Maria und ihr Mann sind Eltern von zwei kleinen Jungs. Die kleine Familie musste in den letzten Jahren viele Krisen durchstehen. Doch sie gehen den Weg gemeinsam und versuchen dankbar für das zu sein, was sie haben.
„Auch ich möchte gern meine Geschichte erzählen, die ein Leben als verheiratete Mama beschreibt, die auf eine Art und Weise doch alleinerziehend ist und versucht nicht gegen ihren Mann, sondern gegen seine Depressionen zu kämpfen.
Ich bin Maria, 29 Jahre und Mama von zwei tollen kleinen Männern von 4 und 6 Jahren.
Ich habe im letzten Jahr ums Überleben gekämpft, 4 Operationen in einer Spezialklinik in Berlin durchlebt und mich wieder zurück ins Mama-Sein gekämpft bzw. überhaupt zurück in einen Alltag, den ich selbständig schaffe.
Ich musste auf eine zutiefst schmerzvolle Weise lernen, was es bedeutet nicht in der Lage zu sein, sich um die eigenen Kinder kümmern zu können. Ich musste selbst wieder Kind sein, bei meinen Eltern wohnen und von ihnen versorgt werden.
Gott sei Dank, dass ich so liebevolle und aufopferungsvolle Eltern habe!
Es hat mir das Herz zerrissen, von jetzt auf gleich über Wochen weg zu sein, zumal ich eine besonders innige Beziehung zu meinen Jungs habe – unzählige Kuscheleinheiten gehörten bei uns zur Tagesordnung. Auch den 3. Geburtstag meines kleinen Sohnes konnte ich nicht miterleben. Das ‚Nicht- da – sein‘, gekoppelt mit dem Unwissen, wie es für mich weitergeht und damit auch für meine Jungs, war eine unglaublicher Folter.
Ich musste sie wortwörtlich loslassen und darauf vertrauen, dass es einen Gott gibt, der sie noch viel mehr liebt, als ich es jemals tun kann. Nach der 4. Operation hat es dann meinen Mann getroffen: Burnout und starke Depressionen. Bereits die letzten 10 Jahre, davon 8 Ehejahre, waren geprägt von unzähligen tiefen familiären und gesundheitlichen Herausforderungen.
Wir haben unseren großen Sohn fast verloren, als er sechs Monate alt war.
Wir mussten uns aufgrund von toxischen Verhaltens von einer Familienseite trennen und haben auch im Lebensbereich ‚Beruf und Arbeit‘ Tiefschläge ertragen müssen, Freundschaften sind zerbrochen und schließlich sind wir zerbrochen. Ich habe meinen Mann bereits mit einer gewissen Schwere kennen und lieben gelernt. Aber diese 10 Jahre und die Zeit, während der er unsere Jungs so oft allein betreut hat, haben dann den absoluten Tiefpunkt ausgelöst.
Die Wochen und Monate bevor er einen Platz in der Tagesklinik bekommen hat, waren unfassbar schlimm. Zu sehen, wie es ihm geht, was eine kaputte Seele mit zusätzlichen Angststörungen bedeutet und wie man seine Kinder über den Zustand ihres Papas aufklärt und ihnen zu verstehen gibt, dass es nicht an ihnen liegt, dass er sie nach wie vor liebt und gerade einfach unendlich viel Ruhe braucht.
Die Szenen kamen mir bekannt vor, nur, dass wir diesmal die Rollen getauscht haben.
Letzte Woche wurde mein Mann entlassen. Vier Monate Tagesklinik liegen hinter uns. Monate, in denen ich eine Balance finden musste und muss: meiner Arbeit, meinem Studium und meiner eigenen Heilung stehen dem Vollzeitjob als Mama und verständnisvollen Ehefrau gegenüber. Ein Austarieren zwischen eigenen Grenzen, die immer wieder verschoben werden.
Dem Kampf und dem täglichen Bewusstmachen, dass mich da gerade nicht mein Mann verletzt und ich gegen ihn kämpfe, sondern dass es eine Krankheit ist und er schlicht und einfach nicht fähig ist, mich und meinen Schmerz zu sehen und mir keine Stütze sein kann, weil er sich selbst gerade nicht spürt. Wie kann man von sich selbst wegschauen, wenn die größte Herausforderung bereits darin besteht, aufzustehen?
In der Theorie logisch, aber in der Praxis unfassbar erschlagend.
Ein Gleichgewicht zu finden, zwischen Freiraum schaffen und meinem Mann Ruhe zu gönnen und dennoch meinen Kindern ein zuhause zu geben, wo sie sein können… laut, wild, traurig, fröhlich! Während der Medikamenteneinstellung ist mein Mann zuhause zusammengebrochen und mein Sohn hat ihn gefunden. Eine Panikattacke folgte und wir mussten ihn noch spät in die Klinik fahren.
An der einen Hand meine Jungs und an der anderen Hand mein Mann. Vor uns die psychiatrische Klinik und der Versuch als Mama Ruhe zu verbreiten: ‚Kommt, wir fahren Papa nochmal kurz zum Arzt und ihr könnt die Lichter der Stadt sehen und noch etwas Kleines naschen!‘… ‚Legt mal bitte kurz eure Lego- Steine zur Seite und zieht euch eine Jacke über den Schlafanzug – wir müssen Papa mal kurz vom Bus abholen!‘ Das war der Code für: ‚Papa hat gerade eine Panikattacke und schafft es nicht ohne unsere Hilfe nach Hause.‘
Ich habe gelernt, dass die Kunst darin besteht, Ruhe zu verbreiten und dennoch ehrlich zu sein.
Es geht darum, die Wahrheit so zu verpacken, dass es kleine Kinderherzen verstehen, denn sie spüren sowieso mehr, als wir glauben. Auch dass durfte ich mehrmals schmerzhaft erfahren, als mein großer Sohn die Dinge direkt angesprochen hat. Während ich diese Zeilen schreibe, habe ich einerseits einen unendlich großen Schmerz in mir und andererseits lacht mein Herz vor Freude und Dankbarkeit.
Neben mir sitzen zwei wunderbare kleine Jungs, die mir so viel Liebe entgegenbringen und nicht zerbrochen sind. Meine kleinen, großen Jungs, die schon mit 4 und 6 Jahren so tief über ihre Gefühle und Gedanken sprechen können, die ihrem Papa mit einer unfassbar großen Liebe begegnen und einfach bedingungslos lieben: ‚Du bist der beste Papa der Welt!‘
Mein Mann ist gerade zur Therapie und stellt sich seinen Ängsten und seiner Vergangenheit.
Auch wenn wir noch mitten im Sturm unterwegs sind und meine Kräfte immer weniger werden, darf ich wissen, dass wir alle an den letzten Jahren zerbrochen wären, wenn wir Gottes Liebe und seine spürbare Gegenwart nicht in unserem Leben hätten und seine Kraft nicht unerschöpflich wäre. Ihre Kinder zu beschützen, ist wohl eines der größten Anliegen, die eine Mama hat. Ich musste bislang mehrmals auf eine erbarmungslose Härte erfahren, dass ich das nicht im Geringsten kann.
Oft frage ich mich: ‚Warum müssen meine Kinder so viel Schmerz erfahren? Wie viel kann ein kleines Kinderherz verkraften?‘ Diese Gedanken können eine Mama zerbrechen lassen. Deshalb habe ich gelernt und das möchte ich dir, liebe Mama, wenn du in einer ähnlichen Situation bist, zusprechen, dass es in allem Schmerz und in aller Ohnmacht um einen Blickwechsel geht: Ja, meine Kinder müssen gerade lernen, was Zerbrechen bedeutet und wenn es immer einen Elternteil gibt, der gerade zu wenig Kraft hat.
Aber sie dürfen für ihr Leben lernen, dass man auch in schweren Zeiten Gründe finden darf, um dankbar zu sein.
Um zu lachen, um von sich selbst wegzuschauen und dass es Menschen gibt, die helfen, die stützen und man nicht allein durch den Sturm muss. Sie dürfen lernen, dass es in Ordnung ist, Schwäche zu zeigen, dass es auch schwierige Zeiten gibt und dass es dann genau darum geht, dass man nicht sofort getrennte Wege bestreitet.
Es ist ok, seine Masken abzulegen und sich einzugestehen, dass man gerade keine Kraft hat, um aufzustehen und dass man Ruheoasen nutzen und aufkommende Gewitter in einer gemütlichen Hütte aussitzen darf. Wie wertvoll tiefe Freundschaften und familiärer Zusammenhalt ist, zeigt sich genau dann, wenn man gerade nichts zurück geben kann.
Zu unserer Hochzeit hat mir eine Freundin zugesprochen: Liebe ist eine Entscheidung.
Das kann ich nach den letzten 10 Jahren von ganzem Herzen bestätigen. Ich habe mich für meinen Mann entschieden und nicht für seine Depression. Für meine Kinder und deren Wachstum und nicht für deren mögliches Zerbrechen. Für mein geistiges Wachstum und für Dankbarkeit.
An jedem neuen Tag. Bei jedem neuen Gewitter, weil wir einen Gott haben, der Stürme beruhigen kann und Hoffnung in der größten Ohnmacht schenkt.”
Liebe Maria, vielen Dank, dass wir deine Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!
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