Den Begriff Aufmerksamkeitsparadoxon sollten eigentlich alle Eltern kennen, aber leider kennen ihn die wenigsten. Er erklärt das Phänomen, dass Kinder unbemerkt ertrinken, obwohl sich Erwachsene in unmittelbarer Nähe befinden, zum Beispiel bei Gartenpartys, im Schwimmbad oder an Badeseen.
Im Sommer häufen sich wieder die schrecklichen Meldungen von Badeunfällen, oft sind auch Kinder betroffen.
Nicht immer können sie rechtzeitig gerettet werden. So ertrank am vergangenen Sonntag ein sechsjähriges Mädchen im Rangsdorfer See in Brandenburg. Wie Focus.de berichtet, hatten die Eltern ihr Kind um 15.30 Uhr vermisst gemeldet. Am Abend bargen die Rettungskräfte die Sechsjährige leblos aus dem See. Dabei war das Mädchen nicht alleine dort. Sie hatte mit Verwandten am Wasser gespielt und war plötzlich nicht mehr auffindbar.
Das Aufmerksamkeitsparadoxon ist eine der Ursachen weshalb so viele Kinder Opfer von Badeunfällen werden. Es beschreibt den Umstand, dass mehrere Erwachsene vor Ort sind und somit eigentlich viele Augen die Kinder im Blick haben sollten. Zumindest haben Eltern oft das Gefühl, dass ihre Kinder sicher sind, da ja immer jemand in der Nähe ist, der die Kleinen im Blick hat. Doch diese Sicherheit ist trügerisch und sogar gefährlich.
Denn niemand fühlt sich explizit verantwortlich für die Kinder.
Alle verlassen sich unbewusst auf die anderen und das Gefahrenbewusstsein des Einzelnen lässt nach. Wir gehen also automatisch davon aus, dass mehr Aufmerksamkeit für die Kinder da sein müsste, tatsächlich ist aber weniger da, weil niemand sich dafür verantwortlich fühlt, auf die Kinder zu achten.
Aufmerksamkeitsparadoxon: Was ihr dagegen tun könnt
Experten empfehlen deswegen eine einfache Technik, um das Aufmerksamkeitsparadoxon zu durchbrechen. Dr. Nikola Klün, Ärztin in der Kindermedizin, erklärt sie in einem Videobeitrag auf Instagram. Es handelt sich um eine Methode, die auch von Piloten für die „Multi-Crew-Communication”genutzt wird. Immer wenn ein Pilot die Verantwortung abgibt, sagt er: „Ich habe die Kontrolle über das Flugzeug und ich gebe sie ab.” Und derjenige, der übernimmt erwidert: „Okay, ich habe jetzt die Kontrolle über das Flugzeug und du hast sie abgegeben.”
Und wie lässt sich das jetzt auf das Problem des Aufmerksamkeitsparadoxon übertragen? Klün empfiehlt, dass Erwachsene es genauso machen sollten, wenn viele Erwachsene und Kinder zusammen sind und irgendwo ist Wasser. „Dann muss immer klar sein, wer ist verantwortlich und wer guckt gerade auf die Kinder. Und wer gibt die Verantwortung ab und wer ist danach zuständig.”
Es klingt banal und doch ist die Methode der Piloten sehr effektiv.
Die sogenannte Pilotentechnik rettet Leben und sollte damit allen Menschen bekannt sein. „So sollte es meiner Meinung nach immer laufen, auch wenn nur ein ganz kleines Wässerchen in der Nähe von Kindern ist”, schreibt Klün zu ihrem Beitrag.
Kanntest du die Pilotentechnik bereits?
Wir hoffen, wir konnten dir mit der Methode die Gefahren am Wasser bewusster machen und du hast nun eine einfache, aber wirkungsvolle Technik an der Hand, um deine Kinder zu schützen.
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Bin zwar keine Mama, fühle mich aber durch diesen Artikel auch als allein erziehender Papa angesprochen. Was Frau Krause beschreibt, sollte sich jedes Elternteil zu Herzen nehmen, da es eine simple psychologische Erfahrung illustriert, die immer und überall beherzigt werden sollte.