Seit Wochen gibt es nur noch ein Thema: Corona, Corona, Corona. Allmählich macht mich das schon ganz kirre im Kopf. Denn dass ich mir Gedanken mache, liegt nicht nur am Virus selbst. Sondern auch daran, dass ich an Asthma leide und damit zur Risikogruppe gehöre. Und scheinbar hat meine Tochter leider meine anfällige Lunge geerbt. Deshalb bin ich hin- und hergerissen, was ich mir wünschen soll – und was ich mache, falls die Kitas wieder öffnen.
Meine Kinder vermissen die Kita und ihre Freunde
Seit mehreren Wochen sind wir jetzt schon zuhause. Die Kitas sind geschlossen, meine Kinder vermissen ihre Freunde und die Beschäftigung in der Kita. Mein Mann und ich können glücklicherweise zuhause arbeiten, könnten allmählich aber auch eine Pause vertragen. Nicht unbedingt von unseren Kindern, sondern von der gesamten Situation. Tagsüber die Kinder bespaßen, nebenbei arbeiten und abends oft bis Mitternacht am Rechner sitzen – das schlaucht auf Dauer ganz schön. Aber auch, wenn es gerade für alle anstrengend ist, wüsste ich im Moment nicht, was die Alternative wäre.
Als Angela Merkel die ersten Lockerungen bekanntgegeben hat, war ich erst enttäuscht
Und ehrlich gesagt auch etwas wütend, weil die Kitas fast gar nicht zur Sprache gekommen sind. Kein Wort darüber, wie es den Kindern mit der Situation geht, keine Aussage dazu, wann eine Öffnung der Kitas wieder möglich sein könnte, wenn alles nach Plan läuft. Stattdessen dürfen Läden in Einkaufszentren (!) wieder öffnen und Friseure und Co. Wir können also shoppen gehen und uns die Haare schneiden lassen, aber unsere Kinder müssen weiter zuhause sitzen und dürfen ihre Freunde nicht sehen. Kann es das wirklich sein?
Etwas später mischte sich allerdings Erleichterung in meinen Ärger. Erleichterung, dass ich (noch) nicht selbst entscheiden muss
Denn einerseits hoffe ich natürlich wie so viele andere Eltern inständig, dass die Kitas bald wieder öffnen. Damit meine Kinder endlich ihre Freunde wiedersehen, mit ihnen toben und spielen können, und damit ich ihnen nicht länger erklären muss, dass sie (und wir alle) Geduld brauchen, und man nicht sagen kann, wie lange das alles dauert.
Andererseits bin ich gar nicht sicher, ob ich die beiden wirklich jetzt schon wieder in die Kita schicken würde. Denn wie gesagt leide ich seit meiner Kindheit an Asthma – und das bedeutet leider, dass eine Infektion mit dem Coronavirus für mich gefährlicher werden kann als für Menschen ohne Vorerkrankungen. Das allein wäre schon ein Grund, aus dem ich eigentlich froh sein sollte, dass mir die Kita-Entscheidung (zumindest vorerst) abgenommen wurde. Dazu kommt aber etwas, das mir viel mehr Angst macht: Denn es sieht so aus, als ob meine Tochter leider meine anfällige Lunge geerbt hat.
Jahrelang habe ich mir keine großen Gedanken über mein Asthma gemacht
Als ich klein war, hat ein Arzt einmal den Verdacht auf Asthma geäußert. Unser damaliger Hausarzt hatte es aber als „Quatsch“ abgetan. Und auch später habe ich es lange Zeit nicht testen lassen, weil ich dachte, es würde eh nichts ändern. Dann kam meine Tochter zur Welt, und als sie in die Kita kam, fingen die Erkältungen an und wurden regelmäßig zur Bronchitis. Nachdem sie mit 2,5 Jahren ihre erste Lungenentzündung hatte, habe ich dann doch endlich den Test gemacht. Seitdem habe ich die Diagnose Asthma Schwarz auf Weiß.
Bei meiner Kleinen haben wir das Ganze zum Glück gut in den Griff bekommen, seitdem wir beim kleinsten Anzeichen von Husten anfangen, zu inhalieren.
Trotzdem mache ich mir natürlich Sorgen, was eine Corona-Infektion bei ihr für Folgen haben könnte
Generell heißt es ja, dass Kinder selten schwere und häufig sogar gar keine Symptome zeigen. Trotzdem gibt es die (einzelnen) Fälle, in denen die Infektionen auch bei den Kleinen schwere gesundheitliche Folgen hatte, oder sie sogar daran gestorben sind. Und wie immer bei solchen Statistiken denke ich: Auch wenn nur ein minimaler Prozentsatz aller Kinder betroffen ist – was nützt mir das, wenn meine Tochter dazugehört?
Deshalb kann ich nicht aufhören, über das Thema nachzudenken. Was mache ich, wenn die Kitas wieder öffnen? Wie gesagt, meine Kinder vermissen es sehr, und ich würde mich für sie freuen, wenn sie endlich wieder hingehen und ihre Freunde treffen dürfen. Und dann taucht in meinem Kopf das „Aber“ auf. So doof die Situation für meine beiden gerade ist:
Möchte ich wirklich riskieren, dass sie sich mit Covid-19 anstecken?
Ganz ehrlich: Ja, ich neige schon fast immer zum Hypochondertum. Und ja, seit ich Mama geworden bin, ist das Ganze noch zehnmal schlimmer geworden, mindestens! Weil ich seitdem eben nicht mehr nur für mich selbst verantwortlich bin, sondern auch für die Zwerge. Wenn ich mich früher mit Corona angesteckt hätte, wäre das am schlimmsten für mich selbst gewesen. Jetzt denke ich darüber nach, was es im schlimmsten Fall für meine Kinder bedeuten könnte. Die Vorstellung, dass sie mitbekommen, wie Mama ins Krankenhaus muss und vielleicht nicht mehr zurückkommt – darüber mag ich gar nicht nachdenken. Noch schlimmer ist der Gedanke daran, dass einer von beiden sich auch anstecken könnte und um sein Leben kämpfen muss. Und das alles vielleicht nur, weil ich sie in die Kita geschickt habe.
Bevor jetzt jemand sagt „Das ist doch komplett übertrieben“:
Ich weiß, das klingt alles hochdramatisch und ist natürlich der schlimmste Fall, der eintreten könnte – und hoffentlich nie eintreten wird. Aber es macht vielleicht den Zweispalt deutlich, in dem ich mich gerade befinde. Natürlich möchte ich nicht, dass die Zwerge komplett isoliert bleiben, bis es irgendwann in ferner Zukunft vielleicht einen Impfstoff gibt. Aber genauso natürlich möchte ich sie auch nicht in Gefahr bringen. Was also tun?
Auf jeden Fall erst einmal abwarten, wann die nächsten Lockerungen der Maßnahmen kommen, und was sie mit sich bringen. Vielleicht muss ich erst einmal gar nichts selbst entscheiden, wenn die Kitas sowieso vorerst noch zu bleiben. Und wenn es soweit ist, werde ich wohl einmal mit unserem Kinderarzt sprechen. Er kennt die beiden schon seit ihrer Geburt und kann zumindest eine Einschätzung abgeben. Letzten Endes hängt es auch davon ab, wie lange das alles hier dauert, und wie es den Kindern nach so langer Zeit zuhause geht. Trotzdem: Egal, wie ich mich irgendwann entscheide, ein mulmiges Gefühl wird immer bleiben.
Wie sieht es denn bei euch aus: Wenn die Kitas im Mai wieder öffnen sollten, würdet ihr eure Kinder sofort und ohne Bedenken wieder hinschicken? Schreibt uns gern eure Meinung dazu.
[…] verwende, habe ich manchmal das Gefühl, dass ich schlechter atmen kann. Ob das an meinem Asthma liegt oder Einbildung ist, keine Ahnung. Außerdem ist trotz aller Tipps meine Brille oft […]
Hallo, wir haben leider ein ähnliches Problem. Wir haben 3 Kinder (8, 6 und 2,5) und der Älteste hat Asthma, der Jüngste chronisch obstruktive Bronchitis. Der Große geht in die 2. Klasse und nach den Pfingstferien soll die Schule wieder losgehen. Da er offiziell zur Risikogruppe gehört wäre er vom Präsenzunterricht befreit, aber was macht das mit einem Kind, wenn er als einziger isoliert wird? Und für die lange? Dazu kommt, dass seine Geschwister, dann auch nicht in den Kindergarten oder die Schule gehen können, und das ist eine enorme Entscheidung, denn der Mittlere kommt dieses Jahr in die Schule und ich fange im September wieder an zu arbeiten (als Lehrerin).
Ich habe mir den Rat unserer Pneumologin geholt. Natürlich hat sie mir Vieles gesagt, was ich bereits wusste. Aber etwas war neu. Sie meinte, man könne die Kinder ja auch nicht ewig wegsperren und das müsste man auch nicht. Ich solle doch je nach Zustand der Lunge entscheiden. Ist die Lunge gut, ist die Wahrscheinlichkeit, schwer zu erkranken geringer. Ist die Lunge schlecht, ist die Wahrscheinlichkeit schwer zu erkranken größer. Und bei meinem Sohn hat das Saison. Es fängt im Oktober mit den Erkältungsviren an und wird über den Winter wieder besser, ab März kommen dann die Pollen hinzu bis Anfang Juni. In dieser Zeit müssen wir aufpassen und ihn bzw. alle wohl daheim lassen.
Du sprichst mir aus der Seele. Toller Artikel. Danke.
Ich habe 3 jährige Zwillinge und beide gehören zur Risikogruppe mit mehr als einer Vorerkrankung.
Ich kann nachts nicht schlafen, wenn ich an die Kitaöffnung denke. Wir liegen jeden Winter so schon im Krankenhaus auch ohne Corona. Mein Chef ist wenig begeistert von meinem Attest, dass die Kinder besonders geschützt werden müssen, da chronisch krank etc. und ich habe keine Ahnung was hier die Lösung ist.
Meine Idee sind Risikogruppenkitas für Risikoerzieher und Risikokinder. Nur so wüsste ich, dass alle im Umfeld den gleichen Maßstab an Schutz und Vorsicht walten lassen. Die Kinder in durchmischte Gruppen zu Krankenschwester- und Ärztekinder geben, im Leben nicht.
Ich habe unserem Träger, der Stadt und der Kitaleitung geschrieben, da wir nicht die einzigste Familie mit vorerkrankten Kindern sein werden und mir wurde gesagt, es wird an einer Lösung gearbeitet und ich bekäme meine Frage zum Schutz der Risikogruppe Kind beantwortet.
Bis dahin versuche ich den Kopf von den Sorgen frei zu bekommen und notfalls bleibt dann bloß noch die Lösung mit der Arbeitszeitreduktion sprich Kinder nur 3 Tage in die Kita stecken und keine 5 um die Wahrscheinlichkeit einer Infektion etwas zu reduzieren.
Kommt Zeit, kommt Rat.
Ich bin auf die kommunalen Lösungen ab 06.05. gespannt.