Alkohol in der Schwangerschaft ist ein absolutes Tabu. Und da gibt auch kein Wenn und Aber.
Denn die Schädigungen des noch ungeborenen Kindes können ernorm sein. Hirnschäden, Entwicklungsstörungen, körperliche Behinderungen oder das Fetale Alkoholsyndrom (körperliche und geistige Einschränkungen des Babys) sind Folgen von Alkoholkonsum. Beim Trinken von Alkohol geht das Ethanol über das Blut schnell auf das ungeborene Kind über. Das Baby hat somit den selben Promillegehalt wie die Mutter, braucht allerdings deutlich länger, diesen wieder abzubauen.
Aber: In keinem Land der EU ist das Trinken von Alkohol in der Schwangerschaft eine Straftat.
Vor Kurzem sprach sogar ein englisches Gericht eine Mutter frei, die während ihrer Schangerschaft täglich eine halbe Flasche Wodka trank.
Die Frau wurde von ihrer Gemeinde aus dem Nordwesten Englands auf Schadensersatz verklagt. Die Frau hatte während ihrer Schwangerschaft sehr viel Alkohol getrunken, von einer halben Flasche Wodka und bis zu acht Dosen Starkbier ist in der Klageschrift die Rede. Ihre Tochter kam schwerstbehindert zur Welt.
Laut der Gemeinde wusste die Frau sehr genau, was sie ihrem Baby mit dem Alkoholkonsum antut. Sie habe mit Ärzten über das Risiko gesprochen und trotzdem weiter getrunken. Die Mutter hatte offensichtlich ein Suchtproblem.
Das Gericht in London brauchte mehr als fünf Jahre, um zu einem Urteil in diesem Fall zu kommen. Am Ende hieß es, die Mutter sei „keiner Straftat schuldig“.
Der Fötus wurde nicht als Person angesehen und hat deshalb auch keinen persönlichkeitsrechtlichen Status.
Daher konnte die Mutter auf Basis der Rechtssprechung auch keine Straftat begehen.
Frauenrechtsorganisationen und auch die Politik waren nach dem Urteil erleichtert. Sie hatten Angst, dass mit einem Schuldspruch eine generelle Kriminalisierung von werdenden Müttern, die Alkohol trinken, einhergehen könnte.
Ann Furedi vom „British Pregnancy Advisory Service“ befürwortete das Urteil mit den Worten: „Das Urteil ist eine wichtiges Statement für alle Frauen auf der ganzen Welt. Das britische Gericht hat erkannt, dass Frauen in der Lage sein müssen, für ihre Schwangerschaft eigene Entscheidungen zu treffen.“
Und weiter: „Es gibt nur eine geringe Anzahl von Frauen, die während der Schwangerschaft sehr viel Alkohol trinken und ihre Probleme lassen sich nicht durch ein Gesetz oder Strafverfolgung lösen. Frauen, die sich in einer solchen Situation befinden, brauchen Hilfe und schnellen Zugang zu Ärzten und Spezialkräften.
Wir müssen einen Weg finden, der hilft, dass die wenigen Kinder, die mit dieser Krankheit geboren werden, die Hilfe kriegen, die sie benötigen, um ihr Leben in vollen Zügen zu leben, ohne ihre Mütter kriminalisieren zu müssen.“
Klar, eine suchtkranke Schwangere lässt nicht vom Alkohol, nur weil sie sich strafbar macht. Aber ob das wirklich nur „wenige Kinder“ betrifft?
Laut einer Studie kommen in Deutschland jedes Jahr ca. 10.000 Kinder auf die Welt, die durch Alkohol- oder Drogenmissbrauch geschädigt sind.
Trotzdem ist auch in Deutschland Alkoholkosum während der Schwangerschaft nicht strafbar.
Hilde Mattheis, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, sagte der „Welt“: „Als Gesundheitspolitikerin setzte ich mich für Programme ein, die Frauen frühe Hilfen bei Suchtproblemen ermöglichen. Diese Hilfen müssen niedrigschwellig sein und Anonymität wahren. Im Rahmen von Präventionsprogrammen und -kampagnen muss immer wieder vor den drastischen Folgen des Drogen- oder Alkoholkonsums während der Schwangerschaft gewarnt werden.“
Es bleibt nur zu hoffen, dass die Bemühungen des Gesundheitswesens und der Politik beiden Seiten helfen. Den Müttern und den Kindern.