Nora Imlau: „Gefühlsstarke Kinder kämpfen nicht gegen uns, sie sorgen für sich.”

Dein Kind erlebt alle Emotionen sehr intensiv und sein starker Willen und seine Gefühlsstürme treiben dir manchmal die Schweißperlen auf die Stirn? Wenn du dann noch feststellst, dass dein Kind besonders aktiv und lebhaft ist, wenig schläft und gleichzeitig sehr sensibel ist, dann hast du vielleicht ein gefühlsstarkes Kind.

Auch wenn es für dich manchmal herausfordernd sein kann, mit den Ausbrüchen deines Kindes umzugehen: Dein Kind braucht eine besonders feinfühlige Begleitung. Was das bedeutet und wie du am besten damit umgehst, erklärt dir Autorin Nora Imlau, die dem Thema das Buch „So viel Freude, so viel Wut: Gefühlsstarke Kinder verstehen und begleiten”* gewidmet und den Begriff maßgeblich geprägt hat.

Liebe Nora, woran erkenne ich ein gefühlsstarkes Kind?

„Wenn ein Kind sämtliche Gefühle und Bedürfnisse sehr intensiv empfindet, wenn es überdurchschnittlich willensstark, hartnäckig und ausdauernd ist, motorisch oft extrem fit und bewegungsfreudig, wenn es sich schwertut mit dem Ein- und Durchschlafen, sehr viel körperliche Rückversicherung braucht, gleichzeitig sehr sensibel und sehr aufbrausend ist – dann ist es wahrscheinlich ein gefühlsstarkes Kind.”

Was bedeutet das für den Familienalltag?

„Ein gefühlsstarkes Kind braucht im Alltag mehr Verständnis und Geduld, aber auch engere Begleitung. Durch sein sehr empfindliches Nervensystem überreizt es schnell, was dann zu regelrechten ‚Systemabstürzen‘ führen kann: Das Kind rastet aus und kann sich selbst nicht mehr helfen.

Deshalb brauchen gefühlsstarke Kinder einfühlsame Bindungspersonen, die ihnen helfen, mit den alltäglichen Anforderungen umzugehen. Und die Eltern brauchen teilweise ihrerseits Nerven wie Drahtseile, weil es sehr viel Kraft kostet, ein gefühlsstarkes Kind einfühlsam und gleichzeitig klar zu begleiten.”

Was sollten Eltern berücksichtigen, wenn sie ein gefühlsstarkes Kind begleiten?

„Diese Kinder machen kein Drama, sie erleben ein Drama. Sie entscheiden sich nicht dafür, Wutanfälle zu bekommen oder nicht von ihrem Willen abzuweichen. Sie können nicht anders. Ihr Nervensystem und ihre Hirnstrukturen sind so angelegt, dass sie extrem stressempfindlich sind und gleichzeitig sehr aufbrausend.

Sie empfinden Frustrationen besonders intensiv, und sind oft selbst regelrecht überwältigt von ihren starken Gefühlen. Jede Form von Druck, auch jede Androhung von Konsequenzen, macht alles nur schlimmer. Stattdessen brauchen diese Kinder viel Co-Regulation, also einfühlsame Begleitung durch herausfordernde Situationen, damit sie von ihnen nicht überwältigt werden.”

Was kann dabei herausfordernd sein?

„Gefühlsstarke Kinder wirken oft dominant und gleichzeitig undankbar, doch das sind sie nicht. Sie können sich einfach nur nicht so verhalten, wie wir das von Kindern oft erwarten. Eltern müssen also lernen, die Signale ihrer Kinder anders zu interpretieren: Diese Kinder kämpfen nicht gegen uns, sie sorgen für sich. Und sie brauchen länger, um gewisse soziale und emotionale Entwicklungsschritte zu erreichen. Das müssen Eltern aushalten lernen.”

Was sind die Stärken von gefühlsstarken Kindern?

„Gefühlsstarke Kinder sind oft unglaublich leidenschaftlich, sie können sich sehr enthusiastisch für ihre Interessen begeistern, und sie sind unglaublich zärtlich und liebesfähig. Es ist ein großes Glück, ein gefühlsstarkes Kind ins Leben begleiten zu dürfen – auch wenn es sehr viel Kraft kostet, lernen wir dabei doch so viel. Vor allem über uns selbst. Was für eine Chance!”

Vielen Dank an Nora Imlau für das Beantworten unserer Fragen!

Nora Imlau, Foto: Nessi Gassmann

Nora Imlau, Foto: Nessi Gassmann

Du interessierst dich für das Thema gefühlsstarke Kinder und möchtest gerne noch mehr dazu erfahren? Dann empfehlen wir dir das Buch von Nora Imlau:

So viel Freude, so viel Wut: Gefühlsstarke Kinder verstehen und begleiten
Gefühlsstarke Kinder – so nennt Nora Imlau Jungen und Mädchen, die von Geburt an anders sind als andere Kinder: wilder, bedürfnisstärker, fordernder. Aber gleichzeitig auch feinfühliger, sensibler, verletzlicher.

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Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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