„Als Mama schüchtern zu sein, macht wirklich einsam.“

„Mia geht durchs Schultor, winkt mir noch einmal fröhlich zu und geht dann fröhlich mit ihren Freundinnen quasselnd in ihr Klassenzimmer. Ich starte den Motor und will heimfahren. Die Arbeit im Homeoffice ruft. Während ich den Rückwärtsgang einlege, fällt mein Blick auf eine Gruppe Frauen, die vor der Schule zusammenstehen. Es sind einige Mütter von Mias Schulkameradinnen und -kameraden.

,Die Läster-Schwestern` nenne ich sie in meinem Kopf, wenn ich sie zusammenglucken sehe. Wenn ich ehrlich sein soll, ist das nur mein Neid.

Ich bin davon überzeugt, dass einige von ihnen richtig nett sind. Dass wir gute Freundinnen sein könnten! Und dass es sie zumindest nicht stören würde, wenn ich mich zu ihnen stellen würde.

Aber ich kann das nicht. Ich kann einfach nicht aus meiner Haut. Ich bin zu schüchtern.

Ich war schon immer sehr zurückhaltend. Jede Form der Aufmerksamkeit ist mir zuwider.

Ich kann keine Kontakte knüpfen, wenn ich den ersten Schritt machen muss. Es kommt mir belanglos und dumm vor, was ich sage. Deswegen schweige ich lieber.

Das war schon als Kind so. Als Teenie wurde es nochmal schlimmer – keine leichte Zeit. Immer malte ich mir aus, wie ich als Erwachsene dann eloquent und charmant durchs Leben schweben werde. Dieses Happy End blieb natürlich aus, was sollte sich auch ändern?

Ach, im Laufe meine Lebens arrangierte ich mich aber damit. Ich hatte eine Handvoll guter Freundinnen, bei ihnen fühlte ich mich sicher und gesehen. In meinem Job als Übersetzerin bin ich eine Einzelkämpferin, perfekt. Und mein Mann hat mich ,erobert`– zum Glück war er hartnäckig und verliebt genug, um mir Zeit zu geben, mich zu öffnen. Ich wäre immer noch gerne selbstbewusster gewesen, aber ich war glücklich.

Dann wurde ich schwanger. Und ich freute mich auf neue Kontakte, die doch mit Kind sicher ,automatisch` kommen würden.

Hundebesitzer schwärmen doch immer davon, dass sie jede Menge anderer ,Herrchen` kennenlernen würden. So in etwa stellte ich mir das auch mit Baby vor.

Krabbelgruppen, Rückbildungskurs, Spielplatz-Leidgenossinnen, die Mamas von Mias Kita-Freundinnen – ha, das würde ein Selbstgänger werden.

Und jetzt bin ich hier. Acht Jahre nach Mias Geburt. Und noch einsamer als zuvor. Denn die meisten meiner alten Freundinnen sehe ich kaum noch. Sie haben keine Kinder – und hatten wenig Lust, sich mit meinem Baby abzugeben. Abends mit ihnen loszuziehen, dazu hatte ich lange keine Kraft mehr, ich war über Jahre so so müde. In dieser Zeit entfernten wir uns voneinander.

Und das mit den neuen Freundinnen. Nun ja. Ich musste lernen, dass die Gemeinsamkeit ,Kind` natürlich KEIN Garant für harmonische Gespräche und neue Freundschaften ist. Ich habe mit anderen Müttern dieselben Probleme, die ich mit allen anderen Menschen habe: Nach dem ersten Satz macht mein Gehirn dicht, ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich will so gerne witzig und klug wirken, das setzt mich unter Stress.

Mir ist klar, dass das Quatsch ist und dass nicht alle anderen wirklich ständig tolle Themen und dolle Geschichte auf Lager haben. Aber es geht nicht.

Es braucht Zeit, damit man mich so richtig kennenlernen kann. Und Zeit ist das, was Eltern nicht haben.

Und so sind mir Elternabende und Schulfeste ein Gräuel. Mein Mann arbeitet viel, so besuche ich diese ,Events` in der Regel alleine. Ich stehe in der Ecke und halte mich an dem wässrigen Kaffee fest, der dort serviert wird. Und wenn sich die erste Gelegenheit bietet, zu verschwinden, ergreife ich sie.

Mein Leben ist wirklich schön, aber mir fehlen Freundinnen, mit denen ich mich austauschen kann. Nicht nur, aber auch über Kinder- und Schulthemen.

Zum Glück kommt Mia ganz nach meinem Mann. Sie ist quirlig, selbstbewusst und schwirrt strahlend durch ihr Leben. Sie hat eine große Klappe und viele Freundinnen. Das macht mich glücklich.“


Diese Mama möchte anonym bleiben. Vielen Dank, dass du uns deine Geschichte anvertraut hast! Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

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Laura Dieckmann

Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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fanna
fanna
2 Jahre zuvor

Liebe Mama,
deine Geschichte kommt mir so bekannt vor! Wir haben sogar den gleichen Beruf. Ich bin auch ziemlich schüchtern und traue mich selten, auf andere zuzugehen. Mir macht es aber trotzdem total viel Spaß, mich im Kindergarten zu engagieren. Vor ein paar Jahren habe ich mich getraut, mich in den Elternbeirat wählen zu lassen und dadurch habe ich wenigstens ein paar lockere Bekanntschaften knüpfen können. Auch beim Kinderturnen habe ich ein paar nette Eltern kennengelernt, die mich immerhin am Kindergarten morgens grüßen oder bei der Turnstunde ein paar Worte mit mir wechseln. Etwas leichter fällt es mir, wenn einige der extrovertierten Mütter mich mal ansprechen oder zum Beispiel beim Warten vor der Turnhalle etwas zu allen Eltern sagen. Dann fällt mir manchmal etwas ein, das ich antworten kann und es ergibt sich ein kurzes Gespräch.
Dadurch kenne ich bei Kindergartenveranstaltungen wenigstens ein paar Leute und fühle mich nicht komplett außen vor. Aber selbst bekannte Eltern anzusprechen, fällt mir sehr schwer.
Vor allem, wenn sie schon mit anderen Eltern vor dem Kindergarten stehen oder bei Veranstaltungen zusammen sitzen. Ich habe dann Angst, mich aufzudrängen und zu stören. In den Momenten bleibe ich auch alleine und beneide die anderen, denen das so leicht fällt. Ich fühle mich oft einsam, denn ich habe auch keinen Kontakt mehr mit meinen Freunden aus der Schulzeit. Hinzu kommt, dass mein Mann gar nicht gesellig ist, selbst auch keine Freunde hat und diese auch nicht vermisst. Er versteht mich in diesem Punkt gar nicht.
Meine ältere Tochter kommt jetzt in die Schule und ich habe mir fest vorgenommen, mich beim ersten Elternabend zu überwinden und die Mütter einfach anzusprechen, die ich schon ein bisschen kenne oder sogar mal jemanden, der auch alleine da steht. Da gibt es dann den Schulstart als „Einstiegsthema“ und ich hoffe, dass es mir dann ein bisschen leichter fällt, etwas zu sagen.
Ich wünsche mir ein paar tiefere Freundschaften und hoffe, dass es mir irgendwann gelingt, über meinen Schatten zu springen.

Ich wünsche dir viel Glück und Mut!

kwiien
kwiien
2 Jahre zuvor

Liebe Mama,
Ich bin an sich nicht schüchtern, aber ungeheuer schlecht in Smalltalk. Hinzu kommt eine nicht ganz so «stino» Lebenseinstellung. Mir fehlen auch oft die Anknüpfungspunkte und selbst wenn wir uns an einem Tag super toll unterhalten, kommt man selten weiter. Viele haben ihr soziales Umfeld von früher (ich war gut 10 Jahre 200km entfernt von der alten und nun aktuellen Heimat) und keine Kapazität, wen Neues zu integrieren. Mit zwei Arbeitskolleginnen verstehe ich mich super. Beide sind kinderlos und daher sind die Interessen dann doch oft andere und letztendlich sind 30km Entfernung auch nichts für spontane Aktionen zum Feierabend. Ich habe gute Freunde, die weit weg wohnen. Für den Alltag fehlen mir auch noch zwei, drei gute Freund*innen. Ich dachte auch, dass sich das mit Kind gibt. Es hat sich nicht mal mit zwei Kindern gegeben…

Lily
Lily
2 Jahre zuvor

Danke dafür, dass du seine Geschichte so authentisch und offen geteilt hast! Ich kenne das Gefühl, wenn Gespräche einfach nicht in Gang kommen wollen oder ich drei Anläufe brauche, den Raum, in dem der Elternabend statt findet, tatsächlich zu betreten. Meiner Erfahrung nach, haben die extrovertierten, „lauten“ Mamas genauso ihre Baustellen und Herausforderungen. Die eigene Verletzlichkeit zu zeigen und authentisch mit Schwächen umzugehen erfordert viel Mut, bringt am Ende aber oft tiefere Freundschaften hervor als vermeintlich cooler Smalltalk. Trau dich, zu sein wer du bist und gib nicht auf.

Becci
Becci
2 Jahre zuvor

Liebe schüchterne Mama,
Es ist nicht so leicht in der Welt der Mütter Kontakte zu knüpfen, die auch wirklich zu Freundschaften werden, das musste auch ich schmerzlich herausfinden. Ich bin eher ein offener Mensch und konnte egal wo sogar alleine hingehen und hatte nachher mehr als genug Gesprächspartner. Egal ob Hochzeitsfeiern, Partys, Zugreisen oder gar das Wartezimmer beim Frauenarzt überall komme ich mit den Menschen ins Gespräch und teilweise sind sogar Bekanntschaften durch solche banalen Gespräche entstanden… nur bei den Müttern bei uns im Dorf, schaff ich das nicht, irgendwie sind das besonders harte Nüsse. Insoweit kann ich dich etwas verstehen, ich weiß wie dass ist wenn die anderen immer zusammen reden und man selbst irgendwie dort keinen Anschluss findet, ich hoffe es hilft dir ein bisschen, wenn du siehst dass es auch anderen Menschen so ergeht und es nicht unbedingt nur am „Temperament“ liegt.