Wann immer man solche Schlagzeilen liest, bekommt man einen Kloß im Hals. Vor Wut, vor Trauer, vor Unverständnis: Eine Kita-Aushilfe in Berlin-Spandau soll 7 Kinder missbraucht haben. 7 Kinder, die ihm anvertraut wurden. Und das, obwohl das LKA längst gegen ihn ermitteln sollte.
Es ist einfach unvorstellbar, was in den Kindern und ihren Eltern vorgehen muss.
Und auch, wenn die Schuld des Erziehers hier noch nicht erwiesen ist (und eine falsche Anschuldigung ebenfalls ein echtes Drama ist) – es gibt diese Fälle zuhauf. Ob in der Kita oder im Bekannten- oder Familienkreis der Kinder.
Kindesmissbrauch ist allgegenwärtig. Man mag gar nicht darüber nachdenken, und doch ist es wichtig, die Fakten zu kennen – um sensibilisiert zu sein.
Daher wurde heute eine Studie zur sexuellen Gewalt in der Familie seit 1945 veröffentlicht. Vorgestellt wurde sie von der „Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs“ in Berlin, wie u. a. BILD berichtet. Die Studie ist das Ergebnis eines Forschungsprojektes von Wissenschaftlerinnen der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Befragt wurden 870 Betroffene, Angehörige und weitere Zeugen.
Die Ergebnisse sind noch erschreckender, als man es ahnen konnte:
Bei der Hälfte der Betroffenen begann der Missbrauch vor dem sechsten Lebensjahr. Dann hielt die Gewalt oftmals über Jahre an.
Ein weiteres Ergebnis, das besonders schmerzt: Die Täter sind mit Abstand am häufigsten die eigenen Eltern (44 Prozent der Fälle, Väter 36 Prozent, Mütter 8 Prozent). „Typische“ Täter sind darüber hinaus Pflege- und Stiefeltern, Groß- und Stiefonkel, Brüder, Großväter, andere männliche Verwandte, Stiefgroßväter, Stiefbrüder und Tanten.
Alles Menschen, denen Kindern vertrauen (sollten). Es bricht einem das Herz.
Betroffene berichten häufig, dass es gleich mehrere TäterInnen gab – innerhalb UND außerhalb der Familie.
In vielen Fällen wussten diese voneinander, sprachen sich ab oder planten und organisierten die sexualisierte Gewalt gemeinsam.
Die Studie zeigt, dass sich die familieninternen Täter nach außen hin bestens verkaufen können, alles wirkt normal und den Kindern wird es so schwergemacht, sich jemandem zu öffnen und um Hilfe zu bitten.
So bleiben sie dem Missbrauch oft über Jahre hinweg ausgeliefert.
Die Studie wurde ins Leben gerufen, um aus den Erkenntnissen Konsequenzen zu ziehen. Prof. Dr. Sabine Andresen, Vorsitzende der Kommission und Autorin der Studie: „Wir brauchen Antworten auf die Frage, wie der Schutz von Kindern und Jugendlichen gelingen kann, ohne das Recht auf Privatsphäre von Familien zu ignorieren. Sexueller Kindesmissbrauch ist keine Privatangelegenheit!“
Laut der Studie haben viele Kinder und Jugendliche Signale gesendet und versucht, sich jemandem anzuvertrauen. Es müsse ein größeres Bewusstsein dafür geben, dass es nicht jedem Kind in seiner Familie gut gehe.
Vertrauenspersonen innerhalb der Familie brauchen gute Unterstützung und Beratung, um das Kind schützen zu können. Und auch Vertrauenspersonen außerhalb der Familie – etwa in der Schule oder einem Verein – müssten genau wissen, wie sie im Fall der Fälle helfen können.
Falls euch auffällt, dass es einem Kind in eurer Umgebung nicht gut geht, oder ihr den Verdacht habt, dass es misshandelt oder missbraucht wird – bitte schaut nicht weg!
Wendet euch in diesem Fall an das Jugendamt, das geht notfalls auch anonym. Falls es um eine Straftat geht, informiert bitte auch die Polizei.
Oder:
Dunkelziffer. e.V.: 040 – 42 10 700 10
Hilfe für Kinder und Jugendliche, die Missbrauch erlebt haben:
Nummer gegen Kummer: Telefon: 116 111 Auf der Website gibt es die Möglichkeit, mit Beratern zu chatten.
Ansprechpartner für Menschen, die das Gefühl haben, pädophile Neigungen zu besitzen:
Kein Täter werden : Tel.: 030 – 450 529 450. Es gilt die ärztliche Schweigepflicht.