Frausein ist gefährlich, das ist nichts Neues – wir meiden abends dunkle Gassen, sensibilisieren unsere Töchter für diese Themen und versuchen, sie so gut es geht auf diese Situationen vorzubereiten. Was uns dabei vielleicht nicht immer bewusst ist: Die größte Gefahr für Frauen lauert gar nicht hinter der nächsten Straßenecke – sondern zu Hause. Die Zahl hier oben in der Headline stammt aus einem Lagebericht des Bundeskriminalamtes (BKA) – und sie hinterlässt uns sprachlos, denn sie zeigt: Der überwältigende Teil der Straftaten geht vom eigenen Partner, dem Ex-Partner oder dem familiären Umfeld aus.
Heute ist der Internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen – und eure Stimme wird gebraucht: Unterzeichnet heute noch mit uns die Petition zum Gewalthilfe-Gesetz, das durch den Bruch der Ampel-Koalition bedroht ist.
Jeden Tag wird in Deutschland mindestens eine Frau Opfer eines Mordes
Die Vereinten Nationen (UN) machen jedes Jahr am 25.11. mit diesem Tag auf das massive, weltweite, gesellschaftliche Problem der Gewalt gegen Frauen aufmerksam. Werfen wir einen Blick auf die Zahlen in Deutschland, verschlägt es uns die Sprache:
- 35 Prozent aller Frauen in Deutschland werden nach ihrem 15. Lebensjahr irgendwann Opfer von körperlicher und/oder sexueller Gewalt. (1)
- Jeden Tag wird eine Frau oder ein Mädchen in Deutschland aufgrund ihres Geschlechts laut BKA ermordet, sie wird also Opfer eines sogenannten Femizids. (2)
- In 2023 gab es in Deutschland insgesamt 360 Morde an Frauen und 578 Mal versuchten Mord. (2)
Bedrohung kommt vor allem aus dem häuslichen Bereich
Die mit Abstand größte Bedrohung einer Frau geht vom eigenen Partner, Ex-Partner oder von engen Familienangehörigen aus. 180.715 Frauen haben in 2023 in Deutschland häusliche Gewalt erlebt. Das Bundeskriminalamt (BKA) weist in seinem Lagebild zu den geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten im Jahr 2023 folgende, traurige Top 5 der häufigsten Fallgruppen auf:
- Häusliche Gewalt (180.715 Frauen = 495 Frauen pro Tag)
- Sexualstraftaten (52.330 Frauen = 143 pro Tag)
- Digitale Gewalt (17.193 Frauen = 47 Frauen pro Tag)
- Mord oder versuchter Mord (938 Frauen = 3 Frauen pro Tag)
- Menschenhandel (591 Frauen = 2 Frauen pro tag)
Innerhalb der häuslichen Gewalt waren Frauen der Statistik zufolge im Jahr 2023 vor allem vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung (100.848 Frauen), Nötigung, Bedrohung und Stalking (47.437 Frauen) und gefährlicher Körperverletzung (17.722 Frauen) ausgesetzt. Und diese Zahlen steigen immer weiter: Im Vergleich zu 2019 ist der Anteil der Gewalttaten gegen Frauen im häuslichen Bereich um 12,7 Prozent gestiegen, im Vergleich zum Vorjahr um 5,0 Prozent.
Prominente berichten: Ruth Moschner und Ursula Karven wurden Opfer digitaler Gewalt und Belästigung
Auf bild.de kommen zum heutigen, Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen 58 Frauen zu Wort, die ihre bewegenden Geschichten erzählen – darunter auch prominente Gesichter.
Schauspielerin und Moderatorin Ruth Moschner (35): „Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen (…), wird im Netz knallhart demonstriert, dass sie mit Gewalt zum Schweigen gebracht werden sollen.“
„Während ich in meinen Anfängen auf Socialmedia ,nur‘ Vergewaltigungsfantasien oder Dickpics zugeschickt bekommen habe, wurde mit der Zeit unter Accounts von Shows, an denen ich teilgenommen habe, meine Kompetenz und meine mentale Gesundheit infrage gestellt. Den meisten Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen und Haltung zeigen, wird im Netz knallhart demonstriert, dass sie mit Gewalt zum Schweigen und zum Verschwinden bewegt werden sollen. Zuerst habe ich mich ohnmächtig gefühlt, schockiert, die Verantwortung in meinem Verhalten gesucht. Dann wurde ich wütend, weil es der Politik offensichtlich egal zu sein scheint, dass Menschen unter dem Deckmantel der Anonymität Straftaten begehen können“, so Ruth Moschner bei bild.de
Schauspielerin Ursula Karven (60): „Plötzlich werden Grenzen überschritten, so wie: ‚Mir ist heute dein schöner Mund aufgefallen’…“
„Weit mehr als die Hälfte der Arbeitnehmerinnen hat sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz schon wahrgenommen oder war selbst Opfer. Ich auch. Ich habe mich danach geschämt. Übergriffe fangen ja meist harmlos mit einer SMS an. Man antwortet, weil man freundlich sein will. Plötzlich werden Grenzen überschritten, so wie: ,Mir ist heute dein schöner Mund aufgefallen …‘ und du fragst dich: Warum habe ich bloß geantwortet? Was mache ich jetzt? Dann ist es schon zu spät, weil die Täter meistens Abhängigkeiten ausnutzen. Ich wünsche mir eine gesetzlich verankerte Prävention und kämpfe für stärkere Sanktionen der Täter“, erzählt Ursula Karven bei bild.de
Schlagersängerin und Moderatorin Sarah Bora (35): „Meine Jugendliebe isolierte mich von Freunden und Familie“
„Meine erste Beziehung war der schlimmste Alptraum. Er war meine Jugendliebe, die leider fürchterlich endete. Zehn Jahre war ich mit ihm zusammen. Ich wurde kontrolliert, er war unheimlich eifersüchtig. Manipulierte mich emotional. Blaues Auge, blutige Nase – das habe ich alles mitgemacht. Er isolierte mich von Freunden und Familie. Er wollte ständig alles wissen, ich musste ihm meinen Kilometerstand vom Auto schicken, Fotos, wo ich gerade bin. Mein Studium hat mich damals gerettet, ich kam mit anderen Menschen in Kontakt. Einer Freundin schüttete ich mein Herz aus. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion habe ich ihn verlassen. Dann begann das Stalking. Drei Jahre lang. Ich habe ihn angezeigt. Das kann ich nur jeder Frau raten. Sucht Hilfe. Der Weiße Ring hilft oder ruft beim Hilfetelefon an. Geht zur Polizei. Eine Anzeige ist wichtig, um Konsequenzen aufzuzeigen, um zu dokumentieren. Es hilft auch ein Tagebuch zu führen, um etwas in der Hand zu haben. Ich setze mich mit meiner Aktion ‚Cosnova Says No!“ übrigens sehr stark für das Thema ein“, berichtet Sarah Bora bei bild.de.
Gewalthilfegesetz durch Ampel-Aus bedroht: Jetzt Petition unterzeichnen!
Bei Echte Mamas schließen uns heute dem Aufruf zum Unterzeichnen der Petition zum Gewalthilfegesetz an. Das Gewalthilfegesetz war im Koalitions-Vertrag der Ampel-Regierung verankert, droht aber nun aufgrund des Koalitions-Bruchs nicht umgesetzt zu werden. Um die Regierung dazu zu bewegen, das Gesetz vor den Neuwahlen noch zu verabschieden, hat sich eine Initiative aus Katholischem Deutschen Frauenbund (KDFB), dem Deutschen Frauenrat und UN Women Deutschland zusammengetan und eine Petition ins Leben gerufen.
Sie zielt darauf ab, ein bundesweit geltendes Gewalthilfegesetz einzuführen, das den Schutz und die Beratung für Opfer geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt in Deutschland verbessern soll und die Politik zum Handeln gegen Gewalt an Frauen bewegen will.
Heute soll die Petition zwar an frauenpolitische Abgeordnete übergeben werden, ihr könnt sie hier aber weiterhin unterzeichnen und euch an dieser Stelle über die Details informieren.
Wo du Hilfe bekommst, wenn du betroffen bist
- Eure erste Anlaufstelle, wenn ihr Opfer von Gewalttaten wurdet, ist die Polizei unter 110. Anzeige erstatten könnt ihr heutzutage sogar online – und zwar über die Online-Wache eurer jeweiligen Polizeidienststelle, die ihr bei Google erfragen könnt.
- Auch das bundesweite, kostenlose Hilfetelefon unter 116 016 hilft euch weiter – hier könnt ihr kostenlos, vertraulich und anonym erfahren, welche Möglichkeiten ihr habt, und euch stehen rund um die Uhr Dolmetscherinnen für 19 Sprachen zur Verfügung, um euer Anliegen zu übersetzen.
- Frauenhäuser und Schutzwohnungen bieten euch akut Unterkunft, wenn es zu Hause nicht mehr weitergeht – eine Übersicht findet ihr beispielweise auf www.frauenhaus-suche.de.
- Die Frage „Ist Luisa hier?“ ist Teil einer Hilfsinitiative, die Frauen in Bars und Clubs unterstützt, wenn sie sich bedroht oder belästigt fühlen. Wenn eine Frau diese Frage an das Personal richtet, signalisiert sie, dass sie Hilfe benötigt, und das geschulte Personal wird diskret eingreifen, um ihr zu helfen, beispielsweise durch das Rufen eines Taxis oder das Bereitstellen eines sicheren Rückzugsorts. Die Kampagne wurde 2016 vom Frauen-Notruf Münster ins Leben gerufen und hat sich mittlerweile auf viele Städte in Deutschland ausgeweitet.
- Das Heimwegtelefon: Das Heimwegtelefon ist eine Telefonhotline in Deutschland, die Menschen, die sich nachts auf dem Heimweg unsicher fühlen, durch ein Telefongespräch begleitet. Ehrenamtliche Mitarbeiter stehen bereit, um Anruferinnen und Anrufer bis zu ihrem Ziel zu begleiten und im Notfall die Polizei zu informieren. Der Dienst ist unter der Nummer 030 12074182 erreichbar und wird von Sonntag bis Donnerstag von 20 bis 24 Uhr sowie freitags und samstags von 20 bis 3 Uhr angeboten. Die Idee stammt ursprünglich aus Schweden und wurde in Deutschland 2011 eingeführt, um das Sicherheitsgefühl auf nächtlichen Wegen zu erhöhen.
Möchtest du deine eigene Geschichte mit uns teilen?
Hast Du etwas Ähnliches erlebt? Bei Echte Mamas hast du die Möglichkeit, deine Geschichte – auf Wunsch selbstverständlich auch anonymisiert – zu teilen. Unsere Geschichten zeigen: Wir sind nicht allein. Der Zusammenhalt bei diesem Thema ist besonders wichtig, denn Opfer von Gewalt zu werden macht vor allem eines – einsam. Wenn du mit deiner Geschichte dazu beitragen möchtest, das zu ändern – melde dich gern bei [email protected]. Wir werden sensibel auf deine Anfrage reagieren und deine Geschichte gemeinsam erzählen, sodass du dich damit wohlfühlst.
Die Quellen zu unserem Artikel
(1) www.bpb.de, abgerufen am 25.11.2024
(2) www.bka.de, abgerufen am 25.11.2024
(3)www.kdfb-berlin.de, abgerufen am 25.11.2024