Birk Grüling zum Vatertag 2022: Wie fühlt es sich heute an, Vater zu sein?

Heute Vater zu sein, ist vermutlich ähnlich schön, ähnlich anstrengend und ähnlich herausfordernd wie 1982, 1992 oder 2002.

Doch einen kleinen, feinen Unterschied gibt es doch: Wir können modernere Väter sein als die Generationen vor uns. Wir können es wirklich anders machen, uns leichter von den Rollenbildern der 60er Jahre freimachen, für die Familie auf die Karriere verzichten, lange in Elternzeit gehen, aktive Väter auf Augenhöhe sein.

Wir müssen es nur wollen, nicht nur ein bisschen, als Lippenbekenntnis, sondern so richtig, mit Tatendrang und Opferbereitschaft.

Die Zeiten dafür stehen gut oder einfach besser als noch vor 20 Jahren. Wir müssen nicht mehr Pioniere sein – weder in der Gesellschaft noch in der Wirtschaft. Es gab und gibt bereits viele Vorreiter in Sachen Vaterschaft, die wir nach Erfahrungen und Ratschlägen fragen, deren Bücher wir lesen können. Es gibt auch mehr Unterstützung vom Staat, zum Beispiel in Form des Elterngeldes und in selbst in der Wirtschaft spricht sich der Wert von aktiven Vätern immer weiter herum. Die Erwerbstätigkeit der Mütter ist nämlich wichtig, für die Wirtschaft in Zeiten des Fachkräftemangels, zur Selbstverwirklichung und als Prävention von Altersarmut.

Leider haben längst noch nicht alle Männer diese Chance erkannt.

Versteht mich nicht falsch. Ich möchte keinen Mann für traditionelle Rollenbilder verurteilen – also, solange die Entscheidung dafür bewusst und partnerschaftlich getroffen wurde. Ich denke eher an die Väter, die unter diesem Ideal des hart arbeitenden und die Familie versorgenden Mannes leiden, aber sich vielleicht nicht trauen oder es nicht leisten können, mit gesellschaftlichen Konventionen zu brechen oder sich gegen bestehende Hürde aufzulehnen. Ihnen müssen wir es noch leichter machen, aktive Väter zu werden, durch gesellschaftliche Vorbilder, aber vor allem durch zusätzliche Unterstützung der Politik für Paare, die gleichberechtigt leben wollen und durch mehr gelebte Familienfreundlichkeit in der Wirtschaft.

Foto: Antje Wulf – Foto & Konzept

Meine Liste mit entsprechenden Wünschen ist lang: bessere Kinderbetreuungsangebote, mehr Elterngeld für paritätisch-verteilte Elternzeit, die Abschaffung des Ehegattensplittings, die Überwindung des Gender-Pay-Gaps, flexiblere Arbeitszeiten und attraktivere Teilzeitmodelle in der Wirtschaft, vielleicht sogar eine 30-Stunden-Woche als neue Vollzeit. Und ja, bis all das Wirklichkeit wird, bin ich vermutlich schon Opa und freue mich über die modernen Väter im Jahre 2042.

Trotzdem sollten alle Väter, die es heute schon anders machen wollen, ihre Chance ergreifen.

Nicht für den Applaus oder für das Ego, sondern für die Kinder, für mehr Vereinbarkeit von Beruf und Familie, für die Partnerschaft, für die vielen schönen und unvergesslichen Momente als Papa, die man nicht auf der Arbeit sitzend verpassen sollte.

 

Birk Grüling. Foto: Antje Wulf – Foto & Konzept

Birk Grüling ist freier Journalist mit 30-Stunden-Woche und aktiver Vater. Mit seinem Sohn teilt er die Leidenschaft für ausgestorbene Tiere, versunkene Kulturen und verrückte Erfindungen. Zum Glück kann er dieses Interesse als Wissenschaftsjournalist und Kinderbuchautor auch beruflich voll ausleben. Zuletzt erschienen sind „Am Arsch der Welt und andere spannende Orte“, ein Landkartenbuch für neugierige Kinder, und „Mama, Papa, was machen wir heute?“, ein kreatives Beschäftigungsbuch für Familien.

Und auch für uns hat Birk schon einen weiteren wunderbaren Text geschrieben, den findet ihr HIER.

Laura Dieckmann

Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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