Schwanger mit Zwillingen – manchmal ist diese Überraschung schon ein kleiner Schock für werdende Mamas. Aber wie fühlt es sich an, wenn man sich an den Gedanken gewöhnt hat, sich auf zwei Babys freut – und eines dann noch während der Schwangerschaft stirbt?
Unsere Echte Mama Anna aus dem Rheinland hat diese schlimme Situation erlebt. Und erzählt uns hier, wie sie diesen frühen Verlust verkraftet:
„Tatsächlich hatte ich ein wenig daran zu knabbern, dass ich Zwillinge bekommen würde. Richtig gut vorbereitet darauf fühlte ich mich nicht. Ob ich der Situation gewachsen sein würde? Und dann noch zwei Jungs, obwohl ich doch immer eine Tochter haben wollte…
Aber gegen das, was mich dann an einem sonnigen Samstagnachmittag erwartete, waren diese Sorgen wahrlich ,Peanuts`…
Eher durch Zufall, einem kleinen unsicheren Gefühl, habe ich mich mit meinem Mann auf den Weg ins Krankenhaus in die Notfallaufnahme gemacht. Der Frauenarzt scherzte herzlich mit meinem Mann herum und wollte dann noch schnell die Herztöne der Babys kontrollieren. Als reine Routine.
Alles was dann passierte, zog an mir vorbei wie in einem Spielfilm. Der Arzt konnte die Herztöne eines Babys nicht finden und schickte uns mit hoffnungsvollen Worten in den Kreißsaal, wo ich genauer untersucht werden sollte. Er gab mir sogar noch seine Handynummer, damit ich ihn über den Ausgang informieren konnte.
Auch im Kreißsaal trafen wir auf eine extrem einfühlsame Ärztin, die sich sehr viel Zeit nahm und schließlich selbst ganz schockiert das Schlimmste bestätigte:
Eines der Babys lebte nicht mehr.
Ich kann gar nicht beschreiben, wie ich mich gefühlt habe – es waren einfach zu viele Emotionen, Sorgen und Ängste auf einmal. Zunächst bin ich fest davon ausgegangen, dass ich sofort operiert werden muss. Doch die Ärztin sagte mir, dass meine Schwangerschaft „normal“ weitergeführt werden wird.
Mein ,Glück im Unglück´ war nämlich, dass die Zwillinge in zwei getrennten Fruchtblasen liegen. Trotzdem: Die Überlebenschancen für das zweite Baby lagen zunächst bei nur 50%.
Ich wurde darüber aufgeklärt, dass wir die Ursache des Todes vermutlich nie herausfinden würden und dass tatsächlich sehr viele Zwillingsmütter von einem solch tragischen Ereignis psychisch eingeholt werden. Früher – oder auch deutlich später. Und das ist und bleibt meine Herausforderung.
Zu dem Zeitpunkt war das überlebende Baby noch nicht reif genug, um außerhalb meines Bauches überleben zu können, das verstorbene Baby war hingegen bereits so groß, dass es eine Bedrohung für meinen Körper darstellte.
Da bei mir aber keine besorgniserregenden Parameter festgestellt werden konnten, wurde ich entlassen und ging mit meinem Mann wie in Trance nach Hause.
Eines der ersten Dinge, die ich dann gemacht habe, war diesen Spezialfall – Tod eines Embryos bei Zwillingen – zu googeln. Eigentlich etwas, was ich mir selber verbiete. Aber ich war überhaupt nicht aufgeklärt und vorbereitet auf das, was jetzt kommen mochte. Und ich sage euch ganz ehrlich: Das, was ich dann gelesen habe, hat mir so unglaublich geholfen, dass es auch als Motivation gedient hat, meine Geschichte mit euch zu teilen.
Denn so intim und privat dieses Thema auch ist, so sehr es weh tut und so schuldig man sich fühlt, so verdammt häufig passiert es im Alltag von Frauen und ihren Familien. Und genau deshalb möchte auch ich über mein Erlebnis berichten.
Zum ersten Mal habe ich wirklich gespürt was es heißt, wenn man sagt: „Hauptsache, das Baby ist gesund.“ Zum ersten Mal ist mir bewusst geworden, dass eine intakte Schwangerschaft nicht selbstverständlich ist. Und egal, wohin ich auch schaute, überall las ich von Müttern, die auf irgendeine Art und Weise ein Kind verloren haben.
Am nächsten Tag hatte ich einen Termin bei einer Spezialistin in der Uniklinik. Auch hier wurde ich wieder sehr gut behandelt und mir wurde erneut gesagt, dass es leider sehr häufig passiert, dass eines der Babys von Zwillingen stirbt und dass die kommenden Wochen die entscheidenden sein werden. Keine körperliche Anstrengung, kein Stress, kein Sport, kein Sex.
Wie eine Erlösung kam die Nachricht beim Organultraschall, dass mit dem anderen Baby alles in Ordnung ist. Und die große Überraschung: Es ist ein Mädchen!
So sehr ich mir dies anfangs gewünscht hatte, so irrelevant war die Tatsache zu diesem Zeitpunkt dann tatsächlich. Mein Mann dagegen, der sich sehr auf einen Sohn (oder vielmehr zwei Söhne…) gefreut hat, hatte an dieser Nachricht ein wenig zu knabbern. Aber natürlich wussten wir zu dem Zeitpunkt: Hauptsache gesund.
Familie, Freunde, Kollegen und sogar ich selbst – alle waren überrascht, fast schon schockiert, wie gefasst ich mit der Situation in den kommenden Tagen und Wochen umging. Eine Ärztin hat mir das Ganze dann ziemlich plausibel erklärt: Da meine Schwangerschaft ja weiterläuft, produziert mein Körper weiterhin viele Hormone, die eine Frau vor einem etwaigen Zusammenbruch schützen.
Umso wichtiger ist für mich meine psychotherapeutische Betreuung, für dich ich sehr dankbar bin.
Während ich diese Zeilen schreibe, befinde ich mich im letzten Trimester und dem achten Monat meiner der Schwangerschaft.
Seit diesem einen Samstagnachmittag in der Notaufnahme habe ich die ersten Wochen danach in Angst und Bange hinter mich gebracht, war jede Woche zur
Kontrolle in der Praxis. Bei der letzten Untersuchung wurde mir dann endlich gesagt, dass die Ärzte sehr gute Chancen für eine gesunde Geburt des Kindes sehen.
Das verstorbene Kind wird bis zur Geburt ebenfalls im Bauch verbleiben und durch den Druck des wachsenden Kindes immer kleiner, vielleicht sogar nicht mehr erkennbar, werden.
Von einem Genuss der restlichen Schwangerschaft, einem Loslassen oder gar euphorischer Vorfreude bin ich weit entfernt und werde so etwas vermutlich auch nie erleben. Aber ich habe auch viel gelernt: Die Natur ist stärker als der Mensch und man muss die Dinge so nehmen, wie sie kommen. Und wenn ich die immer stärker werdenden Tritte fühle, dann muss ich lächeln! Eine kleine Kämpferin bahnt sich ihren Weg…“
Wer wissen möchte, wie es bei Anna weitergeht, sollte regelmäßig auf ihren Instagram-Account schauen.