Hat dein Partner eine postpartale Depression? Anzeichen & Hilfe

Postpartale Depressionen sind leider immer noch ein Tabuthema, doch mittlerweile gibt es Frauen, die sich trauen, auch öffentlich über ihre Erfahrungen zu sprechen. So hat sich zum Beispiel Mama Lena bei uns gemeldet und ihre Geschichte erzählt, um anderen Betroffenen Mut zu machen. Doch auch wenn das Bewusstsein für die psychische Erkrankung insgesamt zugenommen hat, ist vielen Menschen immer noch unbekannt, dass auch Väter betroffen sein können.

Wir haben deswegen mit Prof. Sarah Kittel-Schneider vom University College Cork, Cork, Irland gesprochen. Sie forscht zu psychischen Erkrankungen rund um die Zeit der Geburt eines Kindes und hat uns die wichtigsten Fragen zur postpartalen Depression bei Papas beantwortet.

Laut Studien sind rund 10 Prozent der Väter betroffen

Laut der deutschen Depressionshilfe entwickeln 10 bis 15 Prozent der Mütter eine Postpartale Depression. Im Unterschied zum Baby Blues ist das eine schwerere, länger andauernde und behandlungsbedürftige depressive Erkrankung, die im ersten Jahr nach einer Entbindung auftritt. Doch laut aktuellen Studien sind auch 10 Prozent der Väter davon betroffen, Experten gehen außerdem davon aus, dass eine hohe Dunkelziffer besteht.

Woran bemerken Betroffene oder Außenstehende, dass eine postpartale Depression beim Papa vorliegen könnte?

„Mögliche Anzeichen einer postpartalen Depression bei Vätern sind erstmal denen von Müttern ähnlich, nämlich die Kernsymptome einer Depression mit gedrückter Stimmung, Antriebs- und Motivationslosigkeit und Verlust von Interessen bzw. einer Freudlosigkeit. Bei Männern kann es aber im Speziellen auch eher zu gereizter Stimmung und Wutausbrüchen kommen und der soziale Rückzug ist stärker ausgeprägt als bei Frauen”, erklärt die Psychiaterin Prof. Kittel-Schneider.
Weitere Symptome können sein:

Weitere Symptome können sein:

  • Schlafstörungen
  • Müdigkeit und Energieverlust
  • Vermehrter Alkohol- oder Drogenkonsum
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Suizidgedanken

Wichtig: Die Symptome entwickeln sich oft schleichend und können zwischen dem 3. und 6. Lebensmonat des Kindes ihren Höhepunkt erreichen.

Gibt es Unterschiede zu einer postpartalen Depression bei Müttern?

Während die Kernsymptome gleich sind, gibt es auch ein paar Unterschiede, die Prof. Sarah Kittel-Schneider erklärt: „Väter entwickeln Symptome oft später, meist zwischen 3-6 Monaten nach der Geburt, in einigen Studien sogar erst 12 Monate nach Geburt. Männer zeigen häufiger Reizbarkeit, Wut und Rückzugsverhalten. ” Außerdem würden Väter eher zu erhöhtem Alkoholkonsum oder starker Ablenkung durch Arbeit neigen. Erschwerend kommt hinzu, dass Männer oft mehr Schwierigkeiten haben, Hilfe zu suchen aufgrund von Stigmatisierung.

8 Tipps: Was kann man präventiv tun?

  1. Offene Kommunikation mit der Partnerin und dem Umfeld über Gefühle und Sorgen
  2. Realistische Erwartungen an die Vaterrolle entwickeln
  3. Vorbereitung auf Veränderungen durch Elternkurse oder Beratungen
  4. Aufbau eines Unterstützungsnetzwerks
  5. Stressmanagement und Selbstfürsorge
  6.  Gesunde Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität
  7.  ausreichend Schlaf
  8. Frühzeitige professionelle Hilfe bei Anzeichen psychischer Belastung

Welche Hilfsmöglichkeiten gibt es für Betroffene?

Depressionen werden generell nach Schweregrad behandelt. Bei leichten Depressionen können folgende Maßnahmen helfen:

  • Sport und Bewegung
  • Achtsamkeitsübungen und Stressreduktion
  • Gesunde Ernährung (z. B. Mittelmeer-Kost)
  • psychologische Beratung
  • Unterstützung durch Hebammen oder Familienhelfer

Bei moderaten Ausprägungen sollte zudem erfolgen:

  • Psychotherapie, insbesondere kognitive Verhaltenstherapie
  • Selbsthilfegruppen für Väter
  • ggf. psychosoziale Beratung

„Bei schweren Ausprägungen kommt dann noch medikamentöse Behandlung (Antidepressiva) dazu”, erklärt Prof. Sarah Kittel-Schneider. „Wichtig ist auch immer die Bindung und Interaktion mit dem Kind mit in den Blick zu nehmen, ggf. sollten hier noch Maßnahmen zur Verbesserung der Vater-Kind-Bindung erfolgen, wie zB entwicklungspsychologische Beratung. Falls es Schwierigkeiten in der Paarbeziehung gibt, dann könnte zusätzlich eine Paarberatung oder Paartherapie sinnvoll sein.”

Wie kann man als außenstehende Person, z.B. als Partnerin, Betroffenen helfen?

Laut der Psychiaterin hilft es Betroffenen, wenn sie ein offenes Gesprächsangebot bekommen. Es ist wichtig zunächst aktiv zuzuhören. Außerdem sollte man den Betroffenen auf jeden Fall ermutigen, sich professionelle Hilfe zu suchen. Praktische Unterstützung im Alltag kann den Vater ebenfalls entlasten, genauso wie das Planen von gemeinsamen Aktivitäten. Insgesamt sollten Angehörige geduldig sein und Verständnis zeigen.

Was man auf gar keinen Fall tun sollte: Den Betroffenen ihre Gefühle absprechen und diese bagatellisieren, Druck ausüben oder Vorwürfe machen oder die Augen vor den Symptomen verschließen.

Gibt es gewisse Umstände, die eine postpartale Depression bei Männern begünstigen könnten?

Mögliche Risikofaktoren sind laut der Psychiaterin, wenn der Partner eine Vorgeschichte mit Depressionen oder psychischen Erkrankungen hat. Auch eine depressive Erkrankung der Partnerin, kann PPD beim Papa begünstigen.

Weitere Risikofaktoren sind:

  • Finanzielle Sorgen oder Arbeitslosigkeit
  • Mangelnde soziale Unterstützung
  • Schwierige Partnerschaft
  • Komplizierte Geburt oder Frühgeburt
  • Perfektionistische Einstellung oder hohe Erwartungen an die Vaterrolle
  • Eigene belastete Kindheit

Was sollte sich gesellschaftlich ändern, um es Betroffenen leichter zu machen?

Wünschenswert wäre laut Prof. Sarah Kittel-Schneider eine Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen bei Männern und dass es insgesamt mehr Aufklärung über väterliche peripartale Depression gäbe. Väter sollten in Vorsorge und Nachsorge außerdem bessere eingebunden werden.

Hilfreich wären außerdem flexiblere Arbeitsmodelle für Väter, der Ausbau spezifischer Hilfsangebote für Väter sowie eine Förderung der Vater-Kind-Bindung von Anfang an. Doch auch die Fachkräften müssen für die Thematik noch mehr sensibilisiert werden und dafür braucht es letztendlich auch noch mehr Forschung zur väterlichen postpartalen Depression.

Vielen Dank an Prof. Sarah Kittel-Schneider, die uns unsere Fragen beantwortet hat.

Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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