„Das erste Jahr mit meinem kleinen Sohn ging so schnell vorbei. Plötzlich stand die Eingewöhnung in der Kita vor der Tür und ich konnte es kaum glauben. Eben war er doch noch mein winziges Baby, morgen sollte ich mit ihm schon in eine Kita gehen? Es traf mich mit einer Härte, die ich nicht kommen gesehen hatte. Schon am Abend vorher, nachdem ich meinen kleinen Engel ins Bett gebracht hatte und mich wieder ins Wohnzimmer zu meinem Mann setzte, wurde mir plötzlich ganz schwer ums Herz.
Konnte ich das wirklich über mich bringen?
Wir waren noch nie länger als ein paar Stunden voneinander getrennt und auch, wenn ich mich auf die Entlastung durch die Kita gefreut habe, spürte ich plötzlich einen Kloß im Hals, als ich daran dachte, dass unsere Zeit zu zweit nun erstmal vorbei sein würde. Wir würden bald einen großen Teil unserer Zeit getrennt voneinander verbringen und mein kleiner Abenteurer würde hunderte neue Erfahrungen machen – ohne mich.
Mir kamen die Tränen und mein Mann tröstete mich und erinnerte mich daran, dass wir eine tolle Kita ausgesucht hatten und ich mich doch eigentlich auch darauf freute, wieder arbeiten zu gehen, darauf, rauszukommen und meine Lieblingskolleginnen wiederzusehen. Am Morgen versuchte ich, mir nichts anmerken zu lassen, schließlich sollte mein Sohn möglichst positiv in seine Kita-Zeit starten.
Doch sobald wir das Gelände betraten, musste ich wieder heftig um Fassung ringen.
Waren die anderen Kinder nicht schon viel größer als mein kleiner Engel? Spielten sie nicht viel zu laut und ruppig miteinander, als dass mein Sohn sich hier wohlfühlen könnte? Augenblicklich erfüllten mich große Zweifel, ob wir hier wirklich das Richtige taten. Mein Kind war vielleicht doch noch zu klein und ich fühlte mich alles andere als bereit.
Zum Glück kam in diesem Moment eine lächelnde Erzieherin auf mich zu, die ich schon beim Informationsgespräch kennengelernt hatte. Sie nahm uns freundlich in Empfang. Als ich meinen Kleinen mit der Erzieherin beobachtete, beruhigte sich mein innerer Aufruhr ein bisschen. Er schien sich wohlzufühlen. Auch, wenn er mir immer wieder unsichere Blicke zuwarf, ließ er sich auf Spiele ein und lachte. Ich war erleichtert. In den nächsten Tagen gewöhnten wir uns beide an die Kita und ich fasste neuen Mut.
Bis dann der erste Trennungsversuch an der Reihe war.
Ich wusste, dass es heute soweit sein würde und hatte schon vorher schwitzige Hände. Gleich würde ich aufstehen und meinen Engel zum ersten Mal alleine in der Kita zurücklassen. Zwar nur für eine halbe Stunde, aber trotzdem wartete ich angespannt auf mein Zeichen. Als mein Sohn gerade in ein Spiel vertieft war, ging ich unauffällig hinaus. Doch durch die geschlossene Tür hörte ich, dass er plötzlich laut nach mir rief und wäre am liebsten wieder reingerannt.
Aber die Erzieherinnen hatten mich darauf vorbereitet und wir hatten ausgemacht, dass sie zunächst versuchen, ihn zu beruhigen. Wenn das nicht möglich war, würden sie mir Bescheid geben. Also biss ich die Zähne zusammen und setzte mich draußen ins Auto. Kaum war die Autotür zu, brach es aus mir heraus und ich heulte Rotz und Wasser. Es hat mir das Herz zerrissen, meinen Sohn zurückzulassen, obwohl er nach mir gerufen hat. Ich kam mir furchtbar vor und überlegte ernsthaft, ob ich hineinstürmen, mein Kind an mich reißen und mit ihm davonfahren sollte.
Zum Glück habe ich das nicht gemacht.
Denn als die 30 Minuten vorüber waren und ich mit geröteten Augen wieder die Kita betrat, saß mein Sohn ganz ruhig da und spielte mit der Erzieherin. Von mir fiel eine riesige Last ab und es kostete mich einige Selbstbeherrschung, um mein Kind nicht auf der Stelle an mich zu reißen und es mit Küssen zu überschütten. So stolz war ich auf meinen kleinen, großen Mann.
Die Eingewöhnungsphase ist nun schon ein halbes Jahr her, trotzdem erinnere ich mich noch gut an Trauer und Ängste, die ich damals hatte. Heute habe ich manchmal immer noch ein beklemmendes Gefühl, wenn ich mein Kind in der Kita abgebe, aber zum Glück ist er bisher immer gerne hingegangen. Er dreht sich meistens noch nicht mal nach mir um, während ich ihm wehmütig nachschaue. Aber gleichzeitig freue ich mich, dass wir einen Platz haben, an dem ich meinen Sohn gut versorgt weiß.”
Liebe Luisa, vielen Dank, dass du uns deine Geschichte anvertraut hast. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!
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