„Nein!“, „Stop!“, „Komm jetzt!“ – Würde man ein kleines Kind fragen, welche Wörter es besonders häufig (und ungerne) hört, stünden solche wie diese sicher ganz oben auf der Liste. Wie frustrierend! Immer nur Grenzen, Verbote und Kommandos. Dabei will es doch soviel ausprobieren, erkunden und austesten – auch seinen eigenen Willen.
Darum hilft Strenge wenig gegen „Bockigkeit“:
Druck erzeugt Abwehr. Im Ernst: Wie toll finden wir es, herumkommandiert zu werden? Genau! Okay, wenn dein Kind dabei ist, ohne zu schauen auf die Straße zu rennen, rufst du natürlich laut „Stop!“ Wenn es einfach nur seine Jacke nicht anziehen oder auf dem Spielplatz bleiben will, kommst du entspannter ins Ziel, wenn du dein Anliegen positiv formuliert. Statt „Los, wir gehen jetzt!“ oder „Ich will jetzt endlich los“, könntest du zum Beispiel sagen: „Das hat wirklich Spaß gemacht, oder? Lass uns bald mal wieder herkommen. Aber jetzt sollten wir zu Abend essen. Sollen wir dafür vielleicht noch ein paar Brötchen holen?“
So teilst du zwar auch mit, dass es Zeit wird, aufzubrechen – aber du stellt zugleich etwas Gutes in Aussicht und überlässt dem Kind eine Entscheidung. Selbst Verbote lassen sich ganz oft positiv formulieren, indem du sagst, was du willst – und nicht, was du nicht willst. „Hör auf, mir so ins Ohr zu brüllen?“ Probiere stattdessen mal: „Du bist gerade ganz schön laut. Sprichst du bitte etwas leiser? Dann höre ich dir sogar noch viel lieber zu.“
Wenn du nicht einfach nur forderst und verbietest, sondern dein Kind – freundlich und begründet – um seine Kooperation bittest, ist die Chance viel größer, dass es tatsächlich mitzieht. Denn dann hat es das Gefühl ernstgenommen zu werden – und das seine Mitarbeit für dich zählt. Im Grunde sind unsere Kinder nämlich (meistens) bereit, uns zu unterstützen.
Das echte Bedürfnis hinter dem Verhalten erkennen
Oft reagieren wir auch mit harschen Kommandos, weil wir etwas total unsinnig finden. Zum Beispiel bei Minusgraden mit dem Kind darüber diskutieren, ob es einen Mantel tragen soll. Wir glauben dann vielleicht, das Kind weigert sich aus reiner Bockigkeit – und sind genervt. Aber vielleicht steckt etwas anderes hinter seinem Verhalten. Möglicherweise kratzt das Schild im Nacken oder es wurde wegen dem babymäßigen Aufdruck auf dem Rücken geärgert? Statt einfach zu sagen „Du ziehst den jetzt an, es ist kalt!“, frag dein Kind doch erst einmal, warum es ihn nicht anziehen will.
Vielleicht wirst du überrascht, wenn du die Antwort hörst. Und wenn du merkst, dass dein Kind dir eben nicht einfach nur das Leben schwer machen will, kannst du viel entspannter auf das eigentliche Bedürfnis reagieren. Vielleicht kann es dir aber auch keinen guten Grund nennen, oder es ist sprachlich noch gar nicht in der Lage, seine Absicht zu formulieren. Das heißt trotzdem nicht, dass es dich ärgern will. In erster Linie will es dann deine Aufmerksamkeit und dein Verständnis.
Manchmal müssen wir unsere Kinder zu etwas zwingen
Bei aller Empathie, die wir unseren Kindern entgegen bringen, müssen wir sie im Auto anschnallen, selbst wenn sie sich nach gutem Zureden immer noch mit aller Gewalt sträuben. Aber je weniger du deine Macht als die letztlich Stärkere ausspielst, desto weniger wird dein Kind sich sträuben, wenn es darauf ankommt. Kinder brauchen das Gefühl, zumindest über Bereiche ihres Lebens selbst zu bestimmen – und das Gefühl, dass wir sie trotzdem nicht im Stich lassen.
Manchmal verweigern sich Kinder nämlich nur deshalb so beharrlich, weil ihnen gerade das Gefühl der Verbindung zu uns fehlt. Das heißt nicht unbedingt, dass wir etwas falsch gemacht haben. Dahinter kann alles mögliche stecken – zum Beispiel die unterdrückte Eifersucht aufs kleine Geschwisterchen, das einen Großteil unserer Zeit beansprucht, oder eine unausgesprochene Enttäuschung über eine (vermeintliche) Unachtsamkeit von uns. Dann hilft: soviel wie möglich miteinander lachen, knuddeln und zuhören. Das ist überhaupt die beste Medizin!