Jedes Jahr kommen 8.700 Kinder mit einem angeborenen Herzfehler auf die Welt. Damit sie die gleichen Chancen auf ein unbeschwertes und fröhliches Leben haben wie alle anderen Kinder, unterstützen Organisationen wie die Stiftung KinderHerz bundesweit kleine Herzpatienten.
Eine dieser kleinen Herzpatienten ist Nala, deren Geschichte ihre Mama Maria hier mit uns teilt.
„Ich bin Maria* und Mama von meiner 13 Monate alten Tochter Nala und ihren beiden großen Brüdern. Meine beiden Söhne lieben ihre kleine Schwester und spielen den ganzen Tag mit ihr. Dass Nala dabei so lebhaft und munter ist, ist für uns ein wahres Wunder, denn unserem kleinsten Familienmitglied ging es leider nicht immer so gut.
Als meine kleine Tochter im Sommer 2020 geboren wurde, ging alles ganz schnell. Sie war sogar so schnell da, dass mein Mann die Geburt verpasste, weil er wegen Corona nicht von Anfang an dabei sein durfte. In nur 20 Minuten kam Nala zur Welt und zunächst schien alles gut zu sein. Auch bei der U2 stellte die Kinderärztin keine Auffälligkeiten fest, nur meine Hebamme war kritisch.
Ihr fiel die gelbgräuliche Haut von Nala auf.
Sie schwitzte außerdem viel, hatte Lidödeme, trank nur wenig und schrie tonlos. Das ging ganze vier Monate so. Die genannten Symptome verbesserten sich nicht, im Gegenteil. Bald beobachtete ich, dass Nala scheinbar nur noch in der Seitenlage liegen wollte.
Eine Woche beobachteten wir das Ganze, dann stand der nächste Termin bei unserer Kinderärztin an. Ich schilderte ihr natürlich alles, was mir und der Hebamme aufgefallen war. Die Reaktion der Ärztin war leider überhaupt nicht so, wie ich es erwartet hätte: Sie stellte mich als hysterische Mami da und fragte nur, warum ich mich denn so aufregen würde.
Das ging ganze vier Monate so.
Die genannten Symptome verbesserten sich nicht, im Gegenteil. Bald beobachtete ich, dass Nala scheinbar nur noch in der Seitenlage liegen wollte.
Ich konnte sie auch nicht ins Tragetuch oder über die Schulter legen. Außerdem nahm Nala kaum an Gewicht zu. Heute weiß ich, dass das wahrscheinlich daran lag, dass meine Kleine die ganze Zeit unter schwerer Atemnot gelitten hat.
Für mich als ihre Mama eine furchtbare Vorstellung.
Doch bei jeder weiteren Untersuchung wurde ich wieder von der Kinderärztin abgefertigt, alles sei halb so wild, meine Sorgen unbegründet. Meine Hebamme drängte mich irgendwann dazu, eine zweite Meinung einzuholen. Der von ihr empfohlene Arzt wollte sich Nala aber nur anschauen, wenn ihre Kinderärztin damit einverstanden wäre.
Doch als nur eine Woche später die U4 anstand, sah auch meine Kinderärztin endlich ein, dass etwas nicht stimmte.
Sie überwies Nala ins Kinderkrankenhaus mit Verdacht auf eine schwere Blutvergiftung. Für mich ist es bis heute nicht nachvollziehbar, wie sie auf eine solche Diagnose kam, aber das Wichtige war, dass mein Kind endlich gründlich untersucht wurde.
Im Krankenhaus stürzte sich gleich eine ganze Schar von Ärzten auf sie und führte verschiedene Untersuchungen mit ihr durch.
Dann brachte uns das Echo endlich die Gewissheit.
Nala leidet an einem seltenen Herzfehler, der Trikuspidalatresie. Wie das Schicksal es wollte, erfuhren wir die Diagnose genau ein Jahr, nachdem ich den positiven Schwangerschaftstest in der Hand gehalten hatte.
Bei der Trikuspidalatresie ist die Trikuspidalklappe nicht angelegt, an ihrer Stelle besteht eine undurchlässige Membran aus Bindegewebe. Das sauerstoffarme Blut der Hohlvenen kann daher auf diesem Wege nicht in die rechte Herzkammer und in die Lungenschlagader gelangen.
Nala hatte großes Glück.
Normalerweise verschließt sich die Membran kurz nach der Geburt komplett. Die Folge: Die Kinder sterben, weil ihr Blut nicht mehr mit Sauerstoff versorgt werden kann. Aus irgendeinem Grund war das bei Nala nicht der Fall, sodass ihr Blut wenigstens ein bisschen mit Sauerstoff angereichert werden konnte. Nur deswegen hat sie überlebt.
Dennoch war ihr Blutkreislauf zu diesem Zeitpunkt bereits völlig durcheinander und die Lungengefäße gestaut. Ihre Aorta war außerdem nicht mitgewachsen und entsprechend zu klein und zu eng. Sie kam sofort auf die Intensivstation und wurde von dort aus in eine Spezialklinik verlegt.
Dort wurde eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt.
Nalas Zustand wurde zunächst stabilisiert und dann folgte eine große Herz-OP, um ihre Aorta zu weiten. Danach lag sie wieder auf der Intensivstation. Mein Mann versuchte Zuhause alles zu regeln, während ich in Nalas Nähe blieb. Wegen Corona durfte ich immer nur ein paar Stunden am Tag bei ihr sein und nicht bei ihr übernachten. Die Zeit, die ich getrennt von ihr war, kam mir wahnsinnig lang vor. Ich konnte an nichts anderes denken und war durchgehend in Alarmbereitschaft.
Leider bekam meine Kleine dann auch noch eine Lungenentzündung und musste weitere zwei Wochen auf der Intensivstation bleiben. Danach stand der Medikamentenentzug an, der sehr schwer war. Die Medikamente mussten schonend und langwierig ausgeschlichen werden. Nala weinte sehr viel in dieser Zeit und bekam dann auch noch eine Magensonde, sodass ich sie nicht mehr stillen konnte.
Da ich Krankenschwester bin, konnte ich mich nachts selbst um Nala kümmern.
Außerdem habe ich abgepumpt, damit zumindest die Hoffnung besteht, dass ich meine Tochter nach dem Krankenhausaufenthalt wieder stillen kann. Nach fünf langen Wochen war es endlich soweit: Wir durften wieder nach Hause.
Nala hat diese Zeit in der Spezialklinik sehr mitgenommen. Sie erkannte ihren Papa zunächst nicht mehr und wollte nur noch bei mir auf dem Bauch liegen, auch nachts. Immer wenn wir Arzttermine wahrnehmen mussten oder unbekannte Menschen sie anfassen wollten, weinte sie bitterlich. Vermutlich wegen schrecklichen Erinnerungen aus der Zeit im Krankenhaus.
Doch leider hatte meine Kleine noch nicht alles überstanden.
Nachdem der Kinderkardiologe sein Go gegeben hatte, stand noch die sogenannte Glen-OP und die Fontan-OP an. Als erstes war die Glen-OP geplant. Leider zeigten Untersuchungen, dass Nalas Aorta schon wieder verengt war. Langsam war ich stinkwütend. Ich konnte einfach nicht glauben, was meine Tochter alles über sich ergehen lassen musste. Die Ärzte wollten wegen der erneuten Verengung dann gleich noch eine OP ansetzen und mir war klar, dass ich meiner Tochter das nicht antun kann.
Zum Glück empfahlen mir dann Bekannte eine andere Klinik. Dort wurde Nala auch sofort aufgenommen und untersucht. Die Ärzte fanden die bisherigen Ergebnisse widersprüchlich und kamen zum Glück zu einem anderen Schluss: Die erneute Herzkatheteruntersuchung zeigte, dass zum Glück doch beide Eingriffe in einer OP gemacht werden können.
Im Frühjahr 2021 fand die OP statt.
Letztendlich musste Nala nach der OP zwar noch vier Wochen im Krankenhaus bleiben, aber dieses Mal ging es ihr schnell wieder besser. Auch eine Entzugsproblematik gab es nicht. Wir hatten in der neuen Klinik außerdem sehr liebe Kontaktschwestern und tolle Ärzte.
Jetzt hat meine kleine, tapfere Nala voraussichtlich anderthalb Jahre Ruhe bis die Fontan-OP ansteht. Zum Glück geht es ihr inzwischen so gut, sie turnt herum und würde am liebsten schon mit den großen Brüdern mithalten. Manchmal mache ich mir Sorgen, wie sie in Kindergarten und Schule zurechtkommen wird, aber das lassen wir am besten auf uns zukommen.
Was mich allerdings nie ganz loslassen wird, ist die Tatsache, dass es so lange gedauert hat, bis Nala geholfen wurde.
Ich bin Krankenschwester und sie ist nicht mein erstes Kind, trotzdem hat mir niemand geglaubt. Ich war ich völlig hilflos, als die Kinderärztin mich so abfertigte. Das wird mich immer verfolgen. Doch wir hatten Glück im Unglück, Nala geht es gut, daran halte ich mich fest.
Die Trikuspidalatresie wurde übrigens erst vor 35 Jahren entdeckt, also gibt es kaum Langzeitstudien zu Nalas Erkrankung. Deswegen bin ich sehr dankbar für die Arbeit der Stiftung Kinderherz. Diese stellt sicher, dass Gelder für die entsprechende Forschung zur Verfügung gestellt und Projekte unterstützt werden.”
Möchtet ihr mehr über die Arbeit der Stiftung KinderHerz erfahren? Dann schaut gerne auf der Homepage vorbei. Wenn ihr die Stiftung in ihrer Arbeit unterstützen möchtet, gibt es hier die Möglichkeit zu spenden.
Liebe Maria, vielen Dank für deine Geschichte. Wir wünschen Dir und Deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!
*Alle Namen wurden von der Redaktion auf Wunsch der Mama geändert.
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