„Nein! Alleine!“ Das ist vermutlich einer der häufigsten Ausrufe bei zwei- und dreijährigen Kindern. Es ist aber auch so ein spannendes Alter, wenn sie die Welt entdecken, ihre Grenzen testen und die ersten Schritte in Richtung Selbstständigkeit machen.
Allerdings erfordert es von uns Eltern auch einige Geduld, vor allem, wenn es morgens schnell gehen soll, die Schuhe aber unbedingt „alleine!“ angezogen werden sollen. Noch mehr Nerven brauchen Mama und Papa, wenn dann etwas nicht klappt und die Enttäuschung über das eigene Scheitern das Kind in einen Zwergenaufstand treibt.
Doch es gibt gute Nachrichten! Diese negativen Gefühle des Scheiterns sind nämlich überaus wichtig. Eine Forschergruppe aus den USA hat untersucht, welche Auswirkungen sie auf uns Menschen haben und schlussfolgerte: Sie treiben uns an!
Das Autoren-Trio Selin Malkoc, Noelle Nelson und Baba Shiv machte dazu einige Verhaltenstest mit insgesamt 100 College Studenten, dessen Ergebnisse sie im Wissenschaftsmagazin „Journal of Behavioral Decision Making“ veröffentlichten.
Sie stellten unter anderem fest, dass (erwachsene) Menschen, die an etwas scheitern, meist automatisch nach Ausreden, Erklärungen oder Entschuldigungen suchen. Sie rechtfertigen sich und weisen die Schuld am Scheitern von sich.
Dadurch entgeht ihnen eine wichtige Sache: Sie reflektieren nicht, wie sie es beim nächsten Mal besser machen können.
Wenn Menschen sich jedoch nach einem Misslingen bewusst auf ihre negativen Gefühle wie Enttäuschung, Wut und Selbstmitleid konzentrieren, entsteht laut der Studie ein Lerneffekt. Dieser treibt sie automatisch zu größerer Anstrengung an, wenn sie später einer ähnlichen Aufgabe begegnen.
Für den Verhaltenstest der Studie sollten die 100 College Studenten einen ganz bestimmten, preisgünstigen Handmixer im Internet suchen. Was die Teilnehmer nicht wussten: Die Wissenschaftler beeinflussten die Suchergebnisse so, dass der Mixer nicht zu finden war und die Teilnehmer zwangsläufig scheitern mussten.
Die eine Hälfte der Studenten wurde daraufhin aufgefordert, sich auf ihre Gefühle zu konzentrieren, die die Enttäuschung der erfolglosen Suche in ihnen auslöste. Die andere Hälfte sollte beobachten, wie ihre rationale Seite auf das Scheitern reagierte.
Die erste Gruppe gab an, Selbstmitleid zu empfinden. Die zweite Gruppe dagegen rechtfertigte das eigene Scheitern und wies dabei die Schuld von sich.
Als nächstes sollten die Teilnehmer ein bestimmtes, preisgünstiges Buch im Internet ausfindig machen. Nun zeigte sich ein großer Unterschied zwischen den Studenten beider Gruppen: Diejenigen, die in Selbstmitleid geschwelgt hatten, strengten sich dabei deutlich mehr an, als jene, die die Gelegenheit hatten, ihr Scheitern zu rechtfertigen.
„Wenn deine Gedanken sich nur darum drehen, wie du dich von deinem Scheitern distanzieren kannst, wirst du nicht aus deinem Fehler lernen“, schlussfolgerte Co-Autorin Selin Malkoc, Professorin für Marketing am Fisher College of Business der Ohio State University in einem Statement.
„Wenn Teilnehmer sich darauf konzentrierten, wie schlecht sie sich nach dem ersten Scheitern fühlten, gaben sie sich bei einer vergleichbaren Gelegenheit deutlich mehr Mühe als andere“, fügte Malkos hinzu.
Sätze wie „Ich kann nichts dafür!“, „Das ist die Schuld von…“ oder „Selbst wenn ich gewollt hätte, wäre es unmöglich gewesen!“ ersparen einem für den Moment vielleicht das Gefühl der Enttäuschung. Doch um aus einem Fehler klug zu werden, ist es laut der Studie besser, die negativen Gefühle, die mit dem Scheitern kommen, einfach zuzulassen und auszuhalten.
Malkoc erklärt es so: „Die emotionale Reaktion auf ein Scheitern kann wehtun. Sie gibt einem ein schlechtes Gefühl. Deswegen wählen die Menschen meist Gedanken zum Selbstschutz, wenn sie einen Fehler gemacht haben.
Wenn du dich aber darauf konzentrierst, wie du dich fühlst, wirst du dich viel mehr anstrengen, eine Lösung zu finden und sicher zu stellen, dass du den gleichen Fehler nicht noch einmal machst.“
Das sollte nicht nur eine Lektion im Umgang mit unseren kleinen Entdeckern sein, wenn es mit dem „Alleine!“ doch nicht so klappt. Auch uns Erwachsenen kann es nicht schaden, denn schließlich lernt man ja nie aus.