„Ich bin 32 und gerade im 6. Monat schwanger mit unserem ersten Kind. Wir freuen uns riesig auf unser kleines Mädchen. Es ist mir schon häufiger passiert, dass andere Frauen mich beneiden und bewundern, mit welcher Hingabe mein Mann sich auf die Geburt und alles, was danach kommt, vorbereitet. Ich finde das auch wirklich schön und weiß, dass das leider nicht selbstverständlich ist. Aber mittlerweile wird es mir zu viel, wie gut er sich informiert und Entscheidungen für uns alle drei treffen will.
Seit einigen Wochen dreht sich alles nur noch um die Entbindung: Er besteht quasi auf eine vaginale Geburt.
Er zählt mir ständig alle Vorteile einer natürlichen Geburt auf und erzählt immer wieder, wie begeistert seine Mutter bis heute von ihren traumhaften Hausgeburten ohne jegliche Interventionen schwärmt. Ich glaube nicht, dass sich irgendeine Schwangere irgendwo explizit eine Saugglockengeburt oder einen Notkaiserschnitt wünscht. Und auch ich wünsche mir natürlich eine komplikationslose, natürliche Geburt, wenn ich es mir aussuchen könnte.
Aber ich bin auch realistisch und bereite mich eben auch darauf vor, dass es vielleicht anders laufen wird. Ich habe sowieso schon Angst vor der Geburt – ganz abgesehen von der Art, wie mein Baby am Ende auf die Welt kommt. Aber mein Mann macht mir zusätzlich so einen Druck, weil er völlig zuversichtlich ist, dass das klappt. ‚Du bist doch gesund und fit, du wirst das wunderbar schaffen.‘ Was aber, wenn nicht?
„Kein Uterus, keine Entscheidung“, sagt meine beste Freundin.
Im Grunde genommen gebe ich ihr da ja Recht. Aber hat nicht der Papa des Kindes trotzdem auch ein gewisses Mitspracherecht? Er will ja schließlich auch nur das Beste und Gesündeste für sein Kind. Immerhin konnte ich ihn schon davon überzeugen, dass wir in eine Geburtsklinik gehen. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass er es mir irgendwie vorwerfen würde, falls es eben nicht mit einer natürlichen Geburt klappen sollte.
Eigentlich wünsche ich mir nur, dass er anerkennt, dass ich eine Wahl habe und ich mich auch bewusst für einen Kaiserschnitt entscheiden könnte. Mal ganz abgesehen von den medizinisch notwendigen Entscheidungen, die uns ja vielleicht sogar abgenommen werden. Wenn ich ihn darauf anspreche, tut er meine Bedenken immer ganz schnell ab und packt das Totschlagargument aus, dass er ja nur das Beste fürs Kind will. Was aber vielleicht das Beste für mich sein könnte, scheint er dabei zu vergessen.“
Liebe Mama, vielen Dank, dass du uns deine Geschichte anvertraut hast (Name ist der Redaktion bekannt). Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!
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Also ich war genauso zuversichtlich wie dein Mann. Ich bin jung, gesund, vital, zuversichtlich! Hausgeburt- wie heimelig!
Ich bin SO unfassbar froh, im Krankenhaus gewesen zu sein! Und dass interveniert wurde.
Ein Kind zu bekommen ist immer anders. Bei jeder Frau und jedem Baby. Einige Frauen haben stärker Schmerzen unter der Geburt als andere. Weil das Baby eventuell ungünstig liegt, das Becken einfach ein bisschen anders gebaut ist- Gründe gibt es genug. Da darf dann nicht nur gebrüllt werden, sondern auch nach Schmerzmitteln verlangt werden!
Grad bei der ersten Geburt. Die Wehen, der nie erlebte Ablauf, all das ist sehr wahrscheinlich überrumpelnd und kann auch große Angst und Überforderung auslösen. Das wiederum wirkt sich auf die Schmerzen und Geburtsvorgang aus. So steigt das Risiko, dass etwas schief geht.
Und meine Erfahrungen aus der präklinischen Notfallversorgung haben mir bewiesen- Wenn etwas Zuhause schief geht, dann ist das wirklich so richtig schlimm.
Dass heute weniger Frauen und Babys bei der Entbindung sterben, liegt an der medizinischen Versorgung. Das sollte man nicht achtlos lassen, auch wenn natürlich jeder Frau urteilslos eine Hausgeburt haben kann. Ich will hier kein Hausgeburten-Shaming betreiben.
Ich weiß, so viele Bücher wie „artgerecht“ vermitteln einen, Zuhause gibt es weniger Interventionen als in der Klinik. In die Statistik fließt aber nicht ein, dass es in der Klinik ja auch deutlich mehr Risikogeburten sind. Und heute studieren Hebammen. Heute ist Bonding ein großes Thema. Niemand zwingt dir eine PDA auf, im Gegenteil, davon ist man heute eher weg. Und ein minibisschen Opiat ist eher dein Freund als dein Feind, weil es dir weniger die Schmerzen als die Anspannung nehmen kann. Das tut dem Baby letztlich gut. Lass dir bloß nicht noch einreden, dass du keine Medikamente nehmen solltest, da es euer Bonding stören könnte.
Ich dachte, ich wäre eine Frau, die das gut hinbekommt. Im Alleingang, weil ich Erfahrungen mit Geburten bei anderen Frauen habe, ich taff bin. Letztlich war ich so froh über die Betreuung im Krankenhaus. Über die Interventionen, weil mein Baby sonst Schaden genommen hätte.
Dein Mann sollte dir Sicherheit geben und keinen Druck machen. Eine Geburt ist etwas wirklich schmerzhaftes und diese Schmerzen trägst du alleine. Nicht dein Mann. Und ja- die Schmerzen sind dann sofort vergessen. Vielleicht schwärmt seine Mum deswegen so, weil sie es schlicht durch die Hormone danach vergessen hat. Was ja gut ist.
Wenn du jetzt schon diese Sorge hast, dich unter der Geburt unter Druck gesetzt zu fühlen- sprich vorher mit den Hebammen darüber, wenn du dich im Vorraus im Krankenhaus anmeldest. Und lege zur Sicherheit einen Zettel in den Mutterpass, wo du deine Sorge artikulierst, dass dein Mann deine Entscheidungen und Möglichkeiten der Interventionen nicht unterstützt, dass du da Hilfe benötigst. Davon muss er nichts wissen.
Es ist deine Geburt. Du musst sie durchstehen. Du kannst alles ablehnen, aber auch alles fordern. Das macht dich nicht zur schlechten Mutter, nur weil andere es ohne schaffen und du nicht. Wenn du auf dich aufpasst, auf deine Grenzen hörst, dann bist du deinem Kind die beste Mutter überhaupt.
Ich kann mich nur anschließen. Kein Druck machen und lass es auf euch zukommen. Am Ende des Tages ist der Hauptteil der Arbeit bei der Geburt deiner und er kann dir nur zur Seite stehen. Egal was passiert am Ende musst DU ALLEINE dich dabei wohl fühlen und nur dann kann euer Kind entspannt zur Welt kommen. Dein Mann will sicher nur das Beste aber verlasse dich auf deinen Instinkt. Das wird schon. Ihr schafft das und du wirst sehen alles wird gut klappen wenn du dir vertraust und auf dein Gefühl hörst.
Alles Gute für dich und deine Familie
Liebe Bald-Mama,
du hast es selbst schon am besten formuliert „aber vielleicht das Beste für mich sein könnte, scheint er dabei zu vergessen“.
Du bist die Mutter und du weißt am besten was gut für dich bzw. dein Kind ist. Das ist der natürliche Mutterinstinkt.
Es ist schön, dass dein Partner sich so in deine SW einbringt. Vielleicht ist das seine Art dir seine Hilfsbereitschaft zu zeigen, weil er „seine Arbeit getan hat“ und ab jetzt nicht mehr „mitreden“ kann. Es klingt auch etwas nach Hilflosigkeit. Eine Situation, die neu für ihn ist und auf die er keinen Einfluss hat sie zu kontrollieren. Daher habe ich teilweise auch Verständnis dafür. Dass er dich damit einengt bzw. zu verunsichern, scheint er jedoch nicht zu sehen.
Ich würde dir empfehlen ein Gespräch mit ihm zu führen, denn deine Unsicherheit, kann sich negativ auf dich, dein Kind bzw. die Geburt auslösen. Und das kann niemand von euch gebrauchen. Wichtig ist, was du empfindest. Was fühlt sich für dich richtig an?
Versucht beide gelassen zu sein. Eine natürliche Geburt ist etwas sehr schönes bzw. ein schönes Erlebnis zusammen. Aber wenn du während der Geburt merkst, dass dein Partner dir mit „gut gemeinten Ratschlägen“ nicht hilft, wirst du nur verkrampfen und es dir und eurem Kind nur unnötig schwer machen. Ein Satz meiner Hebamme: Dein Kind wird sich erst auf dem Weg machen bzw. das Signal geben, wenn es merkt, dass du bereit bist.
Bei meiner 1. Geburt wollte ich auch eine natürliche Geburt, aber einfach um zu sehen wie es sich anfühlt.
Gleichzeitig war ich immer bereit, zum Wohle meines Kindes, alles zu tun, damit es gesund auf die Welt kommt. Dein Partner darf nicht vergessen, dass der Kaiserschnitt o.a. Maßnahmen nur zum Wohle des Kindes bzw. der Mutter durchgeführt werden.
Im Zweifelsfall entscheidest du! Und wenn du merkst, dass du lieber alleine mit deiner Hebamme sein möchtest, ist das auch OK und das muss er akzeptieren.
Lass dich nicht stressen! Du wirst das großartig machen! Vertraue dir und deinem Körper! Das ist mein Mantra, dass mir sehr geholfen hat. Und sei offen. Egal auf welchem Weg, alles ist vergessen, wenn du deinen kleinen Schatz im Arm hältst.
Ich weiß, dass du das toll machen wirst! Und der Moment, wenn ihr zusammen euer Kind ansehen könnt, stärkt eure Verbindung.
Ich wünsche dir alles erdenklich Gute und eine wunderschöne Kennlernzeit!
Viele Grüße,
Lissiana
P.S. Wenn dein Mann sich gerne informiert, lass ihn Flyer von Lieferservices, Restaurants etc. besorgen oder lass ihn Gerichte vorkochen. Oder Zettel in der Wohnung verteilen mit dem Wort „trinken“. Denn manchmal vergisst man unter Stilldemenz die eigenen Bedürfnisse. So war es jedenfalls bei mir.
P.P.S. Ich hoffe, dass ich dich oder deinen Mann nicht gekränkt habe. Falls doch, tut es mir sehr leid. Es ist mein 1. Kommentar.