Der Tod eines geliebten Menschen trifft uns immer hart. Der Verlust ist schmerzhaft und es ist schon schwierig genug, als Erwachsene mit der eigenen Trauer umzugehen.
Wenn jedoch auch Kinder mit dem Todesfall konfrontiert sind, sind wir oft überfordert: Versteht mein Kind überhaupt, was der Tod bedeutet? Darf ich ihm meine ungefilterte Trauer zeigen? Sollte ich es nicht besser vor den starken Gefühlen schützen?
Trauerbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper hat erklärt, wie Kinder den Tod begreifen und was ihnen hilft, wenn sie mit dem Verlustschmerz der Erwachsenen, aber auch mit der eigenen Trauer konfrontiert werden.
Kann ein Kleinkind den Tod überhaupt begreifen?
Kleinkinder können den Tod und seine Endgültigkeit noch nicht begreifen. Sie bekommen aber eine Ahnung vom „tot sein“. Und sie spüren die Gefühle der Eltern und benötigen eine Bestätigung für das, was passiert ist.
Tod bedeutet im Kleinkindalter „Jetzt weg sein.“ Mehr nicht.
Darf ich meinem Kleinkind zeigen, wenn ich trauere, oder soll ich meine Tränen möglichst zurückhalten?
Es ist gut, dem Kind seine Trauer zu zeigen, weil es etwas mit Ehrlichkeit zu tun hat. Trauer, Freude, Ekel und Wut sind angeborene Gefühle, die wir im Leben benötigen, um gute und schwere Momente zu meistern. Niemals würden wir überlegen, ob wir Freude zurückhalten, oder?
Und wenn ich meine Trauer mitteile, dann kann das Kind auch durch mich lernen, wie ich die Krise, die die Trauer ausgelöst hat, versuche zu bewältigen.
Übrigens: Kinder, die Trauer bei nahestehenden Menschen und sich selber erleben, können schon trösten. Kinder, denen man seine Gefühle nicht offen zeigt, werden weniger empathisch sein.
Und noch ein Gedanke: Eltern, die ihre Gefühle vor den Kindern verbergen, spielen ein Theaterstück vor. Wie fänden es die Eltern, wenn die Kinder dies umgekehrt täten, nur damit Mama oder Papa nicht traurig sind?
Wie erkläre ich meinem Kind, wenn ein geliebter Mensch bald sterben wird oder gerade gestorben ist? Wann ist der richtige Zeitpunkt, darüber zu sprechen?
Ein guter Zeitpunkt ist dann, wenn ich ausreichend Zeit zur Verfügung habe. Zeit zum Erklären, Zeit zum Fragen aushalten und Zeit zum Trösten.
Der „gute“ Zeitpunkt wird manchmal überschätzt: Man wartet darauf, dass man Schweres im Guten erklären kann.
Aber Schweres bleibt Schweres, egal wie lange man wartet.
Deshalb lieber früher als später die Situation erklären, damit das Kind nicht von den Gefühlen verunsichert wird, die am als Betroffene unbewusst ausstrahlt.
Wenn zum Beispiel das kleine Geschwisterkind ein Sternenkind ist, kann man es in etwa so erklären:
„Schatz, der Doktor hat gesagt, dass unser Baby ganz krank ist. Das Herz ist ganz schwach/ es hat in Mamas Bauch zu wenig zu essen bekommen, weil…
… und keine Medizin der Welt kann unser Baby wieder gesund machen. Es wird sterben/ es ist gestern gestorben.
Mama und Papa sind deswegen auch ganz arg traurig. Manchmal müssen wir deshalb auch weinen. Aber wir werden nicht den ganzen Tag weinen. Versprochen, ok?“
Man könnte auch erklägern, dass das Baby in einem einem Sarg oder einem Korb beerdigt wird, den man eventuell gemeinsam bemalt.
Oder dass das Geschwisterchen noch so klein war, dass man es gar nicht beerdigen kann. Dann pflanzt man vielleicht eine Blume, etwa Vergissmeinnicht, oder malt oder kauft ein Bild und setzt damit ein Denkmal.
Man kann das Kind auch fragen, ob man es gemeinsam einer Freundin oder Verwandten erzählen möchte, ob es dem toten Baby ein Bild malen oder etwas singen oder tanzen möchte.
Warum ist es so wichtig, sein Kind in die Situation mit einzubeziehen?
Mit dabei sein nimmt Ängste oder das Gefühl, ausgegrenzt zu sein.
Dadurch, dass das Kind noch nicht versteht, was der Tod bedeutet – sprich, dass zum Beispiel der kleine Bruder niemals geboren wird oder wiederkommt, hält sich auch die Trauer in Grenzen. Begreife ich (altersgemäß) nur ein bisschen, trauere ich auch nur ein bisschen.
Die Nähe zu den Eltern oder anderen Bezugspersonen, die in der traurigen und dadurch eventuell unsicheren Umgebung Sicherheit ausstrahlen, wird dem Kind helfen.
Und es ist wertvoll, immer zu bedenken: Da wir Menschen sterblich sind, sind wir tatsächlich mit der Fähigkeit auf die Welt gekommen, Trauer beim Tod zu bewältigen. Wer es nicht alleine schafft, holt sich am besten Hilfe.
Tatsächlich müssen wir viel mehr Angst um unsere Kinder haben, dass sie durch nicht enden wollende Scheidungskriege und Loyalitätsprobleme psychischen Schaden nehmen, als durch die Trauer in einem Todesfall.
Expertin Mechthild Schroeter-Rupieper empfiehlt die folgenden Bücher, um sich gemeinsam mit einem Kleinkind mit dem Tod und der Trauer auseinander zu setzen:
- Fisch schwimmt nicht mehr von Judith Koppend
- Was ist das, fragt der Frosch* von Max Velthuijs
- Lilly ist ein Sternenkind* von Heike Wolter und Regina Masaracchia
- Leni und die Trauerpfützen* von Hannah-Marie Heine und Katharina Vöhringer
- Sternenschwester* von Doris Meyer
- Vergebliches Warten – Familie Vogel und der Abschied für immer* von Verena Herleth
Mechthild Schroeter-Rupieper ist Autorin des Buchs „Geschichten, die das Leben erzählt, weil der Tod sie geschrieben hat„* und Begründerin der Familientrauerarbeit in Deutschland. In Vorträgen und Seminaren gibt sie Hilfestellungen im Fall von (akuten) Trauer- und Trennungssituationen auf.
Mit Lavia e.V. gründete sie einen Verein zur Förderung von Familientrauerbegleitung, welcher Hilfs-Maßnahmen für Trauernde in Krisen- und Notsituationen unterstützt. Lavia e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen zu unterstützen, die Trauer und Verlustschmerz aus eigener Kraft nicht überwinden können.
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