Bonding mit einem Baby: Hinter diesem Anglizismus verbirgt sich etwas, das uns, unsere Kinder und die Beziehung zueinander ein Leben lang prägt. Das Wort, das übersetzt „verbinden“ bedeutet, meint das Kennenlernen, meist über intensiven emotionalen und körperlichen Kontakt, von Eltern und Kind, das Zusammensein in den ersten Lebensmonaten eines Babys.
Wie funktioniert Bonding mit einem Baby?
Durch diesen liebevollen Kontakt bilden sich viele neuronale Verbindungen im Gehirn. Das Baby merkt, dass es bei seinen Eltern das bekommt, was es braucht:
- Geborgenheit
- Schutz
- Wärme
- Liebe
- Nahrung
- Aufmerksamkeit …
Es lernt, dass es sich auf seine Bezugspersonen verlassen kann und wie schön es ist, in deren Nähe zu sein. So bildet sich das Urvertrauen, die Sicherheit, tief im Inneren, dass es jemanden gibt, der immer an seiner Seite ist. Im Idealfall entstehen Emotionen, die Eltern und Kind lebenslang zusammenschweißen. Diese innere Bindung ist die wichtigste und stärkste, die ein Mensch im Laufe seines Lebens eingehen kann.
Was fördert das Bonding?
Es ist meist gar nicht nötig, sich darum Gedanken zu machen. Im täglichen, liebevollen Umgang mit seinem Baby tun Eltern eine ganze Menge für ein gutes Bonding.
Denn diese Punkte vertiefen die Bindung:
- Freiheit: Vertrauen sollte ein großer Teil einer Eltern-Kind-Beziehung sein. Auf „Baby-Niveau“ heißt das beispielsweise, dass das Baby auch mal krabbelnderweise alleine seine (nähere) Umgebung erkunden darf, wenn es langsam mobil wird.
- Zuwendung: Kinder brauchen Aufmerksamkeit, das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit.
- Kuscheln: Das Hormon Oxytocin entsteht vermehrt bei Körperkontakt und vertieft Bindungen.
- Füttern: Beim Stillen und Fläschchengeben findet über Körper- und Blickkontakt starkes Bonding statt.
- Sprechen: Auch wenn sie noch so klein sind, dass sie nicht verstehen, was gesagt wird, nehmen Kinder Stimmen und Stimmungen wahr. Und spüren ganz genau, wenn diese liebevoll sind.
Warum ist Bonding so wichtig?
Sicher gebundene Kinder tun sich später leichter im Leben. Sie zeigen nachgewiesenermaßen größeres Interesse an ihrer Umgebung, sind ausgeglichen und selbstbewusst. Weil sie wissen, dass Mama und Papa immer da sind und immer wiederkommen, können sie sich voll Vertrauen besser von ihnen lösen, haben weniger Furcht vor neuen Situationen und sind selbstständiger.
Das Bonding entscheidet, wie das Kind zukünftig Beziehungen führt und auf unbekannte Situationen reagiert. Gutes Bonding zeigt: Im Leben kann man fast alles schaffen und muss wenig fürchten, wenn man sich nur aufeinander verlassen kann.
Kann Bonding mit einem Baby nur in den ersten Minuten nach der Geburt erfolgen?
Bonding ist etwas Magisches, und keine Mama und kein Papa wird je den Moment vergessen, in dem sie/er das neugeborene Baby zum ersten Mal in den Arm genommen hat. Und obwohl das wohl wirklich die einschneidendsten Minuten im Leben sind, beginnt Bonding tatsächlich schon vor der Geburt.
Bereits in der Schwangerschaft entwickeln Eltern eine Bindung zu ihrem Kind, Mütter meist etwas vor den Vätern. Sie streicheln den wachsenden Bauch, fühlen Tritte und Bewegungen und schon in dieser Zeit beginnt sich das gegenseitige Vertrauen zu formen. Eltern bekommen das Gefühl, dass sie alles für ihr Kind tun würden.
Tatsächlich ist die Stunde nach der Geburt sehr gut geeignet, um eine Verbindung zwischen Eltern und Kind herzustellen. Das Baby ist wach und aufmerksam, zum ersten Mal kann man sich wirklich spüren und riechen. Bei Mutter und Kind helfen zusätzlich die Hormone: Sie sind voll mit Oxytocin, dem Hormon, welches Wehen auslöst, die Milchbildung vorantreibt und den Stress dämmt. Es hat aber nicht nur körperliche Wirkungen, sondern auch psychische. Menschen mit einem hohen Oxytocinspiegel sind sozialer, haben größeres Vertrauen in andere und streiten weniger.
Nichtsdestotrotz heißt das nicht, dass bei Eltern, die ihre Kinder nicht sofort nach der Geburt bei sich haben können, die Chance auf Bonding vertan ist! Es gibt viele Gründe, weshalb (Körper-)Kontakt erst Stunden oder gar Tage nach der Geburt stattfinden kann, meistens sind es medizinische.
Doch eine Angst der Eltern ist unbegründet. Denn Bonding ist viel mehr als nur die ersten Momente nach der Geburt. Es geht vielmehr um die Monate (vor und) nach der Geburt. Sind diese voller Intimität, Kuscheln, Liebe, Geborgenheit und Wärme, so wird das Baby trotzdem sicher gebunden sein.
Bonding und Kaiserschnitt: Kann das klappen?
Die Debatte Kaiserschnitt vs. natürliche Geburt wird uns wohl noch sehr lange begleiten. Viele Mütter sind der Meinung, dass nur eine vaginale Geburt eine „echte“ Geburt sein. In Wahrheit hilft sie, das Immunsystem des Babys zu stärken. Außerdem sollen die überstandenen Schmerzen das Gefühl von tiefer Verbundenheit mit dem Baby auslösen.
Dass das aber ausschließlich bei natürlichen Geburten der Fall ist, ist Quatsch. Jede Mutter, egal, welche Art von Geburt sie hatte, kennt dieses Gefühl der innigen Verbundenheit mit ihrem Kind.
Inzwischen weiß man, dass Bonding mit einem Baby kein einmaliges Ereignis, sondern ein Prozess ist.
Bonding mit dem Baby – gelingt das auch Papas?
Dass die Verbindung zwischen Mama und Kind besonders stark ist, ist richtig. Doch das heißt auf keinen Fall, dass Väter keine Chance haben. Auch Papas, die ihre Neugeborenen viel im Arm und auf der Haut haben, entwickeln eine sehr starke Verbindung.
Das gilt aber nicht nur für die leiblichen Papas – egal, wer die Bezugsperson des Babys ist, sie hat die Möglichkeit, sich in den ersten Lebenstagen und -monaten mit dem Baby vertraut zu machen und eine lebenslange Bindung zu schaffen. Die Verwandtschaft spielt dabei eine untergeordnete Rolle.
Ist Stillen unverzichtbar fürs Bonding?
Stillen ist eine intime Sache, und für Mutter und Kind eine besondere Erfahrung. Sein Kind zu ernähren, eins zu sein mit seinem Baby, ist eine Situation mit großen Emotionen. Automatisch ist das Baby so im perfekten Abstand, sodass seine noch nicht so gut entwickelte Sehkraft Mamas Gesicht trotzdem relativ scharf sehen kann.
Aber jeder, der schon einmal einem kleinen Baby das Fläschchen gegeben hat, weiß: Auch dadurch entsteht Nähe, die einem vor lauter Glück das Herz zerspringen lassen kann.
Es gibt also viele Möglichkeiten, wer und wie man mit einem kleinen Menschen in Verbindung treten und eine emotionale Beziehung aufbauen kann. Alle davon haben eines gemeinsam: Sie geschehen fast nie bewusst, sondern intuitiv.
Hören wir auf uns, unsere Gefühle und unser Herz, haben wir die besten Chancen, eine lebenslange, liebevolle Bindung mit unseren Kindern zu haben.