„Liebe Hannah, du bist das, was ich mir immer gewünscht habe! Bis zu deiner Geburt wusste ich nicht, ob es das Richtige ist, aber jetzt bin ich überzeugt! Ich verliebe mich jeden Tag mehr in dich! Wie konnte ich daran zweifeln? Schließlich liebe ich auch deinen Vater mehr als alles andere auf dieser Welt und du bestehst zu 50% aus ihm und zu 50 % aus mir! ?
Ich hab diese Gefühlsduselei nie verstanden, aber jetzt verstehe ich es!
Du bist perfekt! Egal, in welcher Hinsicht, und wirst es für mich immer bleiben. Doch deine Geburt war ein richtiger Krimi, daher möchte ich dir alles erzählen, damit du bis ans Ende deiner Zeit weißt, wie sehr ich dich liebe.
Am Donnerstag 01.07.21 traffen dein Vater und ich morgens um 6:30 Uhr im Krankenhaus zum geplanten Kaiserschnitt ein. Du hattest eine zweigeteilte Plazenta und der Nabelschnuransatz war an der Eihaut. Um dein Leben nicht zu gefährden, solltest du deswegen per Kaiserschnitt auf die Welt kommen. (Sorry war bestimmt voll der Schock, da so rausgerissen zu werden.) Wir mussten warten, mir wurden Zugänge und Katheter gelegt, es wurde ein letztes CTG im Kreißsaal gemacht.
Dein Vater war so nervös… Total süß!
Ich hatte ein gutes Gefühl und freute mich darauf, den dicken Bauch zu verlieren und war so gespannt auf dich. ♥️ Endlich gab es das Go und wir wurden runter in den OP gefahren, sooo viele Menschen, die nur für mich da waren, das war seltsam.
Dein Papa musste sich erst noch umziehen, daher ging es erstmal nur für uns weiter. Im OP sollte ich mich aufsetzten und der Narkosearzt spritzte mir eine Betäubung in den Rücken. Nun konnte es los gehen, von den Rippen abwärts wurde alles warm und taub.
Die Ärzte fragten noch, ‚Merken Sie das?‘
Und frech wie deine Mutter immer ist antwortete sie nur ‚Hä was denn?‘ ? ‚Richtige Antwort‘, kam nur zurück. Dann setzte sich dein Vater an meine linke Kopfseite, ich war so froh ihn zu sehen. ♥️
Es gab ein Geruckelt und Gezuckel und ich dachte, die suchen noch die richtige Position für meine Beine, aber nein, Zack, da schreit was… ?
‚Da ist sie‘, hieß es. Ich war total überfordert, als ich dich sah, so schnell hätte ich nicht damit gerechnet. Die Ärztin nahm dich mit und checkte dich durch, während ich zugenäht wurde und der Papa meine Hand hielt. Nach wenigen Minuten kam die Ärztin mit dir wieder und legte dich auf meine Brust.
Es war so seltsam, sofort hörtest du auf zu schreien.
Ich streichelte deine Wange und dein kleines Stubsnäschen, ich konnte es nicht fassen. Aber plötzlich bekam ich keine Luft mehr und sagte das den Ärzten. Die nahmen dich mir von der Brust und gaben mir Medikamente für den Kreislauf.
Als es sich nicht direkt besserte, fragte die Kinderärztin, ob Papa mit dir schon mal hoch in den Kreißsaal möchte. Er fragte mich, was ich möchte und ich hab nur gesagt ‚Geh mit der Kleinen.‘ Ich wusste ja, du brauchst jemanden und hier im OP konnte Papa eh nichts machen.
Nachdem ihr weg wart, versuchten die Ärzte mich zu stabilisieren und zuzunähen.
Nach einigen Minuten kam ich dann in den Aufwachraum. Aufgrund der ganzen Ärzte, die sich wirklich Sorgen zu machen schienen, wusste ich, dass irgendwas nicht okay ist, aber ich war so betäubt von der Narkose und dem Blutverlust, dass ich alles nur sehr gedämpft wahrnahm.
Im Aufwachraum fragte ich nach etwas zu trinken, ich hatte schon soooo lange sooo viel Durst! Der Mann durfte mir nichts geben, aber ein Wassereis, sagte er, wäre okay. Ich bekam eines mit Kirschgeschmack und habe mich noch nie so sehr über ein Wassereis gefreut! Mein letztes war bestimmt 20 Jahre her. ?
Der Durst verschwand ein wenig.
Ärzte kamen und gingen, besprachen sich. Ich bekam kaum etwas mit, mein Eis war so toll und mein Versand nur sehr gedämpft anwesend. Der Wassereis-Arzt überprüfte immer wieder meine OP-Wunde und holte dann eine Ärztin, weil wohl etwas nicht stimmte.
Diese verordnete Medikamente und drückte kräftig auf meinem Bauch rum. Irgendwann hörte ich etwas von ‚zur Not müssen wir die Gebärmutter entfernen‘. ? Sie fragte nach einem OP, um eine Tamponade in die Gebärmutter zu legen, um die Blutung zu stoppen.
Wieder fuhr mein Bett durch die Gegend und ich fand mich im nächsten OP wieder.
Mein Kreislauf schwankte. Mir war so kalt, ist schlotterte am ganzen Körper, obwohl die Ärzte alles taten, um mich warm zu halten. Nach der OP kam ich auf die Intensivstation, wurde an viele Maschinen zur Beobachtung angeschlossen, immer noch zitterte ich erbärmlich.
Den ganzen Tag bekam ich Infusionen und mir wurde Blut abgenommen. Hier erst erfuhr ich, dass ich wohl sehr stark geblutet habe und deshalb zur Beobachtung auf der Intensiv bleiben soll. Ich fragte nach dir, ‚der Kleinen gehts gut, sie ist in guten Händen‘, sagten sie. Und ich fragte nach Papa, fragte ob sie ihn gefüttert haben. Da sagte die Ärztin nur ‚ja, die Kleine ist versorgt.‘ Aber ich meinte deinen Papa und erklärte verzweifelt: ‚Nein, nein, mein Mann braucht Essen, sonst wird’s gefährlich.‘ (Kennst ja Papa wenn er nichts zu Futtern kriegt ?)
Sie grinste und sagte, er hätte auch was bekommen und wüsste Bescheid.
Den ganzen Tag auf der Intensiv dachte ich drüber nach, was passiert war, niemand klärte mich richtig auf, nur das ich viel Blut verloren hätte. Ich lag da, ohne Handy, ohne Kontakt, ich wollte unbedingt deinen Papa sehen und wissen, was jetzt los ist.
Aber bis zum späten Nachmittag sollte ich hier allein liegen, an vielen piepsenden Geräten und am Tropf angeschlossen. Dann endlich die Erlösung! Dein Vater kam. Er sah sehr schlecht aus und erzählte mir, was für einen Horrortag er hinter sich hatte. Nach einer Weile ging er wieder in die Kinderintensiv, um nach dir zu schauen. Später kam er mit meiner Handtasche wieder. So hatte ich wenigstens mein Handy und damit Kontakt zu wichtigen Menschen.
Kurz darauf musste er schon wieder gehen.
Eigentlich waren aufgrund von Corona gar keine Besuche auf der Intensiv erlaubt. Die Ärzte versprachen mir, dass ich dich heute noch sehen darf, aber es wurde später und später und nichts passierte. Um 22 Uhr dann endlich kamst du in einem warmen Glaskasten angerollt.
Der Glaskasten wurde seitlich aufgemacht und ich durfte deine Hand halten und dich streicheln. Ich hätte so gern mit dir gekuschelt, aber ich durfte nicht. ? Nach 10 Minuten nahmen sie dich auch schon wieder mit. Es tut mir so leid, dass ich nicht bei dir sein konnte.
Die ganze Nacht schlief ich nicht und dachte nur über den Papa und dich nach.
Immer wieder wurde mir Blut abgenommen, die Geräte lösten mehrfach Alarm aus, weil sich irgendwelche Messdinger lösten. Ich musste ständig um Wasser bitten, weil ich so einen Durst hatte und nicht aufstehen konnte.
Am nächsten Tag (Freitag) nach der Visite durfte ich endlich auf die normale Entbindungsstation und man versprach mir, ich dürfe dich sehen, bzw. du würdest zu mir aufs Zimmer kommen. Mittags kam der Papa mich besuchen und brachte Pommes mit Currywurst mit. Doch ich schaffte die Portion gar nicht, weil ich so schwach und traurig war.
Ich rief in der Kinderintensiv an und fragte, wann du kommst und wann ich dich sehen darf.
Der Papa und ich könnten dich jetzt besuchen kommen, hieß es. Aber ich war leider zu schwach für den Rollstuhl. Also ging nur der Papa nach dir schauen. Ich war so traurig, dich wieder nicht sehen zu dürfen, aber trotzdem froh, dass wenigstens der Papa nach dir sehen durfte.
Nachdem er zurück war, erzählte er mir, dass ich dich vermutlich heute wieder nicht sehen werde, weil die dich noch da behalten wollen. Was ein Horror. Ich war total überfordert, ich lag hier mit Schmerzen und der kleine Mensch, für den ich stark war, konnte nicht bei mir sein. Ich weinte immer wieder und versuchte irgendwie aufzustehen, um dich wenigstens besuchen zu können, aber ich war zu schwach.
Eine neue Nacht brach an und ich versuchte, ein wenig zu schlafen – in der Hoffnung, dich vielleicht morgen endlich wiedersehen zu können. Nur bei der Vorstellung, dich die zweite Nacht auf dieser Welt allein lassen zu müssen, brach mir schon das Herz. ?
Am Samstag kam dann endlich die Erlösung.
Nachdem ich eingewilligt hatte, zwei Bluttransfusionen zu bekommen und es mir nach der ersten sehr viel besser ging, brachten sie dich in einem kleinen Gitterbett an mein Bett. Ich war so überwältigt von meinen Gefühlen und davon, dich zu sehen. Ich zog dich zu mir rüber und legte dich auf meine Brust, ich weinte so sehr vor Freude. ??
Und du, du warst so dankbar mich wiederzuhaben, ich spürte wie sehr du mich vermisst hattest. Es tut mir so leid, dass ich nicht da war!
Aber jetzt waren wir zusammen! Endlich!
Den ganzen Tag durftest du bleiben und wir kuschelten und ich gab dir die Flasche. Abends hast du im Kinderzimmer geschlafen, weil ich zu schwach war, um dich zu versorgen. Ich kämpfte mich irgendwie auf die Beine, aber es war einfach nicht genug, um dir gerecht zu werden.
Doch am Sonntag war es schon sehr viel besser, morgens um sechs Uhr warst du schon wieder bei mir. Ich zwang mich dazu, aufzustehen und mit dir hin und her zu gehen. Ich wollte gehen, wollte nach Hause, hatte Angst, dass wieder jemand kommt und dich mir wegnimmt. ?
Deshalb versuchte ich, so schnell es ging wieder einigermaßen fit zu werden.
Zum Glück hatten meine Bemühungen Erfolg: Die Ärztin entließ uns beide am Sonntag gegen 17 Uhr und der Papa holte uns ab. Endlich! Endlich! Endlich daheim ?
Jetzt liegst du neben mir, du bist ein kleiner Mensch, alles dran, nur unglaublich klein. Ich liebe dich so sehr! Und werde immer alles tun damit es dir gut geht! ♥️
Deine Mama”
Liebe Stephanie, vielen Dank für deine Geschichte. Wir wünschen Dir und Deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!
WIR FREUEN UNS AUF DEINE GESCHICHTE!
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