Sollte ich vor der Schwangerschaft eine Psychotherapie machen?

Erstmal die Ausbildung beenden, noch ein Umzug in eine größere Wohnung oder doch noch die eine Beförderung abwarten, damit das Elterngeld höher ausfällt – für viele spielen diese „äußeren“ Umstände zurecht eine Rolle bei der Familienplanung. Aber wie genau schauen wir eigentlich bei den „inneren“ Umständen hin? Jede Mama will ihrem Kind das Bestmögliche mitgeben, keine Frage.

Aber wie sehr muss man mit sich selbst im Reinen sein, um eine gute Mutter sein zu können?

Genau das habe ich die psychologische Psychotherapeutin Dr. Rosalie Weigand gefragt: Macht es Sinn, bei Kinderwunsch eine Psychotherapie zu machen, um vorher einmal richtig „aufzuräumen“? „Ich bin nicht der Ansicht, dass es notwendig ist, ‚perfekt‘ oder ‚mit sich im Reinen‘ zu sein, um eine gute Mutter zu werden“, erklärt die Expertin. „Aber eine Therapie kann helfen, sich besser zu verstehen, eigene Unsicherheiten oder Ängste abzubauen und die Resilienz zu stärken. Das fördert eine gesunde emotionale Bindung zum Kind und erleichtert den Umgang mit den Herausforderungen des Elternseins.“

Zudem gehören eine Schwangerschaft und Geburt zu den bedeutsamsten Ereignissen im Leben einer Frau, die ihre Lebensumstände, Gefühle oder Sicht auf sich selbst und die Welt nachhaltig verändern. Laut Meinung und Erfahrung der Psychologin kann es also durchaus Sinn machen, sich mithilfe einer Psychotherapie auf die Veränderung durch dieses „kritische Lebensereignis“ vorzubereiten: „Das kann besonders wertvoll sein, um zu verhindern, dass alte Wunden und Konflikte unbewusst in die Eltern-Kind-Beziehung einfließen“, erklärt die Expertin.

Psychische Altlasten als Stressfaktor

Mittlerweile ist mehr als bewiesen, dass sich mütterlicher Stress in der Schwangerschaft negativ auf das ungeborene Kind auswirken kann. Und neben dem „offensichtlichen“ Stress, wie z.B. einem sehr fordernden Job, gibt es eben auch noch den „unsichtbaren“ Stress: Ungelöste Themen oder belastende Ereignisse aus der eigenen Vergangenheit sind Betroffenen oft gar nicht so bewusst, können aber dennoch erheblichen Stress auslösen. 

„Ein subjektiv hoher und konstanter Stresspegel der Mutter und psychische Belastungen wie Traumata, Depressionen und Angstzustände können langfristige Folgen auf die psychische Gesundheit des Kindes haben“, erklärt mir die Hebamme Inés Carolina, die dem Thema sogar ihre ganze Abschlussarbeit gewidmet hat. Aber sie sagt auch:

„Nicht jede Stressbelastung muss zwangsläufig therapiert werden.“

Manchmal reiche es schon, sich der eigenen Handlungsmuster und Belastungen bewusst zu werden, um Stress zu reduzieren, so die Hebamme. Weiter empfiehlt sie, sich zwei oder drei Anti-Stress-Maßnahmen auszuwählen und diese fokussiert und langfristig umzusetzen. Das können z.B. Entspannungs- oder Achtsamkeitsübungen, Kraftsport, Bewegung an der frischen Luft, ausreichend Schlaf und eine gesunde Ernährung sein. Und: Grenzen erkennen und setzen.

„Frauen sind oft viel Druck ausgesetzt und haben oft hohe Ansprüche an sich selbst. Wir dürfen nein sagen, um übermäßige Belastungen zu reduzieren.“

Zudem merkt die Psychotherapeutin Rosalie Weigand an, dass eine Psychotherapie eine Heilbehandlung ist. Somit ist sie nur über die Krankenkasse abrechenbar, wenn eine psychische Erkrankung vorliegt. Ohne eine Diagnose muss eine Therapie als Selbstzahlerleistung getragen werden. Und das kann mit etwa 100 € pro Sitzung auch ganz schön ins Geld gehen.

Und wann sollte man sich unbedingt therapeutische Hilfe suchen?

Wenn es durch die Schwangerschaft oder den Kinderwunsch Anzeichen für depressive Episoden oder Angststörungen gibt, rät die Psychotherapeutin dazu, sich um Unterstützung zu bemühen. „Hier kann frühzeitige Hilfe verhindern, dass sich dieser Zustand verschlimmert und die Mutter-Kind-Bindung beeinträchtigt. Auch Frauen, die traumatische Geburtserfahrungen hatten oder aus anderen Gründen Ängste vor der Geburt haben, sollten sich im Falle einer Schwangerschaft therapeutische Hilfe suchen.“

Besonders wenn bereits eine psychische Erkrankung bekannt ist, empfiehlt die Expertin, präventiv therapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen. So können eventuelle Anzeichen einer Verschlechterung früh erkannt und abgefangen werden. „Das gibt der werdenden Mutter Sicherheit und stärkt die Fähigkeit, mit den Herausforderungen der neuen Lebenssituation umzugehen.“

Während für manche die neue Struktur und Aufgabe als Mutter eher stabilisierend wirke, könnten eine Schwangerschaft und die ersten Jahre mit einem Baby psychische Krankheiten auch verstärken, erklärt die Psychotherapeutin. Vor allem wenn alte Belastungen nicht aufgearbeitet wurden und es an Unterstützung fehle, können die hormonellen und körperlichen Veränderungen in der Schwangerschaft auch die emotionale Stabilität beeinflussen.

Was denkst du über das Thema? Hast du vielleicht selber eine Therapie vor oder während der Schwangerschaft gemacht? Oder bereust du vielleicht sogar, dich nicht früher um ein Thema gekümmert zu haben?

Ich freue mich auf deine Erfahrung in einem Kommentar! 
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Jana Krest

Obwohl ich ein absolutes Landkind aus der Eifel bin, lebe ich schon seit einigen Jahren glücklich in Hamburg. Hier habe ich nach meinem Bachelor in Medien- und Kommunikationswissenschaften und Soziologie auch noch meinen Master in Journalistik und Kommunikationswissenschaften gemacht. Während meines Studiums kümmerte ich mich frühmorgens, wenn die meisten noch schliefen, bei der Deutschen Presse-Agentur darum, dass die nächtlichen Ereignisse aus ganz Norddeutschland in die Nachrichten kamen. Und ich hatte jahrelang noch den für mich besten Nebenjob der Welt: Die süßen Kinder von anderen betreuen. Nachdem ich Echte Mamas zunächst als Praktikantin kennenlernen durfte, schreibe ich nun als Redakteurin über alles, was Mamas beschäftigt: Von praktischen Ratgeber-Texten über aktuelle Trends bis hin zu wichtigen Recht- und Finanzthemen.

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3 Comments
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Xxx
Xxx
30 Tage zuvor

Ganz ehrlich, wenn wir wegen jedem kleinen Furz zum Psychologen rennen wundert es mich nicht, dass die Menschheit immer noch mehr verweichlicht… Therapie kann sehr sinnvoll sein aber nur wenn man wirklich belastet ist oder mit den Dingen nicht klarkommt, mit denen man sich an den Therapeuten wendet

Annegret Domanski
Annegret Domanski
30 Tage zuvor

Oh, man, wie weit sind wir eigentlich schon? Reicht es denn nicht mehr, wenn sich Frauen und Männer auf ihr Baby freuen?

Beatrix
Beatrix
30 Tage zuvor

Im Nachhinein wäre es vielleicht nicht schlecht gewesen. Ich merke immer wieder, wie ich Themen aus der Vergangenheit bewusst anders mache oder mich in der Erziehung beeinflussen lasse durch Erlebtes.