre Erfahrungen austauschen und sich in der Trauer eine gute Stütze sind.
Gute Trauerbegleitung hat in der Regel immer eine erleichternde Wirkung, weil man den Druck der Trauer herauslassen darf und Wege sucht, gute Erinnerungen zu halten, im Hier und Jetzt gut anzukommen und hoffnungsvoll nach vorne zu schauen.
Trauerbegleitung zeigt auch auf: So, wie du jetzt bist, bist du normal. Du hast etwas verloren und deshalb bist du traurig. Bedenke: Wenn du etwas Wertvolles verloren hast und es ist dir egal – wäre das nicht seltsam?
Das Umfeld ist oft unsicher im Umgang mit Trauernden. Was brauchen Menschen, die trauern?
Trauernde benötigen vom Umfeld die Wertschätzung durch Mitgefühl.
Was absolut falsch klingt sind Kommentare wie „Du bist ja noch jung und kannst noch viele Babys bekommen“, „Ein Glück, dass ihr schon ein gesundes Kind habt“ oder „Wer weiß, vielleicht stimmte ja etwas nicht mit dem Kind…“.
Auch Fragen wie „Hast du Medikamente eingenommen oder geraucht?“ fördern nur ein Schuldgefühl.
Trauernde Eltern benötigen Menschen, die ihre Trauer aushalten, die sich immer wieder die Erzählungen und die Klage über den Verlust anhören, die Bilder anschauen, den Namen des Kindes aussprechen, die Kuchen backen und zum Beispiel ab und zu als Babysitter einspringen.
Menschen, die nicht beleidigt sind, wenn sie einmal nicht willkommen sind und die sich immer wieder melden, um zu fragen, wie es gerade läuft und ob man nicht mal zusammen raus gehen sollte.
Trauernde Menschen brauchen Mitgefühl, Hoffnungsbilder, Lippenstift, Schokolade, die Erlaubnis, zum Fußballplatz zu gehen… und eine Menge Taschentücher.
Schroeter-Rupieper empfiehlt trauernden Eltern die folgenden Bücher:
- „Trauernde Eltern. Wie ein Paar den Verlust des Kindes überlebt.“ Von Nathalie Himmelrich
- „Für immer anders – Das Hausbuch für Familien in Zeiten der Trauer und des Abschieds“ von Mechthild Schroeter-Rupieper
- „Gute Hoffnung, jähes Ende“ von Hannah Lothrop
- „Gestern war ich noch schwanger“ von Nicole Schaufler
- „Engelchens Besuch“ von Sabrina Loyal
Auch für die Angehörigen und Freunde ist die Lektüre des einen oder anderen Buches hilfreich, um sich besser in die Trauernden hineinzuversetzen und durch Mitgefühl eine gute Stütze sein zu können.
Mechthild Schroeter-Rupieper ist Autorin und Begründerin der Familientrauerarbeit in Deutschland und Mitbegründerin des Instituts in Österreich und der Schweiz. Sie zeigt in Vorträgen und Seminaren Hilfestellungen im Fall von (akuten) Trauer- und Trennungssituationen auf.
Mit Lavia e.V. gründete sie einen Verein zur Förderung von Familientrauerbegleitung, welcher Hilfs-Maßnahmen für Trauernde in Krisen- und Notsituationen unterstützt.
In ihrem Buch „Geschichten, die das Leben erzählt, weil der Tod sie geschrieben hat“ gibt sie Einblicke in ihren Arbeitsalltag und erzählt traurige, aber auch Mut machende Geschichten, die sie als Trauerbegleiterin erlebt hat.