Viele Mädchen sind verrückt nach Babys. Sie quietschen verzückt, wenn sie winzige Socken oder Bodys sehen. Sie wissen schon mit zwölf, wie sie ihr Kind später nennen werden. Sie babysitten.
So war ich nicht. Nicht mit zwölf und ehrlich gesagt auch nicht mit Ende 20 – also zu einer Zeit, in der ich längst hätte Mama sein können.
Ich weiß nicht genau, woran es lag.
Vielleicht daran, dass ich mich selbst noch nicht „erwachsen“ gefühlt habe. Nicht zur Ruhe gekommen. Nach einem langen Studium hatte ich einen Job, der mir Spaß machte und mich forderte. Ich war am Wochenende immer aus und schlief danach bis in die Puppen. Und nach einer etwas anstrengenden Beziehung hatte ich meine große Liebe gefunden – wir genossen unser Leben zu zweit.
Oder daran, dass ich einfach keinen Kontakt zu Kindern hatte. Ich selbst bin eine kleine Schwester. In unserer Familie gab zu diesem Zeitpunkt nur ein Kind, dass ich aber selten sah. Und meine engsten Freundinnen hatten zu diesem Zeitpunkt auch noch keine Babys.
Wenn ich irgendwo Kinder sah, fand ich sie ganz drollig, aber mehr auch nicht. Ich hatte einfach kein großes Interesse. Und, die zweite Wahrheit ist: Ich wusste nicht, was ich mit ihnen anfangen sollte! Ich bewunderte insgeheim meine Mutter, die mit jedem Kind sofort in Kontakt kam, ihnen vorlas oder Scherze mit ihnen machte – ob nun im Wartezimmer eines Arztes oder beim Nebentisch im Restaurant. Mich dagegen schüchterten kleine Kinder regelrecht ein, ich kam mir doof, humorlos und ungeschickt vor.
Als ich das meiner Mutter mal gestand, lachte sie und meinte: „Laura, wenn du erstmal dein eigenes Kind hast, wird das kein Problem mehr sein! Das kommt doch automatisch.“
Natürlich war ich auch lange der Meinung, dass ich keine Kinder haben möchte. Irgendwann änderte sich meine Meinung immerhin zu: Doch, bestimmt, aber ich hab ja noch Zeit… Mit Ende 20 natürlich auch eine, nennen wir es mal Ansichtssache.
Als meine erste Freundin schwanger wurde, waren wir beide 32. Ich fand das spektakulär, aufregend – und auch ein bisschen unheimlich. Als ihre Tochter dann zur Welt kam, fand ich sie wirklich supersüß. Ich hielt sie gerne und betrachtete verzückt ihr schönes Gesicht. Aber als sie dann etwas größer wurde, fühlt ich mich schon wieder hilflos. Was sollte ich denn nur mit ihr spielen? Wie mit ihr reden?
Ich kann nicht genau sagen, wie es kam. Aber irgendwann, irgendwann schlich sich dann doch dieses Gefühl in mein Herz und dann auch in meinen Kopf: Wäre es nicht doch schön, ein Kind zu haben?
Vielleicht stimmt diese olle Weisheit, das schwanger sein ansteckend ist. Um mich herum bemerkte ich immer mehr Schwangere, Babys und Kleinkinder – und ich fand sie alle toll. Und in mir wuchs langsam, aber stetig der Wunsch, auch ein Baby zu haben. Die Angst, dass ich mit meinem Kind genau so unsicher sein könnte wie mit allen anderen, schob ich zur Seite.
Und tatsächlich wurde ich schwanger. Ich war 35 und hatte gerade den Vertrag für einen neuen Job unterschrieben. Was für ein Timing!
Trotzdem bin ich mir bis heute sicher, dass das für meinen Freund und mich genau der richtige Zeitpunkt war. Wir waren aufgeregt und überglücklich. Wir waren zu zweit sehr glücklich, spürten aber auch, dass es zu dritt nur noch besser werden würde.
Die letzten zehn Wochen der Schwangerschaft musste ich liegen, erst im Krankenhaus, dann auf dem heimischen Sofa. Ich hatte Angst, Langeweile – und viel zu viel Zeit zum Nachdenken. Das erste Mal seit langem spürte ich wieder Zweifel an mir nagen. Himmel, ich hatte noch nie ein Kind gewickelt! Wie sollte ich es dann schaffen, eines zu erziehen? Würde ich es schaffen, das Kind 24 Stunden am Tag zu unterhalten? Ich hatte doch keine Ahnung! Welche Probleme kamen da nur auf mich zu?
Meine Tochter kam zur Welt. Und ich hatte Probleme: Sie lag noch einige Wochen im Krankenhaus. Sie quälte sich mit Blähungen. Sie mochte nicht trinken. Und alle Probleme, die Mamas mit ihren Neugeborenen so haben.
Nur eine Sorge, die hatte ich tatsächlich nie: Wie ich mit meiner Tochter umgehen soll und was ich den ganzen Tag mit ihr machen sollte.
Sie zu halten, zu trösten, mit ihr zu sprechen: All das fühlte sich auf einmal natürlich an und kam ganz von selbst. Es gibt ihn also wirklich, den viel beschworenen Mutterinstinkt.
Und so ist es bis heute, meine Tochter wird dieses Frühjahr drei Jahre alt. Ich behaupte, wir sind uns unheimlich nah und in den meisten Fällen ahne ich sofort, was sie gerade bewegt und was sie braucht. Es schlaucht, aber ich kann sie ganze Wochenenden beschäftigen, ohne dass es uns auch nur eine Sekunde langweilig wird. Meine Mutter hatte mal wieder recht: Mit einem eigenen Kind kam das alles von ganz alleine.
Ich bin eine sehr glückliche Mama, voller Liebe, und bin heilfroh, dass wir das große Abenteuer Kind nicht verpasst haben.
Und andere Kinder? Die mag ich jetzt natürlich auch viel mehr und kann besser mit ihnen umgehen. Aber ganz ehrlich: Der perfekte Babysitter für andere Kinder wäre ich immer noch nicht. Mir fehlt irgendwie tatsächlich dieses Talent, ganz natürlich und frei mit ihnen umzugehen.
Aber das ist doch auch okay so.