Hast du auch schon von „Montessori“ gehört und dich gefragt, was das eigentlich genau ist?
Erfunden wurde die sogenannte „Montessori Methode“ von der Italienerin Maria Montessori. Sie war nicht nur die erste studierte Ärztin Italiens, sondern widmete sich später auch dem Studium der Pädagogik und leitete in Rom mehrere Jahre lang ein medizinisch-pädagogisches Institut zur Ausbildung von Lehrern für Behinderte.
1907 eröffnete sie in Rom das erste ihrer „Kinderhäuser“, in welchem sie ihren eigenen pädagogischen Ansatz erstmals gezielt anwendete. Dort widmete sie sich verwahrlosten, in einem Slum aufgewachsenen Vorschulkindern.
Der Erfolg ihrer Methode, der sich in der Entwicklung der Kinder zu selbständigen, höflichen und geschickten jungen Menschen zeigte, zog große Aufmerksamkeit auf die Pädagogin.
Ihre Idee verbreitete sie persönlich über Jahrzehnte – bis kurz vor ihrem Tod im Jahr 1952 – auf unzähligen Vortragsreisen, Kongressen und in ihren Ausbildungsstätten in ganz Europa, den USA sowie in einigen südamerikanischen und asiatischen Ländern.
Die Montessori Pädagogik orientiert sich unmittelbar an der individuellen Persönlichkeit des Kindes. Sie will Kinder unterstützen, selbst zu entscheiden, selbständig zu denken und aus eigener, innerer Motivation zu handeln. Die Bedürfnisse und Interessen des Kindes werden dabei konsequent berücksichtigt.
Menschen, die nach Montessori erziehen, sehen sich daher als Helfer, die das Kind beim Erlernen einer Sache lediglich unterstützen, sobald das Kind aus sich selbst heraus dafür sensibel ist und ein entsprechendes Interesse daran zeigt.
Dieser Erziehungsansatz erfordert in der Praxis entsprechend viel Geduld und Flexibilität. Das scheint im Alltagsstress nicht immer umsetzbar.
Doch der Montessori Gedanke lässt sich auch in kleinen Portionen in den Familienalltag einbringen. Und zwar mit den folgenden 7 Schlüsselsätzen der amerikanischen Montessori Erzieherin Christina Clemer, die ursprünglich auf Mother.ly erschienen sind.
Das Ziel: Kindern das Gefühl der Selbstwirksamkeit zu geben – wenn ich etwas tue, kann ich auch etwas bewirken. Daraus erwächst Selbstbewusstsein.
1. „Ich habe gesehen, wie fleißig du gearbeitet hast.“
Lege deinen Blick stärker auf die Tätigkeit deines Kindes statt auf das Endergebnis. Lobe dein Kind dafür, wenn es etwas fleißig übt, sich lange konzentriert, besonders sorgfältig arbeitet oder auch im Umgang mit Mitmenschen sehr umsichtig ist.
Das wird ihm helfen, ein Vertrauen in sich selbst aufzubauen. Es verinnerlicht nämlich, dass es sich stets durch die eigene Anstrengung verbessern kann.
Beispiel: Statt zu sagen „Du bist ein liebes Kind!“ sage „Ich habe gesehen, wie du deinem Freund am Spielplatz auf die Rutsche geholfen hast. Das was sehr hilfsbereit von dir.“
Oder: „Ich habe gesehen, dass du dir beim Basteln richtig viel Mühe gegeben hast. Du hast so lange ausgeschnitten und geklebt, bis dein Kunstwerk genau so war, wie du es haben wolltest.“
2. „Was denkst du über das, was du gemacht hast?“
Während wir als Eltern und Erziehende im Sinne Montessoris die Helfer sind, wird das Kind zu seinem eigenen Lehrer.
Mit dieser zweiten Schlüsselfrage hilfst du deinem Kind, seine eigenen Ergebnisse selbst zu analysieren und zu bewerten. So lernt es, selbst zu einem Urteil zu kommen, statt sich an Bewertungen von Außenstehenden zu orientieren.
Beispiel: Hat dein Kind beispielsweise ein Bild gemalt, dann frage es danach, warum es das gemalt hat, was es gemalt hat und warum es sich für die verwendeten Farben entschieden hat. Frage es auch, was ihm an seinem Bild am besten gefällt.
3. „Wo könntest du danach suchen?“
Bei dieser Frage geht es darum, den montessorischen Schlüsselwert der Unabhängigkeit zu fördern. Kinder sollen damit dazu angeregt werden, Herausforderungen selbst anzugehen.
Beispiel: Dein Kind sucht nach seinem Kuscheltier und du weißt, dass es auf dem Sofa liegt, wo ihr vor einer Stunde zusammen ein Buch angeschaut habt. Statt hinzugehen und es ihm einfach zu geben, frage lieber: „Wo hast du denn zuletzt damit gekuschelt?“, um deinem Schatz auf die Sprünge zu helfen.
Zwar dauert es so sicher etwas länger, aber irgendwann wird dein Kind wissen, wie es sich selbst helfen kann. Dann wird es immer öfter selber die Initiative ergreifen, statt Mama zu fragen.
4. „Wobei genau soll ich dir helfen?“
Kinder wollen mithelfen. Sie lieben es, den Tisch abzuwischen und zu decken. Sie wollen Krümel zusammenkehren oder auch mal Blumen auf den Wohnzimmertisch stellen. Diese kleinen Verantwortlichkeiten geben ihnen das Gefühl der Zugehörigkeit und Bedeutsamkeit innerhalb der Familie.
Wenn sich eine Aufgabe aber doch einmal als zu schwierig entpuppt, hilft die oben genannte Frage. Dadurch, dass du deinem Kind Unterstützung anbietest, statt ihm die Aufgabe ganz abzunehmen, lässt du es nicht als gescheitert dastehen.
Beispiel: Dein Kind möchte sich selbst ein Müsli machen. Es hat schon alles, was es braucht, nur die Milch aus dem Kühlschrank fehlt noch. Statt sie ihm zu holen, stelle deinem Kind eine Trittleiter vor den Kühlschrank, so dass es die Milchflasche selbst herausnehmen kann.
5. „Zuhause machen wir…“
Regeln müssen sein, das ist klar. Ohne Regeln ist ein harmonisches Zusammenleben mit anderen gar nicht möglich. Doch Kinder müssen das erst lernen.
Die Strukturen unserer sozialen Regeln und Gebote sind für ein Kind höchst komplex. Klare Ansagen helfen ihm, sich besser einzugliedern. Es kommt aber auch darauf an, wie diese Vorgaben und Regeln kommuniziert werden.
Viele von uns erinnern sich an Sätze aus der eigenen Kindheit wie „Das tut man nicht!“ oder „Das darfst du nicht!“. Doch diese autoritären Verbote bewirken eher eine negative Trotzreaktion. Niemand wird gerne so angesprochen. Deshalb führen sie nicht selten zu Auseinandersetzungen und irgendwann sogar zum Kräftemessen zwischen dir und deinem Kind.
Sätze wie „Zuhause sprechen wir beim Essen leise“ oder „Bei uns im Haus gehen wir statt zu rennen.“ können da viel wirkungsvoller sein. Denn erstens schließen sie mit dem „wir“ alle ein und zweitens sind sie positiv formuliert, sagen also ohne „nicht“ oder „du musst“, wie es besser geht.
6. „Störe sie/ihn nicht, sie/er konzentriert sich.“
Wenn dein Kind anfängt, sich toll allein zu beschäftigen, bist du als Mutter schnell versucht, hinzugehen und es dafür zu loben. Manchmal reizt auch die gut gemeinte Frage, was genau es gerade macht, um dein Interesse zu zeigen. Oder du bringst deinem Kind einen Snack, damit es bei seiner Arbeit etwas naschen kann.
In der Montessori Pädagogik jedoch gilt die ungestörte Konzentration des Kindes als immens wichtig. Jede noch so gut gemeinte Störung, ja, sogar schon ein kurzer Blickkontakt, kann dein Kind aus seiner intensiven Beschäftigung herausreißen.
Wenn du dein Kind darin fördern möchtest, sich ausdauernd zu konzentrieren und allein zu beschäftigen, dann solltest du jede Unterbrechung vermeiden. Lass es arbeiten und sich in seinem Tun vertiefen. Sie es als einen unschätzbar kostbaren Moment für dein Kind und seine Entwicklung an.
Loben kannst du immer noch, wenn dein Kind fertig ist.
7. „Folge dem Kind.“
Dieser Satz gilt natürlich euch als Eltern, nicht eurem Kind.
Dem Kind zu folgen bedeutet nach Montessori, stets nach dem Grund für ein bestimmtes kindliches Verhalten zu fragen. Dabei sollen wir als Eltern immer darin vertrauen, dass jedes Kind seinem eigenen Entwicklungstempo folgt, sowohl physisch und motorisch als auch geistig, emotional und mental.
Der Satz „Folge dem Kind“ soll uns erinnern, dass jedes Kind einzigartig ist und seine ganz eigenen Bedürfnisse, Interessen, Fähigkeiten und Talente hat.
Bevor du also dein Kind von Musikschule, zu Fußballverein, zu Ballettschule, zu Theatergruppe schleifst, warte doch einfach erst einmal ab. Lass dir von deinem Kind zeigen, wofür es sich interessiert.
Tanzt es schon mit zwei los, sobald das Radio an ist, ist Ballett oder ein anderer Tanzsport vielleicht das Richtige.
Für den Fußballverein sind ein Interesse an Bällen und ein ausgeprägter Bewegungsdrang gute Voraussetzungen. Manche Kinder entwickeln diese bereits mit zwei, andere mit sechs Jahren, wieder andere werden sich nie von einem Ball angezogen fühlen – und das ist dann auch in Ordnung!
Dein Kind sitzt lieber in seiner Kuschelecke und blättert in Bilderbüchern statt sich sportlich zu betätigen? Auch gut! Besorgt euch einen Ausweis bei der Stadtbücherei und fragt bei der Gelegenheit gleich nach, ob sie auch Veranstaltungen für Kinder haben.
Du siehst, Montessori ist nicht bloß eine weitere Erziehungsmethode, sondern eine spezielle Art, dein Kind und seine Bedürfnisse wahrzunehmen. Nimm die Ideen in deinen Alltag auf und sie werden deinem Kind helfen, zu einem selbständigen, unabhängigen Menschen heranzuwachsen.