Sein eigenes Kind beerdigen zu müssen, ist für uns Eltern ganz sicher die schlimmste Vorstellung. Es ist einfach nicht richtig, dass wir unsere Kleinen überleben – und trotzdem passiert es. Allein der Gedanke daran lässt in mir ein ganz trauriges Gefühl aufkommen.
Unsere „Echte Mama“ Maria hat ihre Tochter Yasmin verloren, bevor sie ihren fünften Geburtstag feiern konnten. Sie ist an den Folgen einer Infektion gestorben. Yasmin hatte noch zwei jüngere Geschwister und hat mit ihnen und ihren Eltern in Rostock gelebt. Maria und David, Yasmins Papa, sind sich ganz sicher, dass ihre Kleine noch leben würde, wenn die Uni-Klinik mit den ersten Anzeichen anders umgegangen wäre. Vier Jahre nach dem Tod der Kleinen durch Klinik-Keime haben sie sich deshalb dazu entschlossen, das Krankenhaus zu verklagen. Sie wollen andere Eltern vor dem Schmerz schützen, den sie erleben mussten.
Vielen Dank Maria, dass du deine unglaublich bewegende Geschichte mit uns teilst!
„Liebe Mamas,
ich möchte euch meine Geschichte erzählen.
Mein Engel Yasmin ist am 11. November 2014 gestorben. Wenige Monate vor ihrem fünften Geburtstag. Durch Klinik-Keime.
Meine Kleine hatte es in ihrem Leben von Anfang an nicht ganz einfach. Als sie ein Jahr alt war, haben die Ärzte eine Schädigung ihrer Nieren festgestellt. Im Januar 2014 ist sie wegen eines akuten Harnweginfekts, einer sogenannten Urosepsis mit Nierenversagen, in der Uni-Kinderklinik behandelt worden.
Ein paar Monate später, am 01. September 2014, musste Yasmin noch einmal ins Krankenhaus. Sie litt an Epilepsie und hatte in der Kita einen Anfall. Sie war jetzt auf der neurologischen Station unter Beobachtung und ihre Medikamente sollten neu eingestellt werden. Schon wieder Krankenhaus. Eine ganze Woche hat meine Tochter Infusionen bekommen, dann durfte sie wieder nach Hause. Als sie ins Krankenhaus kam, hatte sie keinerlei Wunden. Sie war noch gesund. Als wir am Freitag aus dem Krankenhaus entlassen wurden, hatte meine Kleine dann hohes Fieber. Das beunruhigte mich. Ich erinnere mich, dass die Ärzte zu mir nur meinten: Alles halb so schlimm.
Ich hatte trotzdem ein ungutes Gefühl in mir.
Das Fieber ging einfach nicht weg. Es wurde sogar noch schlimmer und ist an dem Sonntag auf über 40 Grad gestiegen. Wir haben uns solche Sorgen gemacht. Vor allem, weil Yasmin in der Vergangenheit schon sehr anfällig war und eine auffällige Krankheitsgeschichte hat. Wir sind dann direkt mit ihr in die Klinik gefahren.
An dem Tag war eine junge Kinderärztin im Dienst. Sie kannte Yasmin, weil sie meine Kleine schon öfter behandelt hatte. Eigentlich kannte uns jeder in dieser Klinik. Und jeder wusste, dass bei Yasmins Krankengeschichte immer die Gefahr groß war, dass sie wieder einen schlimmen Infekt haben könnte. Die Kinderärztin hat Yasmin aber nur in den Hals und die Ohren geschaut. Wegen der Rötungen hat sie fiebersenkende Mittel verschrieben und uns um 2 Uhr nachts nach Hause geschickt. Die Ärztin hat weder einen Bluttest noch weitergehende Untersuchungen durchgeführt – im Nachhinein ein großer Fehler.
Ein Kinderarzt hat mir später mal gesagt, dass die Klinik an diesem Abend – dem 6. September 2014 – 20 Fälle von normalen Erkältungen hatte. Wir waren für die Ärztin nur der Fall „Erkältung Nummer 21“.
Die ersten Tage hatte ich das Gefühl, dass es ein bisschen besser wurde. Die Ärztin hatte scheinbar doch recht, und es war nur eine normale Erkältung. Am Mittwoch darauf hat Yasmins Papa David ihre kleines Geschwisterchen in die Kita gebracht.
Ich erinnere mich noch genau an das, was dann geschah. Ich wollte meine Kleine fertig machen. Aber als ich sie angefasst habe, bekam sie plötzlich Blutblasen im Gesicht. Ich war völlig geschockt. Sofort sind wir ins Krankenhaus gefahren. Zu diesem Zeitpunkt war Yasmin kaum noch ansprechbar. Ich hatte solche Sorgen um meinen Engel. Erst jetzt hat die Kinderklinik Bluttests gemacht, das Ergebnis: Yasmins Blut gerinnt nicht mehr. Eine Blutvergiftung. Sie hat Antibiotika und Bluttransfusionen bekommen und wurde ins künstliche Koma versetzt. Für meinen Schatz kam jede Hilfe zu spät. Acht Wochen lang hat sie gelitten. Die Kinderklinik hat noch einen Kinder-Kardiologen beauftragt, das Krankenhaus hatte damals keinen eigenen. Es wurde dann entschieden, dass meine Yasmin in die Berliner Charité verlegt wird. Wir sind mit dem Hubschrauber dorthin geflogen.
Ich hatte ein schreckliches Gefühl in mir und spürte die ganze Zeit meine riesige Angst um meine Tochter. Ich hatte nur den Wunsch, dass sie wieder gesund wird. In Berlin haben die Ärzte Wucherungen an den Herzklappen entdeckt. Sie sagten mir, dass die Bakterien aussahen wie Blumenkohl, Staphylococcus aureus. Möglicherweise ein gegen Antibiotika resistenter Stamm dieser so genannten Klinik-Keime. Mit Sicherheit hat sich meine Yasmin bei ihrem Besuch im Krankenhaus damit infiziert – kein Wunder wenn die Reinigungskräfte gerade einmal zwei Minuten Zeit pro Zimmer haben.
Die Keime haben den Körper meiner Kleinen von innen zerfressen. Mir wird immer noch ganz anders, wenn ich daran denke. Ich wusste, dass mein Wunsch, meine Tochter wieder gesund mit nach Hause zu nehmen, nicht in Erfüllung gehen würde. Trotzdem wollte ich, dass Yasmin ihre letzten Tage in Rostock verbringen kann.
Die Entscheidung, die Yasmins Papa und ich dann treffen mussten, war schrecklich. Die Ärzte sagten uns, dass wir einen Tag aussuchen sollten, an dem die lebenserhaltenden Maßnahmen beendet werden. Ich musste entscheiden, wann das Leben von meinem kleinen Engel vorbei sein würde. Es hat so weh getan.
Am 11. November 2014 ist meine Yasmin an den Folgen der Infektion gestorben. Sie war doch nicht einmal fünf Jahre alt!? Sie sollte doch noch so viel auf dieser Welt sehen.
Es hat mich innerlich zerrissen – und meine Ehe auch. 24 Stunden am Tag waren wir für die Kinder da. Wir waren keine Menschen mehr und hatten keine Zeit, uns auch noch um unsere Beziehung zu kümmern. Für unsere Kinder halten wir als Familie trotzdem zusammen, das war nie eine Frage.
Wenn wir die Geschichte von unserer Kleinen heute erzählen, dann ganz ruhig. Wir haben immer noch Tränen in den Augen, aber wir können einfach nicht mehr weinen. Ich habe so viel geweint. So viel.
Es hat vier Jahre gedauert, bis David und ich uns entschlossen haben, die Uni-Medizin zu verklagen. Aber wir müssen dem Tod unserer Yasmin einen Sinn geben. Wir müssen andere Eltern davor schützen, ihre eigenen Kinder zu überleben. Es geht darum, etwas an der Uni-Klinik zu bewegen. Wir brauchen ein Krankenhaus, in dem unsere Kinder, immer und jederzeit die richtige Hilfe bekommen. Eine Klinik, auf die wir uns verlassen können und der wir vertrauen.
Die Klage stellt mich wirklich vor riesige Herausforderungen. Aber ich weiß, dass ich für meine Tochter kämpfe. Mein neuer Partner Sven, mit dem ich einen gemeinsamen Sohn habe, unterstützt mich dabei und ist immer an meiner Seite. Er gibt mir in dieser schweren Zeit Kraft und Halt. Ohne ihn würde ich das alles nicht schaffen.
Ich bin mir ganz sicher: Hätte uns die Klinik damals nicht einfach nach Hause geschickt, hätten wir am 15. Februar Yasmins neunten Geburtstag feiern können. Wir hätten ganz bestimmt groß für sie gefeiert, alle zusammen und die Sonne hätte geschienen.“
Maria, wir wünschen dir und deiner Familie von Herzen alles Glück dieser Erde und ganz viel Kraft.
Wir danken Lisa Butschalowski für diesen Text.
Sehr sehr traurig , aber wenn ich so ein ungutes Gefühl habe und weiß wie meine Tochter ist dann holen ich mir eine zweite Meinung oder beharre auf weitere Test ist nicht immer einfach aber das hätte Vieleicht was gebracht