Mein Schatz, meine Kleine,
nun bist plötzlich kein Baby mehr, du bist jetzt offiziell ein Kleinkind.
Und auch, wenn ich es so manches Mal gerne täte: Es lässt sich nicht mehr länger leugnen. Im Bad steht eine kleine pinke Zahnbürste, gerade haben wir dein erstes Paar winziger Schühchen ausgesucht und du bekommst schon ein ziemlich energisches „Mamaaa!!!“ heraus, wenn ich nicht sofort auf dich reagiere.
Gerade habe ich (schon wieder!) einen Stapel Kleidung aussortiert, die zu klein geworden ist. Während ich sie wehmütig zusammengelegt habe, dachte ich an all die zuckersüßen Situationen, die ich mit ihnen verbinde. Den gelben Body mit den Mäusezähnchen am Ausschnitt hast du zur Geburt bekommen. Damals warst du so klein, dass du darin versunken wärst. Mit zehn Monaten hast du ihn dann endlich annähernd „ausgefüllt“. Diesen Frotteestrampler mit orange-braunen Blümchen hätte ich dagegen wohl verschwinden lassen, wenn ihn uns jemand geschenkt hätte – aber es ist mein eigener Body gewesen, als ich klein war. Und deine Oma hat ihn so lange gehütet, bis sie ihn „dem nächsten kleinen Frollein der Familie“ vermachen konnte. Diese Söckchen sind nie lange an deinen winzigen Füßen geblieben und diese geringelte Mütze hatte irgendwie nur zwei „Passform-Phasen“: Viel zu groß und dann, über Nacht, so klein, dass ich sie kaum noch über dein Köpfchen bekam.
Es ist so albern, und doch habe ich Tränen in den Augen. Mein kleines Baby, dieser hilflose, winzige Mensch, der mich für wirklich alles brauchte, den gibt es nicht mehr. Zumindest nicht mehr in dieser bezaubernden und erschöpfenden Form.
Ja, du brauchst mich noch, natürlich. Aber jetzt zeigst du mir jeden Tag etwas Neues, das du kannst. Deine unstillbare Neugier treibt dich an, die Welt mit all deinen Sinnen zu erforschen. Zeigt sie sich dabei mal nicht von ihrer bequemen und freundlichen Seite, suchst du aber doch noch schnell Schutz bei mir.
Mein Schatz, ich werde dich immer beschützen. Mein Leben lang, wenn du es möchtest.
Erst seit rund einem Jahr stellst du Papas und mein Leben auf den Kopf. Aber schon jetzt ist es, als wärst du schon immer da gewesen. Kein Baby mehr, sondern ein Familienmitglied mit viel Charakter und einem ganz schönen Dickkopf.
Dieses erste Jahr war völlig verrückt. Es war das glücklichste meines Lebens, das anstrengendste, definitiv das müdeste und dazu noch das forderndste für Papa und mich. Wir haben es aber geschafft, wir drei – meine Familie. Wie schön das klingt, oder? Ich würde es immer wieder so machen.
Ich hoffe, ich werde niemals den Duft vergessen, den dein zarter Babyflaum am Kopf hatte. Nie zuvor hatte ich so etwas Tolles gerochen, kein Duft hat mich jemals so direkt ins Herz getroffen. Ich möchte mich für immer an deine kleinen dicken Füße erinnern, die nicht wirkten, als ob sie jemals laufen könnten. Ich möchte mir die Momente im Herzen bewahren, wenn deine winzigen Fingerchen sich erstaunlich fest um einen meiner Finger wickelten.
Als ich die aussortiere Kleidung auf den Dachboden brachte, verabschiedete ich sie wehmütig – und mit ihnen auch deine Babyzeit. Wieder steigen mir die Tränen in die Augen, und ich muss mir sagen: Ich verliere dich ja nicht, im Gegenteil. Wir haben noch so viele wunderbare, aufregende Zeiten vor uns. Ich verliere aber deine dicken Bäckchen, deine Speckfalten am Bein und damit auch mein Baby.
Dafür bekomme ich ein tolles Mädchen, das immer selbständiger wird. Du tappst durch die Wohnung, du malst deine ersten Striche mit deinen neuen Wachsmalern – mein Herz hüpft voller Stolz, aber diese Freude ist eben auch immer begleitet von einem kleinen Tränchen.
Was uns beide verbindet, ist unfassbar schön und einzigartig in unserer beider Leben: Nur ich bin deine Mama, und nur du bist mein Kind. Für immer. Egal, wie alt du bist.
Deswegen gehe weiter so stark deinen Weg, auch, wenn es mir manchmal weh tun wird. Lass dich davon nie aufhalten. Ich brauche eben nur ein wenig länger als du, um mich daran zu gewöhnen, was du alles schaffen kannst. Ich werde immer für dich da sein.
Ich hab dich lieb, und das für immer, meine kleine Große.
Deine Mama