Jedes Jahr am 21. März erinnert der Welt-Down-Syndrom-Tag an die Bedeutung von Vielfalt und Inklusion. Doch wahre Inklusion erfordert mehr als ein paar Worte und symbolische Gesten – sie muss im Alltag gelebt werden. Dafür setzt sich auch Mama Patrizia ein, die auf Instagram als tree.21 Einblicke in ihr Leben mit ihrem 13-jährigen Sohn Elijah teilt. Elijah ist ein fröhlicher, humorvoller Teenager mit eigenem Kopf – und mit Down-Syndrom. Trotz aller Liebe und Normalität begegnen ihnen noch immer Hürden, Vorurteile und fehlende echte Inklusion.
„Ich war 22, fast 23 Jahre alt, als ich schwanger wurde. Mitten im fünften Semester meines Bachelorstudiums, in einer toxischen und komplizierten Beziehung, wohnte ich noch bei meiner Mutter in meinem alten Kinderzimmer. Die Schwangerschaft verlief völlig unauffällig, und auch die Geburt war komplikationslos. Die Diagnose Down-Syndrom erhielt ich erst nach der Geburt meines Sohnes Elijah.
Meine Familie und Freunde reagierten verständnisvoll und unterstützend.
Dennoch hatte ich Ängste. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie unser Leben mit der Diagnose aussehen würde. Doch dann lernte ich eine Freundin kennen, deren Tochter ebenfalls das Down-Syndrom hat. Sie war damals zwei Jahre alt, lief, spielte und sprach wie jedes andere Kind.
Das half mir enorm, meine Sorgen abzubauen und zu verstehen, dass auch wir ein ganz normales Leben führen können.
Mein Studium habe ich trotz aller Herausforderungen abgeschlossen.

Elijah als Baby. Foto: Tree.21
Während ich stillte und mich an die Diagnose gewöhnte, standen zahlreiche Arzttermine an – obwohl Elijah organisch kerngesund war. Ich verstand nicht, warum wir trotzdem ständig zu Kontrolluntersuchungen geschickt wurden.
Sechs Wochen nach der Geburt trennte ich mich vom Vater. Es folgten Jahre einer On-Off-Beziehung, aus der ich mich endgültig erst trennen konnte, als häusliche Gewalt ins Spiel kam. Elijahs Vater hat sich nie wirklich um ihn gekümmert, und seit 2020 haben wir ihn nicht mehr gesehen. Er meldet sich nicht einmal zu Geburtstagen, sodass ich vor zwei Jahren den Kontakt komplett abgebrochen habe. Elijah vermisst ihn nicht – für ihn war sein Vater nie eine wirkliche Bezugsperson.
Aktuell ist die Pubertät unsere größte Herausforderung.
Typisch Teenager: Alles wird verneint, am liebsten will er zu Hause bleiben und am Tablet chillen. Wenn es darum geht, ihn zu überreden, etwas zu unternehmen, zeigt er eine unglaubliche Sturheit. Doch das kennen sicher viele Eltern von ihren pubertierenden Kindern.

Elijah und Patrizia an der See. Foto: Tree.21
Ein weiteres großes Thema ist die Bürokratie. Es kostet unheimlich viel Energie, Rezepte für Therapien von Ärzten oder der Krankenkasse einzufordern. Ich habe inzwischen einen tollen Kinderarzt gefunden, aber bis dahin war es ein harter Kampf. Es ist frustrierend, dass wir uns nicht nur um die besonderen Bedürfnisse unserer Kinder kümmern müssen, sondern auch ständig rechtfertigen und für unsere Rechte kämpfen müssen.
Dabei haben wir es ohnehin nicht leicht, gesellschaftlich akzeptiert zu werden.
Trotz dieser Hürden ist Elijah ein aufgeweckter, fröhlicher Junge. Er ist liebevoll zu seiner kleinen Schwester, humorvoll und liebt es, andere zu veräppeln – was er selbst natürlich immer unglaublich lustig findet! Er hat eine schnelle Auffassungsgabe, nutzt sie momentan aber eher ungern – eben ganz Teenager.
Heute leben wir in einer Patchwork-Familie. Mein neuer Partner kommt aus Amsterdam, und aktuell führen wir eine Fernbeziehung. Er verbringt jedoch viel Zeit bei uns, vor allem seit der Geburt unserer Tochter. Wir planen gerade ein besonderes Abenteuer nach den Sommerferien – mehr verrate ich aber noch nicht! Wer neugierig ist, darf uns online über meinen Instagram-Account Tree.21 gerne weiter begleiten.

Inzwischen hat Elijah ein kleines Schwesterchen. Foto: Tree.21
Ich finde die Aktion mit den bunten Socken am Welt-Down-Syndrom-Tag eine tolle Sache, aber….
Sie schafft Aufmerksamkeit, was gut ist, aber es reicht nicht, einmal im Jahr ein Zeichen zu setzen. Viele Eltern feiern auf Instagram ihre Inklusionsbereitschaft, tragen bunte Socken – und doch schicken sie ihre Kinder nicht auf inklusive Schulen oder laden Kinder mit Behinderung nicht zu Geburtstagen ein. Diese oberflächliche Art der Unterstützung kritisiere ich stark. Wahre Inklusion bedeutet, Menschen mit Behinderung ganz selbstverständlich in unser Leben zu integrieren.
Ein weiteres Thema, das mich beschäftigt, ist die hohe Abtreibungsquote bei der Diagnose Down-Syndrom. Es gibt viele Vorurteile, und oft fehlt es an richtiger Aufklärung. Schon vor der Einführung des nicht-invasiven Pränataltests (NIPT) lag die Quote der Abtreibungen bei dieser Diagnose bei 90 %. Ich verurteile niemanden für seine Entscheidung – jede Familie muss ihren eigenen Weg finden.
Aber ich kann aus meiner Erfahrung sagen: Das Leben mit einem Kind mit Down-Syndrom ist nicht das Ende der Welt. Im Gegenteil – es ist voller Liebe, Freude und neuer Perspektiven.
Elijah hat mir gezeigt, was im Leben wirklich wichtig ist.

Elijah ist mittlerweile ein Teenie. Foto: Tree.21
Früher war ich oberflächlicher, doch heute setze ich mich aktiv für Inklusion ein. Ich möchte anderen Müttern Mut machen. Unser Leben ist nicht anders als das anderer Familien – wir haben denselben Alltag, dieselben Sorgen und dieselbe Liebe füreinander. Die Pubertät ist vielleicht herausfordernd, aber das ist sie für alle Eltern.
Also an alle Mamas, die vielleicht gerade mit einer Diagnose konfrontiert werden: Es ist kein Weltuntergang. Die Liebe, die ihr für euer Kind empfinden werdet, ist unbeschreiblich. Es gibt so viele tolle Familien, die zeigen, wie normal und schön das Leben mit einem Kind mit Down-Syndrom ist. Ich hoffe, dass immer mehr Menschen bereit sind, über den Tellerrand hinauszuschauen und echte Inklusion zu leben – nicht nur am 21. März, sondern jeden Tag.”
Liebe Patrizia, vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!
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