„Wenn ich sehe, wie sich die Menschen da draußen die Köpfe einhauen, wenn es um Corona geht, fällt es mir schwer, an ein Happy End zu glauben. Bei uns gab es jedenfalls keins. Wir hatten diesen Kampf in der eigenen Familie – und sie zerbrach daran…
Unsere Probleme begannen kurz nach Ausbruch der Pandemie
Bis dahin dachte ich, mein Mann und ich würden eine gute Beziehung führen. Sie war sicher nicht perfekt, aber abgesehen von den üblichen Reibereien haben wir mit unseren beiden Kindern ein gutes, oft sogar richtig schönes Leben geführt.
Und dann kam Covid-19. ,Ist doch nur ’ne Grippe`, meinte mein Mann. Zu dem Zeitpunkt waren noch viele dieser Meinung. Ich habe das zwar damals schon anders gesehen, aber da zu der Zeit ohnehin niemand Genaues wusste, blieb es vorerst bei einer kleinen Meinungsverschiedenheit.
Dann begann er, alle Maßnahmen der Regierung massiv abzulehnen – lautstark. Ich habe angefangen, mich für ihn zu schämen, wenn er über Verschwörungen schwadronierte und im Supermarkt die Maske konsequent unter der Nase trug. ,Sollen sie mich doch ansprechen, dann erzähle ich ihnen was.` Zum Glück geschah das nie, vermutlich waren die Angestellten es leid, dauernd mit renitenten Kunden zu streiten.
Er wollte nicht, dass ich mich impfen lasse
Ist es nicht seltsam, dass Impfgegner immer fordern, dass Impfen solle eine private Entscheidung bleiben, aber selbst Geimpfte und Impfbefürworter angreifen? Dass sie voller Schadenfreude sind, wenn es einen Geimpften erwischt? Ich gönne keinem eine Covid-Erkrankung und habe meinem Mann auch nie mit Scheidung gedroht, obwohl ich selbst die Impfung für wichtig halte. Er hatte da weniger Scheu und kündigte an, nicht mit jemandem leben zu können, der sich impfen lässt.
Zu dem Zeitpunkt war ich in großer Sorge um meine Eltern, die schon recht alt und alles andere als fit sind. Mein Vater leidet seit Jahren unter einer Atemwegserkrankung, und ich war mir sicher, dass er eine Covid-Erkrankung nicht gut wegstecken würde. Sein Arzt riet ihm davon ab, sich selbst impfen zu lassen, da mein Vater auf Blutgerinnungshemmer angewiesen war, was wohl zu Problemen führen kann. Schon deshalb wollte ich mich unbedingt impfen lassen – um meinen Vater nicht zu gefährden.
Mein Mann war mittlerweile überzeugt: ,Das ist doch eine Verschwörung von ganz oben`
Im Ernst? Was sollten die ,ganz oben` davon haben, wenn die Wirtschaft lahmgelegt wird, und die Stimmung in den Keller geht? Für vernünftige Argumente war er aber schon gar nicht mehr zugänglich. Meine Kinder trauten sich nicht mehr, zu Hause zu erzählen, was sie in der Schule über Corona erfahren haben, weil er höhnisch darauf reagierte. ,Ich will nicht, dass meine Kinder auf die Gehirnwäsche reinfallen`, sagte er.
Unsere bis dahin stabile und liebevolle Beziehung bröckelte. Ich entdeckte eine mir bislang verborgene Seite an ihm – überheblich, aggressiv, boshaft. Trotzdem wollte ich meine Familie nicht zerstören. Und so ließ ich mich verschämt heimlich impfen, während der beste Freund meines Mannes zur gleichen Zeit keinen Hehl daraus machte, sich einen Impfausweis fälschen lassen zu wollen. Er fand sich ziemlich cool und clever dabei. Verkehrte Welt!
Der Tiefpunkt kam, als mein Mann zufällig meinen Impfpass fand. Er war stocksauer, führte sich auf, als habe er mich gerade beim Sex mit seinem besten Freund ertappt.
Dann wollte er die Kinder mit zu einer Krawall-Demo in Berlin nehmen
Obwohl ich mich hatte impfen lassen, verzichtete er dann doch auf eine Scheidung. Jetzt war ich es, die mit Trennung drohte. Auf keinen Fall sollte er unsere Kinder für seine Besessenheit benutzen und sie zu einer chaotischen, nicht einmal genehmigten Demo schleifen. Er nahm mich nicht ernst, kündigte aber dennoch vorsichtshalber an, dass er sich im Fall der Fälle das Sorgerecht sichern würde. Schließlich wisse man nicht, ob ich nicht eine Gefahr für meine Kinder sei und ihnen nicht auch hinter deinem Rücken ,diesen Dreck‘ spritzen lassen würde.
Ich erklärte ihm, dass ich die Kinder vorübergehend mit zu meinen Eltern nehmen, sie aber keinesfalls mit ihm auf eine Demo ziehen lassen würde, auf der sich auch Reichsbürger und Rechte tummeln. Es kam zu einem erbitterten Streit, in dem leider auch Worte fielen, die Kinder niemals hören sollten. In diesem Moment wusste ich, dass etwas endgültig vorbei war. Mir liefen die Tränen hinunter, als ich erkannte, dass mein Traum von der ,heilen` Familie für meine Kinder geplatzt war. Auch sie weinten. Sie wollten unbedingt bei mir bleiben. Mein Mann wurde fuchsteufelswild. Für einen Moment fürchtete ich, er würde die beiden mit Gewalt zwingen, ihn zu begleiten. Dabei hatte er noch nie die Hand gegen sie erhoben, sie nie zu fest angepackt. Bis zur Pandemie habe ich ihn nur als verständnisvollen Vater erlebt.
Am Ende gab er nach und ließ die Kinder bei mir bleiben
Ich glaube, ein Teil von ihm war schließlich über sich selbst erschrocken, als er in die verheulten Gesichter seiner Kinder sah. Als er wortlos ging, war ich froh. Dass er ihnen nicht seinen Willen aufzwang, gibt mir zumindest etwas Hoffnung für die Zukunft. Noch sind da viel Groll und ungeheilte Verletzungen. Um ihn nicht zu verabscheuen, sage ich mir, dass er genau wie ich auf seine Weise das Beste für unsere geliebten Kinder wollte. Zumindest ist das noch eine Gemeinsamkeit, so verquer ich seine Ansichten darüber, was das Beste ist, auch finde. Ich hoffe aber so sehr, dass wir es schaffen, in Zukunft für unsere Kinder Frieden zu schließen, damit wir gemeinsam für sie da sein können.“
Danke, liebe Mama (Name der Redaktion bekannt), für deine echte und ehrliche Geschichte. Wir wünschen deiner Familie viel Kraft für die Zukunft.
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