„Ich bin die Frau mit dem toten Baby“

Ein Baby zu verlieren ist wahrscheinlich das Traurigste, was eine werdende Mutter durchmachen kann. Meistens weiß man als Schwester, Freundin oder Kollegin nicht, was man sagen soll, um Trost zu spenden. Wir versuchen, das Thema zu wechseln und abzulenken, weil wir die Mama nicht noch trauriger machen wollen. Wir fragen, wie es ihr geht, aber halten die Antwort kaum aus.

Rachel Whalen hat auf auf ihrem Blog „An Unexpected Family Outing“ einen sehr persönlichen Text darüber geschrieben, wie man sich einer vertrauten Person gegenüber verhalten sollte, die gerade ihr Baby verloren hat:

„Ich bin die Frau mit dem toten Baby.
Es ist in Ordnung, ich darf das so unverblümt sagen, weil es meine Realität ist. Ich bin die Frau, deren Baby gestorben ist. An einem Tag war mein Baby am Leben, und am nächsten ist sie gestorben. Das ist, was passiert ist. Ich fühle mich nicht angegriffen, wenn du das anerkennst.
Es verletzt mich mehr, wenn du es nicht tust.
Weißt du, ich weiß, dass mein Baby gestorben ist. Ich werde das nie vergessen. Wenn du also darüber flüsterst, als wäre es ein Geheimnis wofür ich mich schämen sollte, gibt es mir das Gefühl als würdest du dich für mich schämen.

Ich schäme mich nicht für mein Baby, und nicht dafür, dass sie gestorben ist. Ich bin traurig, dass sie gestorben ist. Das ist was anderes.

Ich darf traurig sein, weil mein Baby gestorben ist. Bitte höre auf mich aufzumuntern. Es fühlt es sich an, als würdest du das, was geschehen ist kleinreden wollen. Mich zu unterstützen bedeutet nicht, mich aufmuntern zu wollen. Es bedeutet, da zu sein, da zu bleiben. Wenn du meine Gefühle aushältst, erkennst du meine Tochter an.

Wenn ich den Namen meiner Tochter erwähne und du ungeschickt versuchst, das Thema zu wechseln, tust du das nicht um mir zu helfen. Du gehst meiner Tochter aus dem Weg, weil dir das Thema unangenehm ist. Wenn du über jemanden sprechen würdest, den du verloren hast, und ich würde deinem Blick ausweichen oder krampfhaft versuchen, das Thema zu wechseln, würde dir das auch weh tun. Mir geht es genauso.

Mein Baby ist kein „unangenehmes“ Thema. Sie ist eine Person. Sie ist meine Tochter. Ich fühle mich nicht unwohl dabei, wieso solltest du dich so fühlen?

Ich weiß, du tust das alles mit den besten Absichten, aber deine guten Absichten tun weh. Während du dann nach Hause gehst, mit deinem guten Absichten, bleibe ich zurück mit den Schmerzen, die du verursacht hast.

Ich mag die Frau mit dem toten Baby sein. Aber du kannst immer noch so mit mir reden, wie du es getan hast, als ich noch die Frau war, die ein Baby bekommt. Du kannst ihren Namen sagen und mir damit zeigen, dass sie dir wichtig ist.
Du kannst mich immer noch fragen, wie es mir geht, und auf meine Antwort warten.

Bitte ignoriere nicht mein neues Leben, vor allem, wenn ich es so sehr teilen will. Ich habe den Tod meines Baby nie zu einem Geheimnis gemacht, also brauche ich deine Hilfe auch nicht, um ihn geheim zu halten. Deshalb ist es so hart: Ich muss immer wieder über sie sprechen, ihren Namen sagen, weil sie es nicht kann. Und ich kann nicht damit aufhören, weil sie dann verschwinden wird.

Ich weiss, du würdest alles tun um zu ändern, was mir passiert ist. Aber das kannst du nicht. Ich werde immer die Frau sein, deren Baby gestorben ist. Ich werde immer die Frau sein, die ohne ihr Kind leben muss. Es ist ok für mich, darüber zu sprechen. Und für dich?“

Laura Dieckmann

Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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