„Mein Gott, nun nimm die Kleine doch nicht immer gleich hoch. Sie hält das schon aus, mal kurz zu weinen!“
„Euer Kind wird wohl auch erst bei der Einschulung im eigenen Zimmer schlafen, was?“
Uff, „danke“ für diese Kommentare. Sie nerven nicht nur extrem, sie stellen auch meine Kompetenz als Mama in Frage – und da ich das leider oft genug auch selbst tun, hinterlassen sie manchmal eine nagende Unsicherheit:
Verwöhne ich mein Baby doch zu sehr?
Weint es nicht tatsächlich oft, wenn gar nix los ist, damit ich springe? Und werden mein Mann und ich jemals wieder unser Bett für uns haben, wenn wir unseren Schatz nicht bald an sein eigenes gewöhnen? Hilfe!
Verwöhnen – dieses Wort hat in Sachen Erziehung einen negativen Beigeschmack. Bei Babys ist damit meistens gemeint, dass wir zu schnell auf die Bedürfnisse unserer Mäuse eingehen. Wir reagieren sofort auf ein Weinen, wir tragen sie den Großteil des Tages oder sie schlafen bei uns im Bett oder zumindest in unserem Schlafzimmer. Das kann nicht gutgehen, meinen viele, irgendwann wird uns dieses Kind terrorisieren. Haben diese „harten Hunde“ etwa recht?
Züchten wir uns echte Gören heran, die uns auf der Nase herumtanzen, wenn wir nicht von Anfang an klare Grenzen setzen?
Die beruhigende Antwort lautet: Nein, ganz sicher nicht! Und das ist sogar bewiesen.
Ein liebevoller Umgang hat nichts mit Verwöhnen zu tun. Babys kommen völlig schutzlos und ohne Erfahrungen auf die Welt. Alles ist fremd, alles kann bedrohlich wirken – Mama und Papa sind erstmal die einzig verlässliche Rettung. Sie geben Wärme und Nähe, stillen das unangenehme leere Gefühl im Magen und sorgen dafür, dass das Baby nicht schwitzt oder friert. Mama und Papa sind alles.
Ist dieses Urvertrauen nicht etwas Wunderschönes? Wir sollten alles daran setzen, es nicht zu erschüttern, denn es ist wichtig für ein gelingendes Leben.
Dafür brauchen Babys zuverlässige Reaktionen auf ihre Grundbedürfnisse. Sie werden nicht verwöhnt, sondern liebevoll und sanft getröstet.
Und genau deshalb dürfen und müssen wir so handeln, wie wir es für richtig halten. Denn wir Mamas können uns selbstbewusst herausnehmen, dass wir unser Kind am besten kennen und wissen, was es gerade braucht.
Und kein Baby der Welt ist so raffiniert, dass es grundlos weint, nur damit Mama es hochnimmt. Um uns gezielt manipulieren zu können, müsste es schon über eine gehörige Portion Empathie verfügen, also wissen, was ein bestimmtes Handeln in uns auslöst. Empathie entwickelt sich aber erst ab drei Jahren, und das auch nur ganz langsam.
Fakt ist: Ein Baby kann sich nicht anders ausdrücken – es ist immer etwas los, wenn es schreit. Mal etwas mehr, mal etwas weniger Schwerwiegendes. Denn eines merkt es schon: Wenn ich mich melde, wird mir aus meiner Not geholfen. Und wir Mamas können glücklich und stolz sein, dass es diese Erfahrung gemacht hat.
Ganz sicher: Aus umsorgten Babys werden keine Tyrannen, sondern zufriedene und glückliche Kinder. Die dann erzogen werden können und müssen, wenn sie dafür bereit sind.
Übrigens: Oftmals sind es Menschen aus der Generation unserer Eltern und Großeltern, die uns des Verwöhnens „bezichtigen“. Das liegt daran, dass ihnen von den damaligen Experten noch ganz andere Erziehungsmethoden nahegelegt wurden, um die Kinder von Anfang auf das echte Leben vorzubereiten. Auch sie wollten nur das Beste für ihre Babys und haben so gehandelt, wie sie es für richtig hielten. Es fällt ihnen oftmals schwer umzudenken – und so sind ihre Kommentare meist gar nicht so hartherzig gemeint, wie es uns vorkommt. Da hilft nur: „Hier rein, da raus“ und stur den eigenen Weg gehen.
Denn zum Glück wissen wir heute so viel mehr über die zarten Seelen unserer Kleinen.