Eine alte Freundin von mir brachte vor einigen Tagen ihren Sohn auf die Welt. Obwohl sie als Mama von zwei Mädchen bereits reichlich Erfahrung mit Babys hat, kam nun unbekanntes Terrain auf sie zu.
Wieso pinkelt er sich und seine Mama ständig an, wenn er gewickelt wird, und wie kann man dem entgegensteuern? „So ist das nun mal bei Jungs“ hörte ich die Krankenschwester sagen, als ich meine Freundin im Krankenhaus besuchte. Ich dachte sofort: „Bin ich froh, dass ich ein Mädchen habe!“ Diese „Unfälle“ sind natürlich nicht schlimm und passieren auch bei Mädchen, aber die Sauerei ist erheblich geringer…
Ich denke, es ist nicht ungewöhnlich, dass sich viele Frauen Mädchen wünschen und viele Männer Jungs. Es ist nur verständlich, dass wir uns im ersten Moment ein Kind wünschen mit dem selben Geschlecht wie wir. Es ist vielleicht die unbewusste Angst vor den unbekannten Körperteilen, die Männer und Frauen dazu führt, sich Kinder mit dem jeweils eigenen Geschlecht zu wünschen.
Doch es gibt sicherlich genug Gegenbeispiele, wo dies nicht so ist. Eine andere Freundin erzählte mir mal, dass sie sich schon immer Jungs wünschte, und es ist auch zwei Mal so gekommen. Sie ist eine typische „Jungs-Mama“ und sehr froh darüber.
So wie ich eben eine typische „Mädchen-Mama“ bin. Ich wollte schon immer eine Tochter und als ich schwanger wurde, wusste ich von Anfang an, dass es ein Mädchen wird, es kann gar nicht anders kommen.
Jetzt denkt sich die ein oder andere bestimmt: Was für ein Quatsch! Natürlich kann man vorab nicht wissen oder „spüren“, was im Bauch heranwächst, es ist reines Wunschdenken – erst nach einer Ultraschalluntersuchung hätten wir Gewissheit oder zumindest einen mehr oder minder sicheren Anhaltspunkt.
Als meine Frauenärztin sagte, dass es ein Mädchen wird, war ich überglücklich. Jeder sagt im Vorfeld „Du wirst es lieben, egal was es wird“. Ja, das stimmt schon. Aber wie erleichtert war ich, als ich hörte, es wird ein Mädchen. Ich muss es einfach zugeben.
Mittlerweile ist meine Tochter knapp zweieinhalb Jahre alt und sie liebt Kleidchen, Ketten und Rosa. Ihre Haare sind ganz schön gewachsen, und mittlerweile kann ich ihr einen Zopf flechten oder lustige Haarspangen in ihren Haaren verteilen. Selbst mein Mann ist ein hingebungsvoller Frisurenmacher geworden.
Ja, ich liebe es, meiner Tochter hübsche Kleider anzuziehen. Und ihr Papa liebt es, sie in ein Prinzessinnenkostüm zu stecken. Damit keine Missverständnisse entstehen: Ich bin keine Mutter, die eine lebende Barbie kreieren möchte. Mein Mädchen hat einen unglaublich starken Willen und weiß ganz genau, was sie morgens anziehen möchte, sie zu zwingen ist schlicht unmöglich.
Doch ich kann nicht leugnen, dass mein Herz strahlt, wenn meine süße kleine Maus so „Mädelskram“ macht, wie Ponys toll finden, die Farbe Rosa schön finden und am Allerliebsten beides in einem hat: rosa Ponys! Ich selbst trage fast nur schwarz und bin gespannt, ob sie irgendwann Rosa verschmäht und die Mama nachmacht.
Mein Mann sagt mittlerweile, dass er auch sehr froh ist, dass wir ein Mädchen bekommen haben. Was soll er denn sonst sagen? Wenn das Kind da ist, dann liebt man es. Im Nachhinein lässt es sich immer leicht sagen „Ich wollte schon immer ein Mädchen“ oder umgekehrt.
Zum Glück leben wir in einer fortschrittlichen Welt, wo ein Mädchen kein unerwünschter Nachwuchs ist. Unsere Thronfolgerin darf alles sein, was sie möchte: Rosa Prinzessin, Pilotin, Pferdenärrin, Mikrobiologin, Malermeisterin – Hauptsache, sie ist glücklich.
Obwohl ich die perfekte Kundin für die typischen Mädchensachen bin, finde ich es trotz allem erschreckend, wie schwierig es ist, meiner Tochter auch geschlechtsneutrale Sachen zu kaufen.
Es ist ja immer noch so: Wehe, ein Junge interessiert sich für Puppen und Prinzessinnen oder ein Mädchen spielt mit Autos statt mit Puppen!
Unsere Tochter spielt im Rüschenkleid mit einem Traktor. So mag ich das.