Als ich mit meiner knapp zweijährigen Tochter das erste Mal zum Zahnarzt ging, war ich so aufgeregt wie vor einem Vorstellungsgespräch.
Ich machte mir Sorgen: Würde sie auf dem Behandlungsstuhl völlig ausflippen und die Praxis zusammenbrüllen? Schließlich hasste sie es, wenn sie still sitzen musste oder man an ihr rumfummelte. In einem anderen Schreckensszenario blickte mich der Zahnarzt voller Verachtung an und teilte mir mit Grabesstimme mit, dass er Karies gefunden habe. Sehr viel Karies. Denn ob wir es bei all dem Gezappel immer schafften, beim Putzen jeden Zahn von jeder Seite zu erwischen, da war ich mir nicht sicher. Oder sagen wir es so: Ich war mir sicher, dass das nicht der Fall war.
Meine Tochter hopste auf dem Weg fröhlich vor sich hin. Sie wusste gar nicht so genau, wohin wir gingen. Vorbereitet hatte ich meine Tochter nämlich – gar nicht. Und das ganz bewusst. Ich hatte mich vorher beim Kinderzahnarzt erkundigt und folgende Tipps beherzigt. Ob sie meiner Tochter und mir auch helfen würden?
• Mache nicht viel Aufhebens um diesen Termin. Spreche vor deinem Kind über ihn als ganz alltägliches Vorhaben und vermittle ihm so, dass es keinen Grund zur Aufregung gibt. Aber sorge dafür, dass ihr beide entspannt seid, und quetsche den Besuch nicht zwischen andere Termine.
• Erzähle deinem Kind erst kurz vor dem Arzttermin, dass ihr dort hingeht. So hat es kaum Chancen, anderen von dem bevorstehenden Abenteuer zu erzählen – und erntet keine mitleidigen Blicke oder hört Horrorgeschichten von anderen.
• Wenn du selbst große Angst vor dem Zahnarzt hast, lass sie dein Kind möglichst nicht spüren. Das Ziel sollte sein, dass dein Kind seinen ersten Besuch beim Zahnarzt völlig unvoreingenommen erlebt und so die Chance hat, von Anfang an ein positives Gefühl ihm gegenüber aufzubauen.
• Verspreche deinem Kind keine Belohnung. Wenn es „gut mitmachen“ muss, um etwas lang Gewünschtes zu bekommen, wird es zusätzlich unter Druck gesetzt.
• Sätze wie „Das wird sicher nicht schlimm!“ oder „Hab keine Angst!“ sind eher kontraproduktiv, weil sie dein Kind misstrauisch werden lassen. Oder würdest du auf die Idee kommen, diese Aussagen vor einem völlig harmlosen Termin zu treffen?
• Im Sprechzimmer angekommen, solltest du dem Zahnarzt-Team die Regie überlassen. Es ist erfahren im Umgang mit Kindern und wird deinen Schatz prima behandeln. Natürlich darfst du mit ins Behandlungszimmer. Wenn dein Kind während der Behandlung nach dir ruft, kannst du ihm ruhig die Hand auf die Schulter oder das Bein legen. So spürt es, dass du bist.
• Im Anschluss ist es ebenfalls clever, kein großes Tamtam à la: „Na, war doch gar nicht so schlimm, oder?“ zu machen. Beim Kind kommt an: „Aha! Es hätte also schlimm werden können? Ui, hoffentlich passiert beim nächsten Termin nichts.“ Jaaaa, du bist erleichtert. Und stolz. Aber erzähle das in diesem Fall lieber deinem Mann.
Also, hat es funktioniert oder hat meine Kleine die Praxis zusammengebrüllt? Zum Glück waren alle meine Bedenken umsonst.
Auf die Empfehlungen einiger Krippenmamas hin hatte ich meine Tochter in einer speziellen Kinderpraxis angemeldet. Das ist sicher kein Muss, aber für uns hat es gut funktioniert. Schon das Wartezimmer mit seinem großen Bällebad war so nett, dass manche Kinder nach ihrem Besuch im Sprechzimmer noch einmal hinwollten.
Im Behandlungszimmer angekommen, wurde meine Tochter dann natürlich doch etwas misstrauisch. Aber mit ein paar Fragen und Komplimenten über ihr T-Shirt (Mädchen! Das klappt immer, oder?) nahmen die Mitarbeiterinnen ihr schnell die Angst. Statt Behandlungsstuhl stand hier eine bequeme Liege, darüber hing ein kleiner Monitor, auf dem sie sich einen Zeichentrickfilm aussuchen konnte.
Auch als schließlich die Zahnärztin kam, machte meine Tochter die Untersuchung erstaunlich gut mit. Die war auch weniger aufwändig als gedacht. Der erste Besuch beim Zahnarzt dient meist nur dem Kennenlernen, wirklich behandelt wird nicht.
Das einzige, was die Ärztin an diesem Tag gemacht hat: Die Zähnchen meiner Tochter spielerisch gezählt, sie sich kurz angeschaut und für gesund befunden, ha! Nebenbei hat sie mir ein paar schnelle Fragen gestellt und meine beantwortet. Zum Ende bekam meine Tochter als Belohnung eine kleine Münze, mit der sie sich aus einer Art Kaugummiautomat eine kleine Überraschung ziehen konnte. Spätestens jetzt fand sie die Praxis so richtig gut.
Es ist seitdem ein knappes halbes Jahr vergangen und der nächste Zahnarzttermin naht. Dem sehe ich tatsächlich ganz gelassen entgegen.