Vor Kurzem erreichte uns dieser Text über den Mama-Style, den unsere echte Mama Janin geschrieben hat. Wir fanden diesen ehrlichen Einblick in ihre Familie so herrlich – und ja, haben uns auch in vielem selbst wiedererkannt – dass wir ihn euch nicht vorenthalten möchten:
„Dank Karl Lagerfeld ist mir bewusst, dass ich die Kontrolle über mein Leben verloren habe.
Als ,Mutter des Jahres´ ist es nämlich gar nicht so einfach, gestylt das Haus zu verlassen oder den Mann – in Jogginghose – zu betören. Jeder kennt diesen berühmten Dutt in den Haaren, oder? Mama-Style eben. Das ist noch lange nicht alles, meine Lieben.
Beginnen wir einfach an einem normalen Tag bei uns zuhause. Unsere beiden Kinder, 4 und 6 Jahre alt, wollen immer besonders viel vom Tag haben und beginnen jeden Morgen ab halb sechs, ihre Pläne zu schmieden, wie sie uns wecken.
Dabei passt mir das gerade so gar nicht in den Kram. Gestern Abend saß ich noch lange an meinem Computer, beim Home Office.
Nützt ja aber nix, ich schleiche mich aus meinem Bett und versuche, unbemerkt runter in die Küche zur Kaffeemaschine zu gelangen. Die hat natürlich auch mal wieder ihre täglichen Befindlichkeiten und ich ärgere mich darüber, gestern Abend nicht noch die Bohnen und das Wasser aufgefüllt zu haben. Aber dann brummt sie endlich und der süße Duft der ersten Droge des Tages steigt in meine Nase.
Gleich darauf: Der erste Schrei. ,Mammmmmaaaaaahhhhh,…`!
Die Haare ungekämmt und zusammengeknotet (ich erinnere: Mama-Style!), noch im Schlafanzug und barfuß bereite ich die erste von gefühlten zehn Mahlzeiten des Tages zu.
Frühstück. Brote, Müsli und Kakao. Nur eine von beiden Tassen darf gerührt werden, die andere muss wärmer sein und weniger Pulver haben und wehe, daran ist nachher etwas falsch…. Während sie essen, hoffentlich ohne zu streiten oder sonstigen Blödsinn zu machen, will ich versuchen, mich schnell anzuziehen.
So zumindest der Plan….
Unter meinen nackten Füßen tummeln sich Krümel ohne Ende. (M)ein Zeichen, das es Zeit ist zu putzen… Ich bin keine Sagrotanmutter, aber ich brauche Ordnung und Sauberkeit. Zumindest versuche ich, alles sauber zu halten. Mit Unordnung kann ich schlecht umgehen. Also schlüpfe ich schnell in meinen Jogginganzug und stelle mir den Staubsauger bereit.
Die beiden räumen brav ihre Schüssel auf die Spüle und gehen ins Spielzimmer. So früh am Morgen das ganze Haus zu wecken, war wahrscheinlich anstrengend. Also wird jetzt erst mal was Ruhiges gespielt, bevor getobt und gebrüllt wird.
Das ist mein Startschuss. Ich fange schnell an, alles zu putzen und nehme mir zum dritten Tag in Folge vor, die Wäscheberge oben noch in die Schränke zu sortieren. Wahrscheinlich werden meine Kinder für diese Zeit dann vor dem Fernseher geparkt, aber es geht nicht anders. Inzwischen fehlen dem Sohn Socken, der Tochter Unterhosen und dem Gatten Arbeitshemden.
Mir fehlt dagegen eine Dusche und Zeit, meine Zähne zu putzen und die Haare zu kämmen.
Fast fertig mit der Wäsche, klingelt es auch schon an der Tür. Unser Postbote… Mensch, der wird überrascht sein. Denn immerhin bin ich heute schon im Jogginganzug! Mittlerweile kennt er eine breite Auswahl meiner Schlafanzüge. Jepp, Mama-Style.
Das Paket ist das sch*** neue Bügeleisen. Och nö, jetzt ging es ewig ohne und dann… Zum Glück ist das Bügelbrett noch nicht mitgeliefert – ich KANN also noch gar nicht bügeln! Die Zeit, in der ich jedes Kleidungsstück gebügelt habe, ist längst vorbei. Das meiste zieht sich eben beim Anziehen glatt, ist die Devise. Früher unmöglich, heute ,Real Live`.
Die beiden Zwerge sind neugierig auf das Paket und helfen beim Auspacken. Es wundert mich, dass sie überhaupt wissen, was das für ein Teil ist. Aber die Kleinste fragt sofort, ob ich jetzt endlich ihr Bügelperlen-Pony mit abgebrochenem Schweif reparieren kann. ,Ähm ja, natürlich, wenn das fehlende Brett dazu kommt, gern!`, gleichzeitig überlege ich krampfhaft, ob ich das Pony nicht schon längst heimlich entsorgt habe. Aber nein, es fällt mir wieder ein: Nach dem kläglichen Versuch, es mit Sekundenkleber zu reparieren, liegt es ganz oben auf dem letzten Regalbrett in der Küche – seit etwa drei Monaten. Und wieder einmal wird mir bewusst, dass Kinder ein Gedächtnis haben wie ein Elefant.
Ich leere meine Kaffeetasse, obwohl ihr Inhalt längst kalt ist. Ich fülle sie mit frischem Kaffee und überlege, was wir heute machen können. Ich stelle die neue Kaffeetasse auf die Heizung und hoffe, das sie dadurch diesmal nicht so schnell kalt wird.
Jetzt ist es erst halb zehn am Morgen und der Tag ist noch lang…. Mein Koffeinpensum passt langsam.
Glücklich darüber, alles soweit erledigt zu haben, strecke ich meinen beiden Kindern – die gerade Fernsehen gucken – wackelnd den Po ins Gesicht – und höre wie sie prompt anfangen zu lachen. Eigentlich könnte ich jetzt unter der Dusche stehen…. Aber ich genieße gerade die Zeit, mit den beiden zu blödeln.
So kommt es, dass ich ungeduscht, ungewaschen und ungekämmt unter meinen Kindern auf dem Boden begraben liege und mich darüber freue, dass ich die Kontrolle über mein Leben verloren habe. Ich trage nämlich immer noch meine Jogginghose und stelle fest, was für einen miesen Einfluss ich auf meine Zwerge habe. Sie tragen genau das gleiche. (Minis im Mama-Style, quasi.) Ich grinse in mich hinein.
Von Toben haben wir Durst, wir trinken etwas und die beiden verabschieden sich in Richtung Fernseher. Klingt als würden sie viel schauen? Dürfen sie ausnahmsweise auch. Der Älteste leidet gerade an einem abklingendem Virus und Schwesterlein bleibt direkt mal mit daheim, bevor sie sich im Kiga auch noch ansteckt.
Als mein Mann zurück ist vom Arzt, kommt meine Chance. Ich renne zum Waschbecken in der Küche und putze mir dort schnell die Zähne.
Ja, im Waschbecken in der Küche. Mama-Style!
Mir fehlt gerade die Lust, zwei Etagen hochzulaufen, um dies zu erledigen und so kommt es, dass ich auf die morgendliche Dusche verzichte und mir auch eben genau dort gerade schnell die Haare wasche. Oh ja, ebenfalls im Spülbecken. Immerhin ist es aus Keramik und genauso geputzt wie alles andere auch. Und: Falls irgendjemand gerade vor hat, irgendwem ein Auge auszustechen, so bin ich wenigstens direkt nebenan und muss mich nicht auf der Treppe überschlagen.
Ich wickle mir einfach ein Handtuch um den Kopf und laufe dann so lange damit herum, bis die Haare fast trocken sind. Anschließend fahre ich mit den Fingern durch meine Haare und wenn ich Glück habe, sieht es einigermaßen okay aus. Zum Bürsten komme ich schon wieder nicht, weil schon wieder jemand nach mir ruft, als ich mir gerade die Tagescreme aka Babyarschpflege in mein Gesicht schmiere. So ist es immer.
Heute Abend gehe ich dann duschen, nehme ich mir mal vor! Man wird ja wohl noch träumen dürfen….
Denn im tiefsten Inneren weiß ich schon, dass ich nach dem Gute-Nacht-Geschichte-Vorlesen gefühlte 1 Millionen Schritte hinter mir habe, der Tag seine Spuren hinterlassen hat, zwei gesättigte Raubtiere glücklich im Bett liegen habe – und viel zu müde bin.
(Um es vorauszunehmen: Abends schlüpfe direkt in einen Schlafanzug und gehe ins Bett. Auch das ist echter Mama-Style.)
Der nächste Hungerschrei von den beiden ertönt und reißt mich wieder aus meinen Gedanken. Ich biete die dritte Kleinigkeit vor dem Mittagessen an. Ein Würstchen und einen Joghurttrink. Was fürs erste scheinbar vollkommen ausreicht.
Der Große befindet sich mal wieder im Wachstum. Wir kennen das mittlerweile. In diesen Phasen muss man ihn häufiger füttern als ein Tamagotchi.
Wehleidig betrachte ich im Vorbeigehen das Schuhregal. Denn jeder Wachstumsschub bedeutet neue Schuhe. Genau vor drei Wochen stand ich noch im Laden und diskutierte mit meinem Sohn darüber, warum es gerade nicht sinnvoll sei, teure Schuhe zu kaufen, die blinken – da er sicher ,bald` wieder eine andere Größe brauchen würde. Ich ahnte nicht, wie bald… (Natürlich ließ ich mich am Ende erweichen, klar.)
Somit gehe ich schnell ins Internet und bestelle schon mal schnaufend Hausschuhe für zu Hause und den Kiga, Turnschuhe fürs Fussballspielen, den Kiga und zum Rausgehen, Gummistiefel ebenfalls in doppelter Ausführung und freue mich des Lebens, dass schon wieder Geld verschwindet, ehe man sich im Kreis dreht…
Aber da klingelt es schon wieder an der Tür und ich spüre, dass es Karma ist und will überhaupt nicht öffnen. Denn es kann eigentlich nur UPS mit dem Bügelbrett sein. Ich habe keine Lust, es anzunehmen. Anscheinend hat keiner auf die Klingel reagiert außer dem Hund, und ich beschließe, dass es das Beste sei, es dabei zu auch belassen.
Ich renne am Spiegel vorbei. Meine Haare, Check, es geht, sie sind einfach wild und verknotet. Geht durch für den Tag, mein Mama-Style. Andere sprühen teures Zeug rein, um das so hinzubekommen, so what.
Nebenbei höre ich, wie mein Mann beim Mau Mau mit den Kleinen gerade abgezockt wird und sich aufregt, worüber die beiden sich herzlich kaputtlachen.
Also alles wie immer.
In meinen Gedanken bin ich bei dem Fazit angelangt, dass es mir egal sein kann, wenn ich nicht die schickste und gepflegteste Mutter bin, aber so wenigstens Zeit für mich und die Kids habe. Pläne sind eben dafür da, um geändert zu werden. Und die Zeit, die mir jetzt mit meinen Kindern fehlt, bekomme ich nie wieder zurück.
Deswegen gehen wir jetzt auch gemeinsam an die frische Luft, um die erste Sonne zu genießen und ein paar Seifenblasen in den Himmel zu schicken.
Anschließend wird der Abend seinen Lauf nehmen, wir werden uns die Bäuche vollschlagen mit Gyros, Reis und Salat und lesen, was Nils mit seinen Wildgänsen alles so erlebt.
Es wird auch nicht lange dauern und ich werde den Kids ins Traumland folgen. Denn die Nacht ist kurz, um fünf wird mein Wecker gehen. Wenn ich es schaffe, sofort aufzustehen, werde ich dann saumüde, aber mal frisch geduscht, meine beiden nach einer ersten Tasse Kaffee mit einem dicken Schmatzer wecken.
So sind wir eben, das ist mein Mama-Style – und ich bin gerne so. “
Absolut süß geschrieben. Und so wahr. Mama style eben 🙂 .
Hätte ich sein können.
Ganz liebe Grüße