Wenn Eltern sich trennen, verändert sich die Familie zwangsläufig. Neben der räumlichen Veränderung treten vielleicht auch neue Menschen ins Leben der Kinder: Die neuen Partner der Eltern, die im besten Fall auch zu Bezugspersonen werden. Doch wie viel Nähe zwischen den Kindern und dem neuen Partner oder der neuen Partnerin ist eigentlich okay? Dürfen der Bonus-Papa oder die Bonus-Mama sofort mit ins Familienbett? Wir haben mit einer Expertin darüber gesprochen.
Kürzlich erreichte uns dazu eine Frage von einer Mama aus unserer Community auf Facebook: „Mein Exmann hat seit Kurzem eine neue Freundin und unser Sohn (fünf Jahre) hat mir heute erzählt, dass sie mit den beiden im Familienbett schläft. Ich finde das absolut furchtbar. Wie seht ihr das? Übertreibe ich?”
Die meisten Eltern in den Kommentaren waren sich einig.
Einige hatten Verständnis für das ungute Bauchgefühl der Mama, aber alle waren sich einig: Dass die neue Partnerin im Familienbett schläft, ist nichts Schlimmes – im Gegenteil:
„Darf dein Sohn nicht mehr in den Bett kommen, wenn du einen neuen Partner hast? Klar fühlt man sich als Mama da schrecklich, aber es nimmt dir keiner dein Kind weg, es bekommt nur noch eine Person dazu. Ist doch toll, dass sie ihn so annimmt. Davon kann dein Sohn nur profitieren.”
„Naja, er schläft bei seinem Vater im Bett. Und da liegt dann noch die neue Freundin. Ich fände es schlimmer, wenn er das Kind in sein Bett verweisen würde, weil seine Freundin da liegt.”
„Wenn der Papa seine Partnerinnen häufiger wechselt, dann würde ich das auch nicht gut finden, dann sollte er die Wochenenden nur mit seinem Sohn verbringen. Ein komisches Gefühl hätte ich auch, aber wenn es meinem Sohn so gefällt und es niemanden stört, wäre ich irgendwie auch froh, dass die Frau meinen Sohn so akzeptiert. Keine Angst, du bist seine Mama und die kann niemand ersetzen.”
„Der erste Impuls war: geht gar nicht. Ich will nicht, dass mein Kind mit einer anderen Frau im Bett schläft. Aber wenn man kurz mal aus der Sicht des Kindes schaut, muss man wohl als Mama in den sauren Apfel beißen. Das Kind möchte Sicherheit. Und wenn es mit der neuen Freundin klarkommt, ist es doch nur gut. Es sollte aber vom Kind kommen und nicht von den Erwachsenen und Hauptperson sollte Papa sein!”
„Sei doch froh, dass sie euren Sohn so annimmt, das ist nicht selbstverständlich. Die Freundin vom Vater meines Sohnes ist super und behandelt meinen Sohn wie ihr eigenes Kind. Es gibt nichts Schöneres!”
Das sagt die Expertin zum neuen Partner im Familienbett
Wir wollten es genauer wissen und haben Sozialpädagogin und Mama-Coach Sonja Sidoroff gefragt, welche Voraussetzungen gegeben sein sollten, damit sich alle im Familienbett wohlfühlen.
„Der neue Partner sollte definitiv schon länger Teil der Familie sein. Es muss ein Grundvertrauen vorherrschen, bei allen Beteiligten. Ich würde meinen Partner nicht gleich mit ins Familienbett holen, wenn die Beziehung noch relativ frisch ist. Ein Bett ist ein Rückzugsort, ein Ort, an dem man sich geborgen fühlt, und da gehören nur Menschen rein, die diese Atmosphäre der Geborgenheit nicht stören.
Außerdem sollte dem Kind ein Mitspracherecht eingeräumt werden: „Je nach Alter des Kindes ist es wichtig, das Kind bei der Entscheidung, ob der neue Partner reindarf oder nicht, einzubinden. Wenn ich das Gefühl habe, dass mein Kind das nicht möchte (auch wenn es das nicht klar ausspricht), dann würde ich dies vorerst akzeptieren und nicht versuchen, mein Kind vom Gegenteil zu überzeugen.”
Die Gefühle des Kindes berücksichtigen und begleiten
„Es kann zum Beispiel sein, dass vorher immer der Papa im gemeinsamen Bett geschlafen hat und das Kind nun das Gefühl hat, dass der Papa (den das Kind in der Regel liebt und häufig auch vermisst) nun endgültig seinen Platz in der Familie verliert. Es kann auch sein, dass in dem Kind ein Gefühl von Eifersucht aufkommt, wenn es nicht mehr die alleinige Nähe der Mama nachts hat, weil nun auch jemand anderes mit ihr kuschelt. All diese Gedanken und die dahinterliegenden Emotionen müssen bei der Entscheidung berücksichtigt werden.”
Was sollten Eltern beachten, wenn der neue Partner/die neue Partnerin mit im Familienbett übernachtet?
Sonja Sidoroff verweist darauf, dass Eltern darauf achten sollten, wie sie sich selbst und vor allem ihre Kinder mit der neuen Situation fühlen. Dafür kannst du dir folgende Fragen stellen:
- Wie fühlen sich alle Beteiligten mit der Entscheidung, dass der Partner nun mit im Familienbett ist?
- Welches Gefühl habe ich selbst dabei? Möchte ich es vielleicht gar nicht und tue es nur meinem Partner zuliebe, damit er sich nicht ausgegrenzt fühlt?
- Was signalisiert mir das Kind? Ist es für das Kind okay oder scheint es sich unwohl zu fühlen?
- Wie ist es für meinen Partner nun mit einem ‚fremden‘ Kind mit im Bett zu schlafen und nachts vielleicht auch mehrfach durch dieses geweckt zu werden?
Die Expertin empfiehlt für den Anfang, den neuen Partner und das Kind nicht sofort nebeneinander zu platzieren: „Ich persönlich würde tatsächlich meinen Partner immer neben mir schlafen lassen, also ich in der Mitte. Auf der einen Seite das Kind/die Kinder, auf der anderen Seite der Partner. So haben alle noch ein kleines Stück ‚Freiraum‘. Ein Familienbett ist etwas sehr Intimes und die Kinder/das Kind haben trotzdem noch direkt die Mama (den sicheren Hafen) neben sich.”
Grundsätzlich rät die Expertin zu einem behutsamen Vorgehen
„Tendenziell würde ich es bei dem Thema eher langsam angehen lassen. Ich würde im Zweifel den Partner erst mal auf der Couch übernachten lassen, bevor ich das Risiko eingehe, die Grenzen meines Kindes zu überschreiten. Auf keinen Fall würde ich das Kind ausquartieren, nur damit mein Partner und ich zusammen im Bett schlafen können. Das ist definitiv ein falsches Zeichen, das man an das Kind sendet.”
Natürlich geht keine Mama, die ihren neuen Partner ins Familienbett lässt, vom Schlimmsten aus. Doch gerade deswegen ist es wichtig, sicherzustellen, dass dieses Vertrauen nicht ausgenutzt wird: „Zu guter Letzt sollte jede Mama, die einen neuen Partner mit ins Bett nimmt, darauf achten, dass der neue Partner die Grenzen des Kindes respektiert. Immer wenn ein neuer Mensch in die Familie kommt, sollten Eltern wachsam sein, um Verhaltensänderungen oder Äußerungen beim Kind wahrzunehmen.”
Vielen Dank an unsere Expertin Sonja Sidoroff für ihre Einschätzung!
Sonja Sidoroff ist Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin (M.A.) und zertifizierte Inneres Kind Mentorin. Sie hat viele Jahre in einer Familienberatungsstelle gearbeitet und ist seit 2022 selbständig als Mama Coach. Außerdem ist die gebürtige Saarländerin selbst zweifache Mädchen-Mama. Ihr findet Sonja über ihre Webseite (sonja-sidoroff.de) oder ihr Instagram-Profil als der_mama_coach.
Warum geht’s den in den Artikel, Meinung der Expertin, fast ausschließlich um die Mutter? Die Frage bezog sich doch auf den Vater plus neue Freundin und nicht Mutter plus neuer Freund.