„Die Geburt war hart, aber sie hat mir gezeigt, was wirklich zählt.”

Miras Tochter musste als Frühchen per Notkaiserschnitt geholt werden. Es folgte die schlimmste, aber auch die wertvollste Zeit in Miras Leben. Die Mama aus dieser Geschichte heißt eigentlich anders, möchte aber lieber anonym bleiben.

„Am 10. Februar 2024, während meiner Schwangerschaft, waren mein Ehemann und ich unterwegs und genossen die gemeinsame Zeit zu zweit. Wir hatten einen schönen Abend bei einem Abendessen verbracht, als plötzlich starke Schmerzen einsetzten. Zuerst dachte ich, es seien nur normale Senkwehen, die in ein paar Minuten wieder verschwinden würden, doch es wurde immer schlimmer.

Die Schmerzen nahmen zu und wir entschieden uns, ins Krankenhaus zu fahren.

Während der Autofahrt waren die Schmerzen so intensiv, dass ich den Sitz in die Liegeposition stellte. Als wir im Krankenhaus ankamen, ging es sofort in den Kreißsaal. Plötzlich waren so viele Helfer im Raum, dass ich kaum noch etwas wahrnahm. Der Arzt machte einen Ultraschall, während die Hebamme das CTG anlegte. Ich hörte nur: ‚Herzschlag Mutter… Nein, Herzschlag Baby… Herzschlag sinkt.‘ Die Zeit schien stillzustehen.

Die Ärzte kämpften darum, einen Zugang zu legen – es war schwierig, aber sie schafften es. Minuten später hieß es, dass wir das Baby schnell holen müssten, aber ich konnte es kaum begreifen. Alles ging so schnell. Mein Baby hatte eine Bradykardie (Anm. Redaktion: verlangsamter Herzschlag) und die Ärzte mussten sofort handeln. Ein Notkaiserschnitt unter Vollnarkose war notwendig.

Zu diesem Zeitpunkt war ich in der 32. Schwangerschaftswoche.

Ich hatte weder eine Kliniktasche dabei, noch ein Bett für mein Baby oder ein Kuscheltier. In meiner Verzweiflung sagte ich das zu den Ärzten. Mein Mann wartete draußen, voller Angst. Als es vorbei war und ich im Aufwachraum war, wurde mir mitgeteilt, dass mein Baby im Brutkasten liegt und auf der Neonatologie (NEO) überwacht wird.

Es stellte sich heraus, dass ich eine Plazentaablösung hatte – es war extrem knapp, sowohl für mich als auch für meine Tochter. Ich hatte während des Kaiserschnitts viel Blut verloren und meine Tochter musste reanimiert werden.

Ich blieb fünf Tage stationär im Krankenhaus.

Jeden Tag wurde mir Blut abgenommen und ich bekam Thrombosespritzen. Meine Arme waren von den ständigen Nadeln voller Blutergüsse. Wegen des hohen Blutverlustes erhielt ich eine Eiseninfusion und 1-2 Tage später eine Bluttransfusion, da ich sehr schwach, gelblich und mir oft schwindelig war.

Als ich nach fünf Tagen aus dem Krankenhaus entlassen wurde, fühlte sich der Moment gar nicht wie ein ‚Neuanfang‘ an. Ich war so erschöpft, körperlich und seelisch, und es brach mir das Herz, meine Tochter im Krankenhaus lassen zu müssen. Sie war so weit weg von mir, und ich fühlte mich alleine, auch wenn ich wusste, dass sie in besten Händen war.

Doch ich durfte meine Tochter täglich besuchen, sogar nachts rund um die Uhr.

Als ich meine Tochter das erste Mal im Brutkasten sah, war ich von einem Gefühl der Leere durchzogen. Es war, als ob ich in diesem Moment nichts mehr fühlen konnte, und gleichzeitig war da diese unbeschreibliche Freude, sie endlich zu sehen. Doch es mischte sich auch eine tiefe Traurigkeit in dieses Gefühl – meine kleine Tochter, die so zerbrechlich war, war so weit entfernt von mir.

Ich wollte sie in meine Arme schließen, konnte es aber nicht. Es war, als ob ich in diesem Moment gleichzeitig zwei Welten erlebte – die einer Mutter, die sich nach ihrem Kind sehnt, und die einer Mutter, die hilflos und voller Sorgen ist. Nach ein paar Tagen durfte ich sie aber endlich auf meine Brust legen. Sie war so winzig und obwohl sie an vielen Kabeln angeschlossen war, war es das schönste Gefühl und ich fühlte mich vollständig und voller Liebe.

Meine Tochter verbrachte vier Wochen im Brutkasten, während ich nach fünf Tagen entlassen wurde.

Doch das war noch lange nicht das Ende. Ich konnte nicht aufrecht laufen, lag zuhause oft auf der Couch und war auf die Hilfe anderer angewiesen. Ich pumpte Muttermilch ab und brachte sie täglich zu meiner Tochter. Ich hatte Schmerzen an meiner Kaiserschnittwunde und es lief Blut aus der Naht. Meine Hebamme kam und drückte das Blut heraus – die Wunde war blau, verhärtet, warm und entzündet. Schließlich mussten wir ins Krankenhaus, wo die Naht alle zwei Tage mit Kochsalzlösung durchgespült wurde. Es war sehr schmerzhaft.

Am 19. Februar entschloss sich der Arzt, die Naht erneut zu öffnen, die Wunde zu säubern und sie wieder zuzunähen. Die zweite OP unter Vollnarkose war erschöpfend. Diesmal bekam ich zwei Drainagen in den Unterbauch, damit das Blut abfließen konnte. Ich war auf den Rollstuhl angewiesen und musste wieder lernen, langsam aufzustehen. Ich hörte auf meinen Körper und machte alles sehr langsam. Nach zwei bis drei Tagen wurden die Drainagen entfernt, und ich wurde am 22. Februar entlassen.

Zu Hause machte ich weiterhin nur langsame Fortschritte.

In den ersten ersten beiden Monaten konnte ich kaum richtig laufen und hatte ständig Schmerzen. Ich fühlte mich, als würde ich niemals wieder normal laufen können. Es war ein langer, schmerzhafter Prozess.

Am 2. März 2024 mussten wir nochmal stationär ins Krankenhaus, um uns an unsere Tochter zu gewöhnen. Am 5. März 2024 wurde sie schließlich entlassen. Die ersten Wochen, in denen meine Tochter bei uns war, waren ebenfalls anstrengend. Ich pumpte weiter ab, fütterte sie mit der Flasche und legte sie an.

Ich hatte einen starken Milchstau und danach bildete sich nur noch wenig Muttermilch.

Schlussendlich beschloss ich, auf meinen Körper zu hören und somit mit dem Abpumpen und Anlegen aufzuhören. Während der Anfangszeit war mir wichtig, dass meine Tochter Muttermilch bekommt für ihre Entwicklung, aber ich wusste, dass ich mich selbst wieder aufbauen musste, um für meine Tochter, mein Frühchen, stark zu sein.

Der errechnete Geburtstermin war der 11. April 2024. An diesem Tag wurde ein MRT von ihrem Kopf gemacht. Ich verbrachte die letzte Nacht mit ihr im Krankenhaus zur Überwachung. Doch zum Glück zeigte das MRT gute Ergebnisse.

Der Start mit meiner Tochter zu Hause war viel schwieriger, als ich es mir je hätte vorstellen können.

Ich musste mich erst selbst wieder aufbauen, hatte kaum die Kraft, mich um sie zu kümmern, und so konnte ich die Anfangszeit mit ihr nicht wirklich genießen. Ich hatte das Gefühl, dass ich meiner Tochter nicht das geben konnte, was sie brauchte – und das war schwer zu ertragen. Doch heute, wenn ich auf diese Zeit zurückblicke, kann ich sagen: Das Leid, das ich damals empfand, ist mittlerweile vergessen.

Es hat sich so viel verändert. Heute geht es uns beiden gut, und ich bin unglaublich dankbar für die Kraft, die ich aus dieser Erfahrung gezogen habe. Meine Tochter ist eine wahre Kämpferin und hat sich hervorragend entwickelt. Es war eine harte Zeit, aber wir haben es gemeinsam geschafft – und nun genießen wir jede Sekunde miteinander.

Ich hätte nie gedacht, dass wir so weit kommen würden – voller Kraft, Glück und Stärke.

Diese Erfahrung war die schlimmste, aber auch die schönste und wertvollste in meinem Leben. Es war eine so intensive Zeit, die 1-2 Monate andauerte, die sich gelohnt hat. Meine Narbe bereitet mir ab und zu noch Beschwerden, aber sie ist für mich ein Symbol meiner Stärke und meiner Bereitschaft, alles für meine Tochter zu tun.

Ich habe so viel über mich selbst und das Leben gelernt. Meine Einstellung hat sich komplett verändert – ich sehe jetzt vieles mit anderen Augen. Heute bin ich dankbar, gesund zu sein, und vor allem für das Lächeln meiner Tochter. Wir sind glücklich, und es geht uns gut.

Ich weiß jetzt, was im Leben wirklich zählt: Gesundheit, Dankbarkeit und die Liebe zu den Menschen, die einem am meisten bedeuten.”


Liebe Mira (echter Name ist der Redaktion bekannt), vielen Dank, dass wir deine Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

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Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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