Scheitern ist unangenehm, das kennen wir auch als Erwachsene. Wir reden in der Regel nicht gerne darüber, wenn etwas nicht funktioniert. Schließlich leben wir in einer leistungsorientierten Gesellschaft. Etwas nicht zu können, löst deswegen bei vielen Schamgefühle aus. Und diese unangenehmen Gefühle möchten viele Eltern ihren Kindern ersparen.
Ihnen fällt es schwer, ihren Kindern beim Scheitern zuzuschauen. Schließlich sind Dinge, die für uns selbstverständlich sind, für die Kids noch eine riesige Herausforderung und die Versuchung entsprechend groß, den Kinder „vermeintlich” zu helfen. Denn eigentlich berauben wir sie mit unserer „Hilfe” einer ganz wichtigen Erfahrung. Auch wenn es unangenehm ist und eventuell einen kindlichen Gefühlsausbruch nach sich zieht: Für Kinder ist es ganz wichtig, dass sie scheitern dürfen.
„Du schaffst das nicht alleine.”
Wenn Eltern zu sehr eingreifen, um sie vor einem Fehler zu bewahren, senden sie damit nämlich zeitgleich die Botschaft: „Ich glaube nicht, dass du das alleine kannst.” Das erklärt die Psychologin und Erziehungsexpertin Dr. Michele Borba, die zusammen mit Julia Cook das Kinderbuch „I Got This“ verfasst hat, gegenüber dem Magazin Business Insider.
Was sie ihrem Kind damit auf jeden Fall nicht vermitteln: Dass es selbstbewusst an neue Aufgaben herangeht und das Scheitern als natürlichen Teil des Lernprozesses begreift. „Ich glaube sogar, dass Kinder, deren Eltern sie scheitern lassen, widerstandsfähiger, selbstbewusster und letztlich erfolgreicher sind als Kinder, deren Eltern ständig über ihnen schweben, um jederzeit rettend einzugreifen“, sagt Borba.
Was Eltern sich deswegen bewusst machen sollten
Es gibt deswegen ein paar Leitsätze, an denen Eltern sich orientieren können, die merken, dass sie leider dazu neigen, ihrem Kind alles aus der Hand zu nehmen. Ganz typische Vertreter sind zum Beispiel die sogenannten Helikoptereltern oder auch die Rasenmäher-Eltern, die so heißen, weil sie ihrem Kind jedes noch so kleine Hindernis aus dem Weg räumen.
1. Aufhören, jedes Problem sofort für das Kind lösen zu wollen
Sobald du schon wieder nervös wirst, weil dein Kind unbedingt selbst den Pulli anziehen will, aber der Kopf gerade noch im Ärmel hängt, atme tief durch, anstatt sofort einzugreifen. Dein Kind braucht deine Geduld, um sich selbst auszuprobieren.
2. Entwickelt gemeinsam einen Plan, wie es nächstes Mal klappt
Wenn dein Kind „scheitert”, dann geht es darum, gemeinsam zu überlegen, wie es vielleicht nächstes Mal funktionieren könnte. So lernt das Kind, dass nicht immer alles gelingt, dass dies aber keine ausweglose Situation ist.
3. Positive Herangehensweise trainieren
Wenn du deinen Nachwuchs dabei beobachtest, wie er sich in negativen Gefühlen verliert, weil ihm etwas nicht gelingt, solltest du bestärkend an seiner Seite sein.
4. Aufgaben strukturieren
Wenn eine Aufgabe zu schwer ist, um sie direkt zu bewältigen, können Eltern diese in viele kleine Schritte gliedern. So erreicht das Kind kleine Teilerfolge und lernt nach und nach das große Ganze.
Zu viel Eingreifen der Erwachsenen stört die angeborene „Entdeckerfreude” der Kinder
„Kinder haben eine angeborene Entdeckerfreude – bis irgendwann jemand kommt und ihnen sagt, was sie jetzt machen sollen“, glaubt auch Gerald Hüther, Autor des Buches „Rettet das Spiel!“ „Das Kind darf nicht das Objekt elterlicher Bemühungen werden, sondern es sollte unter liebevoller Begleitung losgelassen werden. Damit es sich die Welt selbst erschließen und seine Handlungskompetenzen selbst erwerben kann“, erklärt Hüther gegenüber Focus online.
Indem wir das metaphorische und buchstäbliche Hinfallen erlauben, schenken wir unseren Kindern außerdem eine weitere wichtige Lernerfahrung: das Umgehen mit Frustration. Schließlich läuft es im Leben nie so wie geplant, das Scheitern gehört dazu. Idealerweise schaffen es Eltern, ihrem Kind genau das zu vermitteln.
Wie machst du das mit deinem Kind: Lässt du es bewusst auch mal an kleineren Aufgaben scheitern? Verrate es mir in den Kommentaren.