Bei Ariane hat das Schicksal gleich doppelt zugeschlagen: Beide Kinder kamen mehrere Wochen vor dem errechneten Termin zur Welt – und bei beiden Kindern hing das Leben am seidenen Faden. Wie Ariane die schwere Zeit erlebt und welchen Traum sie sich danach erfüllt hat, erzählt sie euch hier.
Wenn das Baby sich viel zu früh auf den Weg macht, ist das für die meisten Eltern ein Schock.
Abgesehen davon, dass sie noch nicht darauf eingestellt waren, kämpfen viele Frühchen mit gesundheitlichen Problemen – und im schlimmsten Fall um ihr Leben. Ariane aus unserer Community musste das gleich zwei Mal durchmachen. Sowohl ihr Sohn als auch ihre Tochter kamen mehrere Wochen zu früh auf die Welt, und das Leben der kleinen Familie wurde zu einer echten Achterbahnfahrt. Aber sie kämpfte, und heute geht es beiden Kindern zum Glück gut. Allerdings hatten sie viele Fragen zu dem Thema, und weil Ariane kein Kinderbuch zum Thema Frühgeburt finden konnte, das alles kindgerecht erklärt, hat sie sich dazu entschlossen, selbst eins zu schreiben. Gleichzeitig hat es ihr dabei geholfen, ihre eigenen Erfahrungen zu verarbeiten.
Die ganze emotionale Geschichte erzählt Ariane euch hier:
„Mein Leben verlief bis zu jenem schicksalhaften Tag im November 2011 genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Behütete Kindheit, Schulabschluss, duales Studium, ein liebevoller Mann, ein gemeinsames Zuhause und dann war er da – der positive Schwangerschaftstest! Die Krönung meines Traums vom Leben, den ich mir als junges Mädchen immer gewünscht hatte.
Es folgte die Bestätigung durch meine Frauenärztin und die nicht in Worte zu fassende Freude wuchs stetig. Da fiel es schon schwer, die ersten zwölf Schwangerschaftswochen nichts zu verraten. Aber dafür hatten mein Mann und ich uns bewusst entschieden. Zu oft und zu nah hatten wir schon miterlebt, dass das Glück plötzlich in dieser kritischen Phase von der Natur ausgebremst wurde. Doch irgendwann war auch diese Wartezeit überstanden und wir teilten unser Glück mit jedem, der es hören wollte (oder auch nicht). Für zwei Wochen.
Denn dann stand unser Leben plötzlich Kopf! Blutungen!
Der Schock, die Fahrt mit dem Krankenwagen und die nicht enden wollende Stunde des Wartens, bis wir endlich wussten, was Sache ist, werde ich nie vergessen. Wir hatten Glück. Das „Baby“, denn das war es für uns auch schon in diesem Stadium der Schwangerschaft und nicht bloß ein „Fötus“, lebte. „Plazenta praevia“ lautete die Diagnose. Ein paar Tage Krankenhaus, zwei Wochen schonen, und dann sollte alles wieder ganz normal weiterlaufen, so die Prognose des Arztes.
Doch es kam anders. Aus ein paar Tagen wurden drei Monate stationärer Krankenhausaufenthalt. Außer Duschen, Toilette und ab und an ein paar Spazierfahrten im Rollstuhl war Liegen angesagt. Aber das war nicht das Problem.
Das Problem war die Angst.
Die ständigen, nicht enden wollenden Komplikationen (Blutungen, Hämatome, Blasensprung und dann noch retardiertes Wachstum), das „wir können nichts sagen“ der Ärzte. Es brachte mich bis an meine Belastungsgrenze. Aussagen wie ‚Ihr seid doch jung und habt noch Zeit für ein Baby‘ oder ‚Du musst dich auch mal mit dem Gedanken beschäftigen, dass das Baby es nicht schafft‘, trafen mich mitten ins Herz. Nein, ich wollte, dass dieses Baby lebt, und dafür würde ich alles in meiner Macht Stehende tun.
Nur leider stand ganz im Gegensatz zu meinem bisherigen Leben nicht wirklich viel in meiner Macht.
Aber wir hielten weiter durch. Den Tag in der 17. Schwangerschaftswoche, an dem ich wegen eines möglichen Abbruchs kein Abendessen mehr bekam, überstanden wir genauso wie die letzten beiden Wochen vor der Geburt, in denen ich jeden Morgen nüchtern zum Ultraschall erscheinen musste, weil immer wieder neu entschieden wurde, ob wir es noch einen Tag oder ein paar Stunden hinauszögern konnten.
Dann traten eines Nachts erneut Komplikationen auf und es war besiegelt. In aller Ruhe sollte die Morgenschicht den Kaiserschnitt vorbereiten. Im Ultraschall dann die Überraschung: Unser Baby, das seit Wochen (nur noch mit einem Hauch von Fruchtwasser) quer gelegen hatte, was einen T-Kaiserschnitt bedeutete, hatte sich gedreht. Für mich war es wie ein Zeichen!
Und dann wurde es doch noch ein Wettlauf mit der Zeit.
Im CTG fielen die Herztöne immer wieder ab. Hektik kam auf. Ich hatte Panik. Nein, das durfte nicht sein. Wir hatten es so lange geschafft. Jetzt durfte es nicht daran scheitern, dass die Geburt vielleicht zeitlich etwas zu spät stattfand. Doch die Ärzte gaben alles, und es reichte. Mit 30,5 cm und gerade mal 570 Gramm erblickte unser Sohn in Schwangerschaftswoche 27+2 das Licht der Welt. Und von mir fiel alles ab. Mein Körper und ich hatten alles getan, was möglich war. Und trotzdem war es viel zu wenig, so jedenfalls mein Gefühl.
Nun lag dieses wirklich zarte, kleine Menschenkind, das sich eigentlich in meinem Bauch noch wochenlang gemütlich hätte ausruhen sollen, dort ganz allein. Voller Kabel und Schläuche. Ich denke, man muss nicht groß erklären, was das für eine Mama bedeutet. Angefeuert durch die Hormone, die eine Geburt so mit sich bringt, konnte ich nur noch eins – weinen, weinen, weinen. Und doch war da immer das unendliche Glück und die Hoffnung auf die gemeinsame Zukunft. Es folgten Wochen des Aufs und Abs.
Jede Bradykardie versetzte mich in Panik und ich dachte, mein Kind stirbt.
Dann kam es zu Infektionen. Tage, an denen man sich von den Ärzten einen kleinen Hoffnungsschimmer erhoffte und doch nur hörte: ‚Wir müssen abwarten‘. Sich am Abend von seinem Baby verabschieden zu müssen, und nicht zu wissen, ob man es jemals lebend wiedersehen würde, war der pure Horror.
Aber wir hatten sehr großes Glück. Vielleicht der Sechser im Lotto, wie ein Arzt uns damals sagte. Von all den typischen Komplikationen, die gerade Extrem-Frühchen bekommen konnten, blieben wir verschont. Unser Sohn kämpfte, was das Zeug hielt! Und nach zehn Wochen konnte er alleine atmen, seine Nahrung aus der Flasche trinken und der große Tag war da: Wir durften alle zusammen nach Hause!
Das war super schön, aufregend und beängstigend zugleich.
Bislang hatte mir doch immer der Monitor gezeigt, ob es meinem Kind gut ging. Würde ich es bemerken, wenn etwas nicht stimmte? Ich musste erst lernen, mit der Situation umzugehen und sie einzuschätzen, meinem Mamainstinkt zu vertrauen, und die Angst war zu Beginn nach wie vor mein treuer Begleiter. Die letzten Monate hatten uns alle geprägt und der Weg in ein ‚normales‘ Leben war gar nicht so einfach. Doch die Zeit half uns dabei, und unser Sohn entwickelte sich, zwar etwas langsamer als ein reif geborenes Baby, zu einem kleinen fröhlichen Jungen.
Und dann war er da, der Wunsch nach einem zweiten Kind.
War es Mut, Waghalsigkeit oder einfach nur Wahnsinn? Ich kann es nicht sagen. Wir ließen uns von den Ärzten beraten und das Risiko schien überschaubar. Hinsichtlich der „Plazenta praevia“ hieß es ‚Neues Spiel, neues Glück‘, lediglich eine Wachstumsretardierung sei möglich. Das Risiko, dass das Baby nicht mehr ausreichend wachsen würde, lag bei Einnahme eines Blutverdünners bei 15 Prozent. Zugegeben, ein Risiko war da, aber der übermächtige Wunsch nach einem zweiten Kind eben auch. Wir entschieden, das Wagnis einzugehen. Im Vergleich zur ersten Schwangerschaft erlebte ich nun eine Bilderbuchschwangerschaft – zunächst.
Ständiger Begleiter war natürlich von Anfang an die Angst.
Die Angst, dass wieder etwas passiert, was das Leben unseres ungeborenen Babys in Gefahr bringt. Aber mit den Wochen wurde die Angst weniger. Ich sah, wie der Bauch (diesmal wirklich sichtbar!) wuchs, und das gab mir ein Gefühl von Sicherheit. Ich genoss es, dies zu erleben und meinen Babybauch voller Stolz zu zeigen. Etwas, was mir in der ersten Schwangerschaft verwehrt wurde, schließlich war es selbst zum Ende der Schwangerschaft nur ein kleines Bäuchlein, das unter meiner Kleidung kaum zu sehen war.
Doch auch diesmal zerplatzte unser kleines Glück wie eine Seifenblase. Beim Organschall in der 20. Woche kam die ernüchternde Diagnose: Wachstumsretardierung. Maximales Ziel: 34+0 SSW.
Und wieder einmal brach unsere kleine Welt zusammen.
Von nun an musste ich regelmäßig zur Kontrolle in die Uniklinik, und schon kurze Zeit später sah alles danach aus, dass auch das zweite Kind ein Extremfrühchen werden wird. Das Baby wuchs einfach viel zu wenig. Stationärer Krankenhausaufenthalt, Lungenreifespritzen, das ganze Programm, das mir noch allzu bekannt war und die pure Panik in mir auslöste. Ich versuchte, mich zu beruhigen, indem ich mir vor Augen führte, wie toll sich unser Großer entwickelt hatte. Aber die Angst hatte mich erneut fest im Griff. Wie durch ein Wunder wuchs unser Baby dann doch wieder besser und ich durfte sogar wieder nach Hause.
Was für eine Achterbahnfahrt!
Die engmaschigen Kontrollen blieben, aber wir schafften es tatsächlich bis zu einem geplanten Kaiserschnitt bei 34+0 Schwangerschaftswochen.
Die Geburt war toll. Ich konnte unser kleines Mädchen sogar schon im OP kurz sehen. Wie freute ich mich über das Urteil der Ärzte nach ein paar Stunden: ‚Sie atmet alleine, hat sogar schon ein winziges Schlückchen getrunken. Sie wird vermutlich noch etwa zwei Wochen hierbleiben müssen, aber dann darf sie heim.‘
Eine Prognose, die für mich den Himmel auf Erden bedeutete. Sollte ich diesmal wirklich etwas erleben dürfen, was nahezu einem Nach-Hause-Kommen nach vollendeter Schwangerschaft entspricht. Ganz einfach ohne große Sorgen die ersten Wochen mit meinem Baby in vollen Zügen genießen können? Doch es sollte einfach nicht so sein.
Zwei Tage nach ihrer Geburt hing das Leben meines kleinen Mädchens am seidenen Faden.
Schwere Sepsis, Magenperforation, die Not-OP am gleichen Tag musste nach fünf Stunden wegen Komplikationen abgebrochen werden. Den Satz des Chirurgen werde ich nie vergessen: ‚Die Lage ist ernst, aber nicht aussichtslos.‘
Es folgten Wochen des Bangens und zahlreiche Operationen. Wie man das alles aushält? Ich kann es nicht sagen. Man muss einfach weitermachen und sich an jedes Fitzelchen Hoffnung klammern.
Und auch diesmal hatten wir in all dem Leid auch unfassbares Glück.
Die Ärzte bekamen die Sepsis genauso in den Griff wie die Magenperforation, und nach zehn Wochen durften wir endlich auch unser zweites Kind mit nach Hause nehmen.
Heute bemerkt man die Frühgeburtlichkeit unserer Kinder nur noch daran, dass sie zu klein und zu leicht für ihr Alter sind. Und an den Fragen, die sie hierzu stellen. Von Anfang an haben wir uns dazu entschieden, offen mit diesem Thema umzugehen. So begann ihr Leben und das haben wir in ihren Babyfotoalben (sorgfältig ausgewählt) auch festgehalten.
Als unser Sohn fünf Jahre alt wurde häuften sich die Fragen zu seiner Geburt.
So sehen doch keine Babys aus. Zumindest nicht die Babys, die er bisher kannte. Und was machten die ganzen Kabel und Schläuche an seinem Körper? Plötzlich stand sein Leben Kopf! Uns war es wichtig, dieses Thema kindgerecht mit ihm und seiner Schwester aufzuarbeiten. Deshalb sahen wir uns nach geeigneter Kinderliteratur zu diesem Thema um. Doch das, was wir suchten, fanden wir nicht. Also setze ich mich hin uns schrieb für meine Kinder ein Kinderbuch, das sie die Frühchen-Welt begreifen und verstehen lässt.
Neben der Schwangerschaft und Geburt wird das Leben auf der Intensivstation mit seinen Fachbegriffen im Detail dargestellt und kindgerecht erklärt. Aber was mir ganz besonders wichtig war: Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Gefühlswelt und warum Frühchen etwas ganz Besonderes sind und bleiben! Im Nachhinein betrachtet war das auch für mich so etwas wie eine Verarbeitung des Erlebten.
Mit der Veröffentlichung des Buches ‚Gekämpft! Geschafft! Niklas erklärt die Frühchen-Welt‘ (Affiliate-Link) geht für mich ein großer Traum in Erfüllung. Der Traum, den Kindern, die zu Beginn ihres Lebens schon so kämpfen mussten, zumindest bei der Aufarbeitung ein bisschen zu helfen.“
Liebe Ariane, wir danken Dir für Deine offene und ehrliche Geschichte und wünschen Dir für Dein Kinderbuch viel Erfolg!
Wir freuen uns auf deine Geschichte
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