Häusliche Gewalt gegen Frauen ist furchtbar und wenn man nicht betroffen ist, nahezu unvorstellbar. Wie furchtbar muss es sein, wenn man sich in den eigenen vier Wänden, mit den Menschen, die einen am nächsten stehen, nicht sicher fühlen kann?
Doch es trifft zahllose Menschen, hauptsächlich (aber längst nicht nur) Frauen.
Toxische Beziehungen, psychische und physische Gewalt durch den Partner oder die Partnerin – all das ist Alltag für viel mehr Menschen, als man es fassen kann.
Schon lange ist es Thema, dass diese Menschen in den Lockdowns der vergangenen Monate noch mehr leiden als sonst.
Denn wenn man nur noch von zu Hause arbeitet und kaum Kontakte hat, fallen (platt gesagt) blaue Flecken und verweinte Augen eben keinem mehr auf. Und bei allen steigt der Frust während des eingeschränkten Lebens, auch bei gewalttätigen Partnern.
Ein großes Problem: Viele Betroffene wissen nicht, wie sie ungefährdet um Hilfe rufen können – aktuell weniger denn je.
Deswegen hat die Canadian Women’s Foundation für die nun häufig abgehaltenen Videotelefonate einen unauffälligen Hilferuf entwickelt, der verbreitet werden soll.
Und so funktioniert der stille Hilferuf:
Er beginnt damit, dass die Innenseite einer flachen Hand gezeigt wird. Dann wird der Daumen in die Handinnenfläche gelegt, zum Schluss werden die vier Finger über den Daumen gelegt.
Was kann ich tun, wenn ich dieses Signal sehe?
Macht dein Gesprächspartner im Videocall diese Handbewegung, ist es wichtig, sofort, aber auch bedacht zu handeln, um sie oder ihn nicht noch mehr zu gefährden.
Am besten stellt man der/dem Betroffenen kurze Fragen, die sie/er leicht mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten kann. Das verringert das Risiko, falls eine weitere Person mithört.. Wichtig ist hierbei allerdings, dass das Opfer Kopfhörer trägt, damit andere die gestellten Fragen nicht mithören können!
Vorgeschlagen werden von der Canadian Women’s Foundation Fragen wie:
- Soll ich den Notruf für dich holen?
- Soll ich in deinem Namen jemanden von der Schutzstelle anrufen?
- Soll ich jemanden anrufen, der dir helfen und dich zurückrufen kann?
Wichtig ist es auch, anschließend auf andere Kommunikationsmittel wie zum Beispiel SMS, WhatsApp oder Social-Media-Messenger zu verwenden, die sicher sind und ein Mithören oder Mitlesen nicht ermöglichen – das muss sichergestellt sein. Es ist unheimlich wichtig, dass der Täter keinen Zugang zu den Accounts des Opfers hat!
Hier können dann weitere Fragen wie:
- Wie geht es dir?
- Wie kann ich dir helfen?
- Wie kann ich dich unterstützen?
- Soll ich mich regelmäßig bei dir melden?
gestellt werden.
An wenn kann ich mich wenden, wenn ich häusliche Gewalt erfahre?
Hilfesuchende Frauen können sich anonym an die Stelle Gewalt gegen Frauen wenden. Sie ist täglich unter der Rufnummer 08000/116 016 zu jeder Uhrzeit kostenlos erreichbar. Auch Dolmetscherinnen sind bei der Beratungsstelle tätig.
Für Männer, die beispielsweise von häuslicher und sexualisierter Gewalt bedroht sind, ist ebenfalls eine Hilfsstelle eingerichtet. Das Hilfetelefon gegen Gewalt an Männern ist unter der Rufnummer 0800/123 99 00 erreichbar. Und zwar von Montag bis Donnerstag von 9.00 bis 13.00 Uhr und von 16.00 bis 20.00 Uhr sowie freitags von 9.00 bis 15.00 Uhr.