Mein Mann ist in der ehemaligen DDR aufgewachsen. Deswegen weiß ich, dass es stimmt, dass die Kinder oft in einer Reihe aufs Töpfchen gesetzt wurden und erst wieder aufstehen durften, wenn sie „erfolgreich“ waren. Ja, manchmal wurden sie sogar angebunden. Brrr… ganz schön grauslich. Der (ein Stück weit sogar verständliche) Hintergrund: Wo es praktische Einwegwindeln, wenn überhaupt, nur teuer gab, sollten Kinder früh sauber werden. Geschichten wie diese haben vielleicht dazu beigetragen, dass Töpfchentraining ein wenig in Verruf geraten ist – als so gar nicht kindgerechter Sauberkeits-Drill.
Dabei gibt es eigentlich keinen Grund, ein „Töpfchentraining“ rundum zu verdammen, wenn man darunter nicht versteht, ein Kind mit Gewalt zum Trockenwerden zu nötigen!
Nur nicht zu früh anfangen
Beim Essen sind für die eine Familie exakte Breipläne und für die andere Wed Leaning genau das Richtige. So individuell ist es auch beim Trockenwerden. Man kann die „Töpfchenphase“ überspringen und das Kind – dann etwas später – direkt an die Toilette gewöhnen. Man kann das Töpfchen mit Windelfreiheit kombinieren,… Die beste Methode ist die, die zu euch und euren Kindern passt. Dasselbe gilt für den richtigen Zeitpunkt: Vielleicht werden eure Kinder schon mit zwei Jahren so gut wie trocken. Vielleicht werden sie aber auch mit sieben Jahren zumindest nachts noch nicht von ihrer Blase geweckt, bevor diese sich entleert.
Erst mit 18 bis 24 Monaten ist der Körper deines Kindes so weit, überhaupt nur zu spüren, dass es muss. Es früher anzutreiben, bewirkt oft das Gegenteil vom Gewünschten. Unter Stress unterdrückt dein Kind vielleicht sogar seinen Stuhl – und hat dann Bauchweh. Generell sind Druck oder Schimpfen tabu. Deshalb sind auch Pipi in der Hose sowie Ausscheidungen allgemein niemals „Bäh“ oder „Igitt“. Selbst wenn dein Kind schon größer ist, macht es nicht in die Hose, um dich zu ärgern, sondern höchstwahrscheinlich, weil es den Druck auf Blase und Darm (insbesondere beim Spielen) noch nicht richtig wahrnimmt.
Bereit fürs Töpfchen?
Ein guter Zeitpunkt fürs Töpfchen ist hingegen gekommen, wenn dein Kind:
- bereits sitzt und läuft
- unkomplizierte Anweisungen versteht
- gerne alles selbstständig erledigen möchte
- euch gerne imitiert, z.B. auch beim Toilettengang
- sich über Lob für neue Fähigkeiten freut
Töpfchentraining? Ganz langsam Schritt für Schritt
Dein Kind gibt das Tempo vor. Wenn es gerade mit viel Neuem konfrontiert ist (Umzug, Gruppenwechsel in der KiTa, etc.), wartet lieber noch ein Weilchen. Falls es bei euch aber gerade relativ entspannt ist, kannst du es dann erstmal angezogen mehrmals am Tag (nicht länger als fünf Minuten) aufs Töpfchen setzen, um es daran zu gewöhnen, später dann nackt.
Erstmal muss dein Kind natürlich begreifen, was es dort überhaupt tun soll. Dabei helfen entsprechende (Bilder-)Bücher oder einfache Erklärungen. Wenn etwas kommt, gut, wenn nichts kommt, auch gut. Auf jeden Fall muss dein Kind nicht länger sitzenbleiben, als es möchte. Sobald dein Kind das Töpfchen benutzt, sind Höschenwindeln und Schlupfhosen ideal, weil es sich die ratzfatz selbst ausziehen kann – super fürs Gefühl der Selbstwirksamkeit.
Anders als Schimpfen können Belohnungssysteme das Trockenwerden deines Kindes unterstützen – wenn du so etwas magst. Es freut sich, wenn du seine tolle neue Fähigkeiten anerkennst, zum Beispiel in Form eines hübschen Buchs, in das ihr nach jedem erfolgreichen Töpfchen- oder später Toilettengang einen Sticker klebt.
Ach, und falls ihr zwischendurch die Sorge habt, dass eure Kinder nie trocken werden: Doch. Werden sie, ganz bestimmt – in ihrer ganz eigenen Zeit.