Zwei Männer, sechs Fragen…
Wir haben unseren Echten Papas Florian Schleinig und Marco Krahl in Zuge unserer Vatertags-Aktion mal auf den Zahn gefühlt – und die beiden haben uns herrlich ehrlich geantwortet. Ihr seid gespannt?
Also, los geht´s: #papaerzaehldochmal
Ihr beiden, sagt doch mal: Was macht eurer Meinung nach einen „guten Vater“ aus?
Florian: Vatertag ist für mich ein besonderer Zeitpunkt, um mir mal selber die Frage zu stellen: „Was für ein Vater möchte ich eigentlich sein?“. Ich habe in den letzten sechs Jahren eine ganze Menge gelernt. Ich finde, ein guter Vater hat auch Schwächen. Er hat auch Themen aus der Vergangenheit, die ihn prägen und ein Leben lang begleiten. Ich finde, es zeichnet ihn aus, wenn er sich seiner Schwächen bewusst wird.
Das ist mir zumindest klar geworden. Ich finde es wichtig, an Tagen wie diesen, geht in euch, sucht nach Themen, die den Alltag mit euren Kindern schwer erscheinen lassen. Fragt euch, was des Problems Kern ist, filtert die Auslöser heraus und oftmals findet ihr Ähnlichkeiten aus eurer eigenen Kindheit. Und dann kann es eigentlich nur noch besser werden.
Marco: Einen guten Vater erkennt man daran, dass er sich selbst die Frage stellt, ob er ein guter Vater ist. Hast du dir diese Frage schon mal gestellt?
Jetzt mal ehrlich: Habt ihr euch das Vatersein so vorgestellt?
Florian: Nein, ich habe mir das Vater sein so nicht vorgestellt. Ich hatte noch nicht einmal irgendeine Vorstellung… Das, was meine Vorstellung, die ich nicht hatte, noch komplett übertrifft, ist jedoch, dass es doch sehr abwechslungsreich ist. Es macht Spaß, ist manchmal nervenaufreibend… Es lohnt sich auf jeden Fall. Und ich finde, es lohnt sich für einen selbst – jedenfalls hat es sich für mich bisher sehr gelohnt.
Marco: Definitiv nein! So habe ich mir das Vater sein nicht vorgestellt. Allerdings muss ich auch gestehen, dass meine Vorstellungen schemenhaft waren. Das kann ich mir im Nachhinein auch ankreiden. Ich habe mir im Vorfeld viel zu wenig Gedanken gemacht, wie es ist, Vater zu sein. Mein Tipp, an alle werdenden Väter: Macht euch mehr Gedanken, überlegt, lasst eure Fantasie spielen, sprecht vor allem mit eurer Partnerin – das ist die beste Voraussetzung.
Welche Ängste und Sorgen begleiten euch im Alltag?
Florian: Ich glaube, mich begleitet eine grundlegende tägliche Angst. Kann ich mein Kind etwa gut genug vor dem Straßenverkehr beschützen und derartige Dinge. Ich glaube aber auch, dass ich es gelernt habe, ein Stückweit sorglos durch den Alltag zu gehen.
Denn ich kann nicht überall sein. Es ist wichtig, auch loszulassen, um da nicht den Verstand zu verlieren. Die größte Sorge, die ich habe, ist: ‚Bin ich ein guter Vater?‘“
Marco: Tatsächlich habe ich ganz viele Ängste und Sorgen bezüglich meiner Kinder. Das können praktische Ängste sein, z.B. dass sie in der Schule geärgert werden, aber natürlich auch übergeordnete Ängste. Gerade in Zeiten von Corona und Krieg.
Aber ehrlich gesagt ist die Zeit zu schade, um sich nur den Ängsten und den Sorgen zu stellen. Klar, sind sie auch wichtig, aber sie dürfen nicht die Überhand gewinnen. Deshalb plädiere ich dafür, lasst die Ängste und Sorgen auch mal beiseite und genießt das Leben.
Rollenbilder verändern sich. Immer mehr Väter möchten sich die Erziehung 50:50 teilen. Kannst du es dennoch verstehen, wenn Männer heutzutage sagen, dass sie die Erziehung lieber der Frau überlassen?
Florian: Nein! Nein, das kann ich nicht verstehen. Ich glaube, das möchte ich auch nicht verstehen. Ich bin der Meinung, wir leben heutzutage in einer Welt, in der es wichtig ist, dass wir miteinander leben und gleichberechtigt die Erziehung, die Care Arbeit teilen.
Wie reich wäre unsere Gesellschaft, wenn wir noch viel mehr darauf fixiert und fokussiert wären, uns die Arbeit auch wirklich aufzuteilen. Ich glaube, dass beide Geschlechter wunderbar voneinander lernen und es ist wichtig, dass wir voneinander lernen.
Pflege nur einem Geschlecht zu überlassen, finde ich sehr egoistisch und einseitig gedacht. Für mich ist es keine grundlegende Erziehung, es ist eine Beziehung die dort aufgebaut wird. Am Ende geht es also um die Beziehung zwischen den Eltern, egal welchen Geschlechts, und den Kindern. Dabei ist es wichtig, dass alle einen Teil übernehmen. Was am Ende der gesamten Gesellschaft zugute kommt und nicht nur einem selbst.“
Marco: Ich kann total gut verstehen, wenn ein Mann sagt, er hält sich aus der Kindererziehung raus und überlässt das der Frau. Aus dem einfachen Grund, weil es viele Männer nicht anders gelernt haben und, weil es vielen auch nicht anders vorgelebt wurde. Wenn wir an unsere eigenen Väter denken…
… diese Generation, das waren zum größten Teil abwesende Väter. Wie sollen wir denn wissen, wie es funktioniert? Da kann ich aber nur alle dazu motivieren über ihren Schatten zu springen, nicht ihren Vater nachzuahmen und die Kraft und den Mut aufzubringen und es anders zu machen. Es lohnt sich wirklich!
Väter in Eltern- oder Teilzeit sind noch längst nicht die Norm und werden immer wieder belächelt. Habt ihr Erfahrungen mit „Dad-Shaming“ gemacht?
Florian: Ja, ich habe Erfahrungen mit Dad-Shaming gemacht. Mittlerweile ist mein Sohn sechs Jahre alt – die Erfahrungen liegen schon etwas zurück. Ich wusste vor der Geburt, dass ich in Elternzeit gehen wollte und am Ende dann auch gegangen bin. Das war der Auftakt von gezielten Nadelstichen, denen ich, im Alltag und im Job, ausgesetzt war.
Das fühlt sich nicht gut an, wenn man immer mal wieder einen Spruch, der ja am Ende nicht so gemeint war, an den Kopf geworfen bekommt. Mit mir hat das eine ganze Menge gemacht. Es war für mich eine erniedrigende Erfahrung. Dass das heute überhaupt noch möglich ist, überrascht mich immer wieder.
Marco: Mit Dad-Shaming habe ich überhaupt noch keine Erfahrungen gemacht. Als mein Sohn geboren wurde, habe ich auf eine 4-Tage-Woche reduziert. Als meine Tochter 2008 geboren wurde, war ich einer der ersten bei uns in der Redaktion, der für sechs Monate in Elternzeit gegangen ist.
Jetzt habe ich meine Arbeitszeit auf 90 Prozent reduziert und tatsächlich hat sich mein Arbeitgeber nie quer gestellt, ich wurde immer unterstützt und mir wurde alles ermöglicht, sodass ich möglichst familienfreundlich arbeiten konnte. Ich glaube, da ist es auch mal Zeit, „Danke“ zu sagen.
Ich wünsche einfach allen, dass sie auch solche Arbeitgeber*innen haben – das hilft sehr viel.
Wir schauen in die Zukunft: Was wünschst du dir, was dein Kind/deine Kinder in 20 oder 30 Jahren über die Vater-Kind-Beziehung mit dir sagen?
Florian: Ich hoffe, dass er nur Gutes über unsere Beziehung sagen wird. Ich hoffe, dass er mich hin und wieder in gewisser Weise versteht oder lernt zu verstehen, warum ich mich in der ein oder anderen Situation so verhalten habe. Und das er auch versteht, dass ich am Ende des Tages auch „nur“ das Kind meiner Eltern bin.
Das ich eine gewisse Strenge hatte, aber dass ich ihm die richtigen Dinge beigebracht habe und das wir auch weiterhin eine gute Beziehung führen. Das er mir vielleicht auch den ein oder anderen Ausrutscher oder Fehler nicht nachträgt.
Ich hoffe auch, dass ich ihm bis dahin ganz viel mit auf den Weg geben konnte, wofür er mir vielleicht sogar dankbar sein kann. Wir wissen leider nicht, ob das, was wir unseren Kindern heute mitgeben, auch in 20 oder 30 Jahren noch wichtig oder wertvoll ist.
Aber manchmal habe ich den Eindruck, ich bin auf einem guten Weg…
Marco: Ich hoffe, dass meine Kinder in 20 oder 30 Jahren über unsere Beziehung sagen: „Papa war immer für mich da, Papa hatte immer ein offenes Ohr, Papa hat immer geholfen“. Ich sprach letztens einen Kumpel, der mir erzählte, dass er Angst vor seinem Vater hatte. Sogar noch als erwachsener Mann – bis zum 40. Lebensjahr. Angst kann aber nicht die Basis einer gesunden Beziehung sein. Das versteht sich von selbst. So ein Vater möchte ich nicht sein.
Florian Schleinig (Fotograf und Medienmensch) und Marco Krahl Redaktionsleiter von (Men´s Health DAD) sind die Hosts unseres Echte Papas-Podcasts. Dort sprechen die beiden über das Leben als Väter – zu zweit und mit Müttern, anderen Vätern, Experten wie Coachs sowie Ärzten und überhaupt mit allen, die zum Themen viel Wissen oder eine Meinung haben. Die Themen sind kunterbunt wie die selbstgemalten Bilder Eurer Kids: Vereinbarkeit von Job und Familie, Geburtsvorbereitungskurs speziell für Männer, lernen von Müttern und umgekehrt, der erste KiTA-Tag und und und…