„Ich erziehe kitafrei und werde dafür angefeindet“

„Als mein Mann und ich bei unserem Großen entschieden haben, dass wir ihn nicht in eine Kita geben wollen, war mir klar, dass das Diskussionen mit meinen Eltern und Schwiegereltern geben wird. Wir kommen aus Ostdeutschland und für ihre Generation war eine Fremdbetreuung ab spätestens einem Jahr so sicher wie das Amen in der Kirche. Mittlerweile haben sie unser Modell akzeptiert, weil sie sehen, dass es für uns funktioniert und unsere Jungs (heute 3 und 5) nicht ‚zurückgeblieben‘ sind, wie anfangs befürchtet.

Was mich aber wirklich immer wieder fassungslos macht, ist wie sehr mich andere, gleichaltrige Eltern dafür verurteilen, dass unsere Jungs nicht in die Kita gehen.

‚Haha du Helikoptermama, kannst du deine Kinder nicht abgeben?‘, ‚Spätestens in der Schule werden deine Kinder total verhaltensauffällig‘, ‚Ihr seid ja solche Hippie-Eltern, musiziert ihr dann Zuhause auch immer wie die Kelly Family?‘, ‚Du hast es ja gut, dass dein Mann so viel verdient, dass ihr euch das ‚leisten‘ könnt’…

Das sind nur einige der blöden Sprüche, die ich mir ständig anhören muss. Einmal wurde ich sogar gefragt, ob das Jugendamt dann schon einmal bei uns war. Wie bitte? Als ob eine akute Kindeswohlgefährdung vorliegt, nur weil ich als Mama meine Kinder zuhause betreue. Am meisten verletzt mich der Vorwurf, dass ich mich dank meines ‚reichen‘ Mannes zurücklehnen kann. (An sich schon witzig, wie lehnt man sich bitte mit zwei wilden Jungs zuhause jemals zurück?) Ja, wir kommen mit seinem Gehalt, Elterngeld & Co über die Runden.

Was die Leute aber nicht sehen, ist dass wir bevor wir die Kinder bekamen gezielt Geld beiseite gelegt haben, um uns das zu ‚leisten‘.

Und ich auf vieles, wie z.B. auf teure Friseurtermine und neue Klamotten verzichte. Das ist es für mich allemal wert, aber es ist eben Prioritäten setzen. Mal davon abgesehen, dass eine Kinderbetreuung auch nicht gerade günstig ist. Wenn ich höre, wie es in vielen Kitas zugeht, bin ich einfach nur heilfroh, dass wir und unsere Kinder das nicht mitmachen müssen. Unsere Jungs sind viel seltener krank als die Kinder meiner Freundinnen und wir haben auch zuhause feste Tagesabläufe, Strukturen und Regeln. Die Großeltern können einspringen, wenn ich z.B. mal einen Arzttermin habe. Wir verabreden uns regelmäßig mit Freunden, die Kinder im selben Alter haben und gehen ja auch auf Spielplätze, Sportfeste, etc.

Dass unsere Kinder sozial auf der Strecke bleiben oder sogar isoliert sind, ist für mich also wirklich das schwächste Argument.

Dieses Jahr kommt der Große in die Schule und ich mache mir überhaupt keine Sorgen deshalb. Wir reden jetzt schon viel darüber, er weiß genau, was ihn dort erwartet und er hat schon seit einem Jahr überhaupt keine Probleme mehr mit einer Trennung von mir. Natürlich wünsche auch ich mir manchmal eine Pause und es wäre schön, die Kinder auch mal „abzugeben“ und wieder meinem Beruf nachzugehen. Aber die Jahre sind so kurz und ich bereue unsere Entscheidung nie. Was ich mich aber oft frage:

Müssen sich Eltern, die ihre Kinder in die Kita schicken, auch ständig dafür rechtfertigen? 

Wir wollen doch alle nur das Beste für unsere Kinder und ich würde mir sehr wünschen, dass jeder selbst entscheiden kann, was das Beste ist!“


Liebe Mama (Name ist der Redaktion bekannt), vielen Dank, dass du uns deine Geschichte anvertraut hast. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

Echte Geschichten protokollieren die geschilderten persönlichen Erfahrungen von Eltern aus unserer Community.

Jana Krest

Obwohl ich ein absolutes Landkind aus der Eifel bin, lebe ich schon seit einigen Jahren glücklich in Hamburg. Hier habe ich nach meinem Bachelor in Medien- und Kommunikationswissenschaften und Soziologie auch noch meinen Master in Journalistik und Kommunikationswissenschaften gemacht. Während meines Studiums kümmerte ich mich frühmorgens, wenn die meisten noch schliefen, bei der Deutschen Presse-Agentur darum, dass die nächtlichen Ereignisse aus ganz Norddeutschland in die Nachrichten kamen. Und ich hatte jahrelang noch den für mich besten Nebenjob der Welt: Die süßen Kinder von anderen betreuen. Nachdem ich Echte Mamas zunächst als Praktikantin kennenlernen durfte, schreibe ich nun als Redakteurin über alles, was Mamas beschäftigt: Von praktischen Ratgeber-Texten über aktuelle Trends bis hin zu wichtigen Recht- und Finanzthemen.

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