Kinderbetreuung im Urlaub: „Bei sehr kleinen Kindern sehe ich das kritisch.”

Viele Eltern unterschätzen immer noch, dass Kinder in der Kita zwar im besten Fall einen schönen Tag verbringen, dass ihr Aufenthalt dort aber keine Erholung für sie ist. Eine Kitaleitung kritisierte deswegen schon im vergangenen Jahr, dass manche Eltern ihren Kindern zu wenig Betreuungsauszeiten ermöglich würden.

Auch in den Ferien heißt es dann für viele Kinder, dass sie statt Freizeit einen vollen Terminkalender haben. Der Alternativen Wohlfahrtsverband Soal aus Hamburg richtet deswegen einen Urlaubs-Appell an alle Eltern: Jene 20 Tage Urlaub, auf die jeder Arbeitnehmer mindestens Anspruch habe, stünden auch den Kindern zu.

Aber was ist, wenn Eltern ihre Kinder zwar für den Urlaub aus der Kita nehmen, aber sie auch dort fremdbetreut werden?

Seit Jahren gibt es den Trend, dass Eltern ihren Urlaub als Paarzeit nutzen möchten – ohne Kinder. Adults-only-Hotels boomen, gebucht werden sie auch von vielen Müttern und Vätern. Doch auch andere Anbieter erkennen das Bedürfnis der Eltern und bieten eine umfangreiche Kinderbetreuung an, auch schon für sehr kleine Kinder.

Wir haben mit unserer Expertin Sonja Sidoroff darüber gesprochen, die Sozialpädagogin und Mama-Coach ist. Sie spricht aus eigener Erfahrung, wenn sie die Urlaubsbetreuung für Kinder für uns einordnet:

„Ich kann mich noch gut an die eigenen Familienurlaube erinnern. Für uns ging es in der Regel nach Spanien. Als Einzelkind konnte es da tatsächlich ein wenig langweilig werden, wenn man niemanden zum Spielen hatte. Da hat sich der Kids Club immer angeboten. Erstens gab es dort tolle Spiel- und Bastelangebote und zweitens habe ich dort immer andere Kinder kennengelernt.”

Unsere Expertin ist selbst zweifache Mama und kennt nun auch die andere Perspektive:

„Vor zwei Jahren war unsere ältere Tochter das erste Mal in dem Alter, in dem sie in einen Kinderclub hätte gehen können. Im Vorfeld malten wir uns schon aus, wie ‚entspannt‘ es sein würde, wenn wir zumindest eines unserer beiden Kinder stundenweise dort abgeben könnten. Diese Rechnung haben wir leider ohne unsere Tochter gemacht. Die hatte nämlich absolut keine Lust darauf. Alle Überzeugungsversuche sind gescheitert, so dass wir im Endeffekt die Kinderbetreuung kein einziges Mal nutzen konnten.

Was ich damit sagen möchte: Als Eltern sollten wir nicht davon ausgehen, dass die Kinder vor Ort in die Betreuung gegeben werden, nur weil diese angeboten wird. Das Kind hat ja auch noch Mitspracherecht, und ich würde das Kind auch auf keinen Fall zwingen hinzugehen, wenn es das nicht möchte. Schließlich ist es auch der Urlaub meines Kindes, und es soll eine gute Zeit haben.”

Wie ist das mit sehr kleinen Kindern und Babys?

Die können sich schließlich selbst noch nicht äußern, ob sie in eine Betreuung möchten. „Das sehe ich tatsächlich etwas kritisch. Für ein Baby oder Kleinkind ist die neue Umgebung im Urlaub ja eh schon etwas stressig. Der einzige sichere Hafen sind die Eltern. Solange die da sind, ist ja auch in der Regel alles gut. Schwierig ist es, wenn diese dann auch noch weg sind.

Das Kind versteht den Kontext ja nicht. Das in Summe ist schon ein großer Stressfaktor für das Kind. Gleichzeitig kann ich natürlich verstehen, wenn die Eltern mal 1-2 Stunden alleine etwas unternehmen möchten oder den Abend zu zweit verbringen möchten. Ich denke, dass die Eltern das wirklich selbst abwägen müssen, ob sie ihr Baby oder Kleinkind im Urlaub fremd betreuen lassen.

Sollte es jedoch auf eine tägliche stundenlange Betreuung hinauslaufen und nicht nur mal auf einen Abend, würde ich mir Gedanken machen, ob so ein Urlaub für alle Beteiligten überhaupt Sinn macht. Eventuell wäre hier ja eine Möglichkeit, gemeinsam mit einer anderen Familie zu verreisen (damit man sich die Betreuung der Kinder aufteilen kann) oder die Großeltern mitzunehmen.”

Für unsere Expertin und ihre Familie war Letzteres übrigens die perfekte Lösung – zu ihrer eigenen Überraschung:

„Zuerst war ich etwas skeptisch, da ich eigentlich nicht so viel Lust hatte, meine Eltern ständig im Urlaub um mich herum zu haben. Letztendlich war es aber viel entspannter als erwartet.

Jeden Tag haben meine Eltern unsere Kinder für eine Stunde am Tag beaufsichtigt, so dass mein Mann und ich dann etwas für uns tun konnten. Ansonsten waren wir oft gemeinsam am Pool oder am Strand und haben uns die Aufsicht geteilt. Die Kinder fanden es mega schön, dass Oma und Opa auch da waren. Für dieses Jahr haben wir wieder einen gemeinsamen Urlaub gebucht.”

Vielen Dank an unsere Expertin Sonja Sidoroff für ihre Einschätzung!

Sonja Sidoroff.

Expertin Sonja Sidoroff

Sonja Sidoroff ist Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin (M.A.) und zertifizierte Inneres Kind Mentorin. Sie hat viele Jahre in einer Familienberatungsstelle gearbeitet und ist seit 2022 selbständig als Mama Coach. Außerdem ist die gebürtige Saarländerin selbst zweifache Mädchen-Mama. Ihr findet Sonja über ihre Webseite (sonja-sidoroff.de) oder ihr Instagram-Profil als der_mama_coach.

Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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Jennifer
Jennifer
6 Monate zuvor

Wir haben oft das andere Problem, unsere Kinder finden die Kinderbetreuung meistens super. Wir buchen daher nicht immer Urlaub mit Kinderbetreuung oder legen Zeiten fest, in denen sie die Kinderbetreuung nutzen können und Zeiten als Familie.

Ich1
Ich1
6 Monate zuvor

Vor ein paar Jahren malte ich mir den Urlaub mit unserem damals fünfjährigen auch toll aus. Nach dem Mittag in den Kids Club und Mama und Papa dösen auf der Sonnenliege. Hah, denkste. Unsere Zwillinge, zweieinhalb, würde ich eh sie sich nicht klar ausdrücken können sowieso nicht fremd betreuen lassen. Erstrecht nicht im Ausland. Wäre mir die Gefahr für se*uellen Mißbrauch usw zu hoch