Mittlerweile ist es wohl bei allen angekommen: Es ist ein No-Go, die Körper anderer Menschen zu kommentieren, vor allem, wenn dies abfällig geschieht, wie beim Bodyshaming (wie „Ganz schön proper!“ oder „Ob die nun unbedingt einen Bikini tragen muss!?“). Aber auch das andere „Extrem“, die manchmal schon fast aggressiv wirkende Bodypositivity-Bewegung („Jeder Körper ist schön, und jetzt feiere deinen gefälligst!!“) kann einem echtes Unbehagen bescheren. Zum Glück wird es jetzt nach und nach von dem wohltuenden Bodyneutrality-Gedanken abgelöst: Schenken wir doch einfach mal Körpern weniger Aufmerksamkeit, und widmen wir uns dem, was drin steckt. Herrlich entspannt.
Auf der anderen Seite aber schlagen Mediziner Alarm.
Laut Robert Koch Institut (RKI) sind mehr als 15 Prozent der Kinder übergewichtig und fast sechs Prozent adipös – was gesundheitliche Folgen haben kann: Insulinresistenzen, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, bestimmte Krebsarten…
Wäre es dann nicht ein Fehler, dass Gewicht nicht zum Thema zu machen, wenn es zu hoch ausfällt?
Verkneif dir trotzdem Kommentare über die Figur!
Selbst gut gemeinte Hinweise bringen langfristig mehr Schaden als Nutzen, da sind sich Experten sicher. Schlimmstenfalls bewirken sie nämlich eine handfeste Essstörung. Das Gegenteil von dem, was man sich wünscht.
Zuerst einmal ist es wichtig zu wissen, ob dein Kind tatsächlich so viel Pfunde drauf hat, dass es bedenklich wird.
Gerade wenn du selbst eher schlank oder von sehr schlanken Menschen umgeben bist, kann die eigene Wahrnehmung täuschen. Umgekehrt scheint es laut einer Studie so zu sein, dass mehr als die Hälfte betroffener Eltern das Gewicht ihres Kindes unterschätzt und so nicht rechtzeitig gegensteuern kann. Vor allem, wenn sie selbst stark übergewichtig sind.
Auf der Seite der Adipositas Gesellschaft findest du einen BMI-Rechner für Kinder. Der BMI berücksichtigt zwar manche Faktoren nicht – etwa, ob hinter dem Gewicht Fett oder Muskelmasse steckt – kann aber einen ersten Anhaltspunkt geben.
Und was, wenn dein Kind tatsächlich stark übergewichtig ist?
Kinder lernen von Vorbildern. Einfach das Kind auf Diät zu setzen, ist keine gute Idee. Vor allem dann nicht, wenn es dann den anderen beim Schlemmen zusehen muss.
Besser: Die ganze Familie stellt ihre Ernährungsgewohnheiten um, ohne es groß zu thematisieren.
Manchmal reicht es schon, an kleinen Stellschrauben zu drehen: Gibt es oft zuckerhaltige Getränke? Fettiges Essen als Trostspender? Snacks bei Langeweile? Dann trinken zukünftig vielleicht alle zur Mahlzeit stilles Wasser statt Limonade, oder zumindest verdünnte Säfte. Leichter wird es auch, wenn im Schranke keine Vorräte an ungesunden Snacks gehamstert werden. Wenn nichts verlockend Süßes, Salziges, Fettiges in Reichweite ist, geht der Griff eher in die (bereitstehende) Obstschale. Das Gleiche gilt für die Snackbox in der KiTa oder Schule. Besser als eine gezuckerte Waffel ist natürlich die Stulle.
Manche Eltern sagen: Dann isst mein Kind aber gar nichts, wenn es kein Nutella, keine Capri-Sonne, keinen Müsli-Riegel gibt. Oft ist das nur eine Frage der Gewohnheit. Dein Kind stellt sich dauerhaft quer? Dann versuche darauf zu achten, dass die Mischung stimmt, zum Beispiel gibt es dann eine dünne Schicht Nutella auf einem Vollkornbrot und dazu ein Apfel.
Auch für viele Lieblingsessen wie Nudeln, Pommes, Nuggets gibt es gesündere Alternativen. Nehmt euch außerdem Zeit zum Essen, vielleicht könnt ihr es sogar öfter mal gemeinsam zubereiten? Bezieht euer Kind soviel wie möglich mit ein, damit es eure gemeinsamen Mahlzeiten als etwas Positives und Entspanntes erlebt.
Kleine Sünden bleiben erlaubt. Wer sich ständig alles verkneifen muss, neigt oft zum Binge-Eating, wenn sich mal die Gelegenheit ergibt. Kennen wir von uns selbst, oder? Hilfreich für dein Kind sind verlässliche Rituale. Zum Beispiel, dass sich jeder am Nachmittag etwas Kleines aus der Naschi-Box aussuchen kann, bzw. es dann unterwegs auch mal ein Eis oder die Quarkbällchen vom Bäcker gibt.
So bekommt dein Kind mehr Bewegung
Probiert doch mal die vielen Schnupperangebote von den Vereinen aus. Vielleicht findet ihr eine Sportart, die dein Kind motiviert, sich mehr zu bewegen? Es muss aber auch nicht immer richtiger Sport sein. Spaziergänge zu dem etwas weiter entfernten Spielplatz, Treppe statt Aufzug, mit dem Rad zur Kita oder in die Schule, bei Wind und Wetter ordentlich draußen toben – das alles zählt.
Falls du allein nicht weiterweißt oder dein Kind schon adipös ist, wendest du dich am besten an euren Kinderarzt – ohne dein Kind, damit es sich nicht womöglich für sein „Problem“ schämt. Er kann dir eine passende Beratungsstelle empfehlen, die in solchen Fällen weiterhilft.