„Bedürfnisorientierte Erziehung“ ist ja gerade ein großer Trend unter Eltern. Auch ich stieß einige Wochen nach der Geburt meines Sohnes in einem Mama-Blog auf den Begriff und war schnell von der Erziehungsmethode überzeugt. Liebevoll und prompt auf die Bedürfnisse meines Babys und später Kleinkindes zu reagieren? Ja, das fühlte sich für mich richtig an. Im Gegensatz zu einigen Tipps, die ich sonst so aus dem Umfeld bekam („Lass ihn einfach mal schreien, dann lernt er, alleine einzuschlafen“) Leider habe ich dabei zu Beginn einen ganz typischen Fehler gemacht – denn eine bedürfnisorientierte Erziehung sollte auch Mamas Bedürfnisse berücksichtigen!
Was ist bedürfnisorientierte Erziehung genau?
Die bedürfnisorientierte Erziehung stellt die Bindung zwischen Eltern und Kind in den Mittelpunkt. Sie beruht der Bindungstheorie des Wissenschaftlers John Bowlby: Menschen haben seiner Forschung nach ein angeborenes Bedürfnis nach einer engen und von intensiven Gefühlen geprägten Beziehung zu anderen Menschen. Eine sichere Bindung entsteht, wenn Eltern feinfühlig auf die Signale ihres Kindes reagieren.
Der Grundgedanke der bedürfnisorientierten Erziehung: Erfüllte Bedürfnisse verschwinden irgendwann. Unerfüllte Bedürfnisse tauchen immer wieder auf (zum Beispiel später im Erwachsenenleben). Mit anti-autoritärer Erziehung, laissez-faire oder „unerzogen“ hat die bedürfnisorientierte Erziehung nichts zu tun (auch wenn das gerne in einen Topf geworfen wird). Es geht dabei weniger um ein „Erziehungsprogramm“. Sondern um die Haltung, die Einstellung gegenüber Kindern.
Wie setzt man dieses im Alltag um?
Da wären wir schon beim Knackpunkt. Bedürfnisse können sehr unterschiedlich sein. Der Kinderarzt und achtfache Vater Dr. William Sears hat für die bedürfnisorientierte Erziehung (amerikanisch: „Attachment Parenting“) sieben Leitprinzipien aufgestellt, darunter: Stillen nach Bedarf, häufiges Tragen, gemeinsames Schlafen im Familienbett. Es handelt sich um Vorschläge, wie eine enge Bindung hergestellt werden kann.
Leider halten sich einige Eltern sklavisch an diese (vermeintlichen) Regeln. Und tun so, als sei das der einzig richtige Weg. Das setzt andere Eltern unter Druck. Natürlich gibt es einige Dinge, die alle Babys brauchen: Nahrung, Nähe, Zuwendung, frische Windeln. Wie viel Nähe Kinder brauchen, ist aber zum Beispiel ganz unterschiedlich. Viele Babys werden gerne getragen und brauchen zum Schlafen viel Körperkontakt. Andere aber fühlen sich im Tragetuch eingeengt, bevorzugen den Kinderwagen oder schlafen alleine ruhiger. Einige Babys fordern ihre Bedürfnisse lautstark und vehement ein (wie mein Kleiner), andere sind genügsamer. Als Mama muss man immer sehr genau und individuell auf die Bedürfnisse des eigenen Kindes schauen.
Und, ganz wichtig: Bei der bedürfnisorientierten Erziehung zählen Mamas Bedürfnisse auch!
Außerdem tendieren wir Mamas dazu, unsere eigenen Bedürfnisse zu vergessen. Beim Versuch, alles richtig zu machen, vernachlässigen wir uns selbst. So ging es auch mir. Stundenlang schleppte ich meinen Kleinen in der Babytrage durch die Gegend, damit er schlief. Vergaß im stressigen Mama-Alltag häufig, zu essen. Momente, in denen ich Kraft schöpfen und etwas für mich tun konnte, waren selten. Die ersten Monate war das in Ordnung. Doch irgendwann kam der Punkt, an dem ich gemerkt habe: Wenn ich so weitermache, schlittere ich geradewegs ins Mama-Burnout.
Das ist NICHT das Ziel der bedürfnisorientierten Erziehung. Es gilt, eine gesunde Balance zwischen den Bedürfnissen aller Familienmitglieder zu finden. Und immer wieder Kompromisse zu schließen. Natürlich kommt das auch auf das Alter des Kindes an. Ganz kleine Babys können noch nicht warten. Trotzdem gibt es Momente, in denen Mama abwägen muss: Wenn ich jetzt nichts esse, kippe ich gleich aus den Latschen. Und davon hat mein Baby dann auch nichts.
Bedürfnisorientierte Erziehung gilt auch für Mamas Bedürfnisse
Wer seine eigenen Bedürfnisse immer hintenanstellt, ist außerdem kein gutes Vorbild. Als Mama muss man manchmal Entscheidungen treffen, die das Kind frustrieren. Viel wichtiger ist der Umgang mit dem Frust: Spiele ich den Ärger runter, versuche ich, ihn zu unterbinden? Oder begleite ich ihn? Zeige ich Verständnis für die Gefühle des Kindes, sage ihm aber gleichzeitig, dass es jetzt kurz warten muss?
Kümmert Mama sich gut um sich selbst, sieht das Kind: Aha, meine Bedürfnisse zählen. Aber die von Mama (und der ganzen Familie) auch. Meine Mama kümmert sich gut um sich selbst – damit sie sich gut um mich kümmern kann.
Wie sagt man so schön: Glückliche Mama, glückliches Kind.
[…] und ihr Glück schauen. Die Kunst besteht dabei, die Bedürfnisse der einzelnen Familienmitglieder aufeinander abzustimmen und miteinander zu jonglieren. Dabei können die folgenden Fragen […]
[…] nicht mehr so nennen mag, muss dein Kind ja wissen, dass es nicht auf die Straße laufen darf und auch andere Menschen Bedürfnisse haben. Und ganz ehrlich: Haben wir uns in schwachen Momenten nicht alle schon mal zähneknirschend […]