Wenn der Babybauch immer runder wird, kommt irgendwann der Moment, an dem jede Mama realisiert: Jetzt naht die Geburt. Und gerade, wenn es die erste Schwangerschaft ist, meldet sich neben der Vorfreude auch immer eine gewisse Angst. Wenig hilfreich sind dann natürlich die diversen Horrorstorys, die im Umlauf sind.
Allen werdenden Mamas möchten wir deshalb diesen wunderbaren, mutmachenden Text ans Herz legen. Geschrieben hat ihn Bloggerin Julia Bendig von Flausenkind:
„Es ist unglaublich, dass der weibliche Körper ein eigenes Organ produziert, um daraus ein neuen Menschen zu nähren und zu produzieren. Und noch unglaublicher ist es, wie dieser Zauberkasten während der Geburt funktioniert, damit ein neuer Mensch das Licht der Welt erblickt.
Doch ich habe das Gefühl, dass viele Frauen diese Faszination gegenüber der Geburt verlieren und statt dessen nur noch große Angst vorherrscht. Scheinbar gibt es nur furchtbare Geburtsgeschichten, die jedes Mal extremer ausgeschmückt werden. Positive Geburtsberichte hingegen hört man selten.
Wenn ich sage, dass ich eine tolle Geburt hatte und mich auf die nächste freue, werde ich böse angesehen. Wie kann sie nur so etwas sagen? Ich würde erwarten, dass man mich fragt wie und warum ich eine tolle Geburtserfahrung hatte. Fragen wie: Was kann ich tun, damit es bei mir beim nächsten Mal auch so gut wird oder wenigstens besser? Doch es wird sich wieder den dramatischen Geschichten gewidmet.
Ich wünsche mir, dass sich die Frauen mehr unterstützen und erzählen, was gut an ihrer Geburt war. Dass mehr reflektiert wird, was das Erlebnis besser gemacht hätte und warum etwas nicht so gut gelaufen ist. Und dass diese Erkenntnisse dann weiter gegeben werden.
Gute Ratschläge statt Horrorgeschichten!
Ich möchte diesen guten Vorsatz nun wahr machen und berichten, was meiner Meinung nach zu meiner tollen Geburtserfahrung geführt hat. Meine kompletten Geburtsbericht findet ihr ebenfalls in meinem Blog. Doch Achtung: Es gehörte viel Vorbereitung dazu.
Work it, Baby!
Wie hört man es so oft: Die Geburt ist ein Marathon. Abgesehen davon, dass ich niemals einen Marathon laufen würde, bezweifle ich, das jemand unvorbereitet in einen Marathon geht. Deswegen ist mein erster Rat: Macht Sport bis zur Geburt. Ich habe tatsächlich noch einen Tag vor der Geburt Schwangerschaftsyoga gemacht. Ich weiß, dass Yoga nicht jedermanns Sache ist. Vielleicht gefällt euch die Yogalehrerin im Schwangerschaftskurs auch nicht. Doch es gibt sehr viele Arten von Yoga und das Internet bietet zahlreiche Videos für jeden Geschmack. So kann man ungezwungen vorm Fernseher herum turnen. Alternativ könnte Qi Gong oder Thai Chi vielleicht eher interessant für euch sein. Schwimmen war für mich eine wieder entdeckte Leidenschaft, die mich auch mental gut abschalten lässt.
Alles zusammen genommen, habe ich zwei bis drei Mal pro Woche je 30 min Sport gemacht. Meiner Meinung nach hat das dazu beigetragen, dass ich sehr wenig Schwangerschaftsbeschwerden hatte und mir die Winterstiefel auch am Tag der Geburt noch alleine anziehen konnte.
Huch, da passiert bald was!
Die ersten Senkwehen waren für mich ein guter Weckruf. Plötzlich fiel mir auf, dass ich die mentale Vorbereitung vor mir her geschoben habe. Doch dieser Punkt ist wahrscheinlich wichtiger als die körperliche Vorbereitung! Ich fragte mich: Was tue ich, wenn ich jetzt richtige Wehen bekomme? Bekomme ich Panik oder Angst? Wie war das nochmal mit den Geburtspositionen?
Ich verbrachte also ein Wochenende im Internet und sah mir Videos von natürlichen, medikamentenfreien Geburten an. Seht euch auf gar keinen Fall Filme an, in denen die Frau 10 Liter Fruchtwasser schwallartig verliert, kreischt, auf dem Rücken liegt und das beste Stück ihres Mannes verflucht. Das ist unrealistisch. Es gibt wirklich tolle Berichte und ganze Videos von natürlichen Geburten auf Youtube und diese Frauen geben hilfreiche Ratschläge wie man mit dem Schmerz umgehen kann. Das hat mich inspiriert und positiv gestärkt.
Ist sie die Richtige für mich?
Positiv gestärkt haben mich auch zwei Frauen: meine Yogalehrerin/Geburtskursleiterin und meine Hebamme.
Meine Yogalehrerin war unglaublich inspirierend und hatte eine tolle Art, die Geburt zu beschreiben und uns Schwangere zu motivieren. Sie beschrieb es als positiven Kampf, aus dem man als Heldin herausgeht. Diese Stärke durfte ich während der Geburt spüren und sie wird nun immer ein Teil von mir sein.
Meine Hebamme war unglaublich geduldig und beantwortete Fragen auch zehn Mal. Eine Hebamme, die Fragen ausweicht nach dem Motto ,Mach dir darüber keine Sorgen´ wäre nicht passend für mich gewesen. Mein Ratschlag ist also: Sucht euch eine Hebamme und einen Geburtskurs, die zu euch passen und euch bestärken.
Das tiefe U oder das hohe O?
Am meisten hat mir unter der Geburt tatsächlich das Tönen aus dem Yogakurs geholfen, den Schmerz nicht so stark zu spüren. Das hatte ich vorher geübt, auch wenn ich mir albern vorkam. Ich habe solange bei schummrigen Licht mit geschlossenen Augen verschiedene Töne lang vor mich hingesagt, bis ich den richtigen fand und mir nicht mehr albern vorkam. Das hat zugegeben einige Abende gedauert, aber das tiefe U hat mich und mein Baby während und vor der Geburt sehr entspannt. Springt über euren Schatten und tönt was das Zeug hält!
Po nach vorne oder hinten?
Ein wichtiger Faktor sind die Wehen- und Geburtspositionen. Ich wollte nicht erst während der Geburt darüber nachdenken, welche Position auf dem Zettel nochmal gut aussah. Deswegen habe ich auch das geübt und mein Mann durfte mitmachen. Was mache ich während der Wehen am Anfang? Wo ist mein Partner dabei? In welcher Position möchte ich mein Kind gebären? Ich war während der Geburt mehr mit der Frage beschäftigt, ob es jetzt wirklich soweit ist, und hätte keinen Gedanken frei gehabt, um Positionen auf Zetteln zu interpretieren.
Willst du mit mir gehen?
Von der Begleitperson bei einer Geburt wird sehr viel abverlangt. Dieser Job ist unheimlich anspruchsvoll. Diese Person soll euch den Wunsch von den tönenden Lippen ablesen und dabei ein Fels in der Brandung sein. Besprecht also vorher genau, wie ihr euch die Geburt vorstellt, was diese Person wann machen soll und kann und wann von diesem Plan abgewichen werden soll. Mein Mann musste ungefähr zehn Mal der Hebamme erklären, dass ich wirklich keine Medikamente möchte und wirklich nicht auf den Rücken liegen möchte. Das erfordert sehr viel Durchhaltevermögen und Vertrauen in die Intuition der Gebärenden.
Nicht jeder Mensch ist dem gewachsen. Gerade nach einer negativen Geburtserfahrung sollte man überdenken, ob man die traumatisierte Person noch einmal mitnimmt und/oder vielleicht zusätzlich jemanden dazu nimmt. Alternativ kann man sich eine Hebamme suchen, die als Beleghebamme im gewünschten Krankenhaus arbeitet. Unabhängig davon gibt es auch sogenannte „Doulas“, die sich auf die Geburtsbegleitung spezialisiert haben. Auf jeden Fall brauchte ich eine starke Unterstützung, die mich verteidigte und mir half als ich es nicht mehr konnte.
Juchu, es geht los!
Die Wehen setzen ein und ihr wisst: Jetzt geht es los. Freut euch: Bald feiert ihr Kindergeburtstag! Also packt viel Wasser, Traubenzucker, Müsliriegel und Nüsse ein und auf geht es mit gepackten Koffern zur Party. Ich habe während der Geburt ungefähr 3 Liter Wasser, 6 Stück Traubenzucker, einen Müsliriegel und zwei Nutellabrote verspeist. Marathonläufer machen das bestimmt auch so… Macht euch keine Sorgen um Darmentleerung während der Geburt, denn das machen die Hebammen diskret weg, bevor der Babykopf zu sehen ist. Die Energie braucht ihr jedoch.
Mir hat es ebenfalls sehr geholfen, mich nicht hässlich zu fühlen während der Geburt. Der Krankenhauskittel und die Erwachsenenwindel hätten mich sehr abgelenkt. Also habe ich auf meinen Bikini und das bunte Top bestanden. Es gibt übrigens auch kleinere Binden im Krankenhaus statt der Erwachsenenwindeln.
Gebt euch selbst nicht am Empfang ab!
Das führt mich gleich zum nächsten Punkt: Bleibt bei eurem Plan, solange es Sinn macht. Natürlich gibt es Punkte, an denen der Arzt oder die Hebamme eingreifen müssen, doch bis dahin passiert einiges. Meine Geburtskursleiterin sagte immer so schön ,Gebt euch selbst nicht am Empfang ab und bleibt selbstbestimmt.` Ich wurde mehrmals von der Hebamme gefragt, ob ich nicht endlich die Windeln anziehen möchte, Medikamente haben möchte oder mich auf den Rücken legen soll. Die Verlockung da nachzugeben, damit man die Frage nicht zum zehnten Mal hört, ist groß. Mir wurde sogar gesagt, dass ich aufhören sollte zu Tönen, weil ich sonst heiser werde. Diese Begründung schien mir äußerst absurd und ich tat weiterhin, was mir gut tat. So etwas kann eure Begleitperson auch gut abwehren. Übrigens habe ich zwölf Stunden lang getönt und bin nicht heiser geworden.
Ablenkungen reduzieren!
Bewegung ist während der Geburt sehr wichtig, aber es gibt Orte, die man meiden sollte: Das CTG, den Wehenschreiber und den Flur. Das CTG-Wehenschreiber-Gerät hat mich anfangs sehr abgelenkt, da es die Wehen nicht so anzeigte, wie ich sie fühlte. Zusätzlich verrutschte der Sensor für die Herztöne ständig und dann piepte es. Dann verdeckten wir das Gerät und ich konnte mich wieder nur auf mich und mein Baby konzentrieren.
Der Flur hingegen ist wahrscheinlich einer der schlechtesten Orte, an denen man sich während der Wehen aufhält. Es gibt so schöne Dinge im Vorwehenzimmer, von der Sprossenwand über den Ball zur Matte. Auf dem Flur hört man andere Frauen in den Wehen, sieht Frauen mit ihrem Baby nach der Geburt, hat grelleres Licht und sieht die rennenden Hebammen. All das lenkt unglaublich ab, setzt unter Druck und man ist nicht mehr bei seiner eigenen Geburt. Vermeidet diese Ablenkung und hört lieber in euren Körper hinein!
Es gibt immer eine Pause!
Neben dem Tönen und der Bewegung hat mir auch die Kreuzbeinmassage sehr geholfen. Doch ab und zu habe ich es mal geschafft zu denken. Zwei Gedanken halfen mir den Schmerz besser zu verkraften. Der erste wichtige Gedanke: Es gibt immer eine Pause. Jede Wehe hat einen Anfang und eine Ende. Gerade während des Höhepunktes war es wichtig zu wissen: Es ist gleich vorbei, dann kommt eine Pause zum Durchatmen und dann geht es weiter. Vielleicht führt euch sogar euer Partner, die Hebamme oder Doula so wörtlich durch die Wehen. Der zweite Gedanke ist etwas unkonventieller: ,Ich zeig es euch allen, dass ich diese Geburt hier meistere. So etwas habt ihr noch nicht gesehen!´ Jedem das Seine…
Zu guter Letzt die Austreibungsphase. Ich fand es unglaublich toll zu spüren, wie meine Gebärmutter pulsierte, um mein Baby nach draußen zu schieben. In dieser Phase empfand ich keinen Schmerz mehr. Es war ein purer Kraftakt wie im Fitnessstudio. Die Geburtsposition ist sehr wichtig. In Rückenlage mit allen Gesichtern zu mir und dann auch noch entgegen der Schwerkraft, hätte für mich nicht funktioniert. Die Rückenlage ist die schlechteste Geburtsposition, die ihr einnehmen könnt bzw. die Beste, wenn ihr euch die Geburt unnötig erschweren wollt. Ich war auf allen Vieren mit aufgerichteter Lehne und kann diese Position empfehlen. An den Griffen kann man sich gut fest halten und zwischen den Presswehen habe ich meinen Kopf in der Liege vergraben. So war ich ganz bei der Geburt. Lasst euch nicht auf den Rücken zwingen und verdeutlicht diesen Wunsch der Hebamme lange vor der Austreibungsphase.
Freut euch!
Es gibt noch tausende andere Ratschläge da draußen, von denen ihr nur die für euch passenden heraus suchen müsst. Oft muss man sehr genau nachfragen oder gut recherchieren, aber es lohnt sich! Nehmt euch die Zeit zur Vorbereitung und freut euch auf die Geburt!“
Wir danken Julia für diesen offenen und aufmunternden Text! Besucht doch einmal ihren Blog Flausenkind oder Julias Facebookseite und klickt euch durch die wunderbaren Geschichten.