Nadine Shelley ist nicht einfach nur ein Harry-Potter-Fan. Für sie hat besonders eine Phrase eine ganz besondere Bedeutung: The Boy Who Lived, oder in der deutschen Version: Der Junge, der überlebte. Für Nadine ist sie für immer mit ihrem Sohn Brayden verknüpft, denn auch er überlebte etwas, das er nicht hätte überleben sollen.
Als sie gerade mal in der 17. Woche schwanger war, bekam sie bei einem Routine-Ultraschall eine verstörende Diagnose. Sie hatte viel zu wenig Fruchtwasser. Das bedeutete, dass ihr Kind mit körperlichen und geistigen Behinderungen geboren werden würde, sollte es überhaupt lebend geboren werden.
„Die Ärztin benutzte die ganze Zeit die Phrase: ,Um das Leiden nicht zu verlängern’“, so Nadine Shelley in einem berührenden Facebook-Post auf der Seite „Love What Matters“. Es wurde ihr nämlich dringend dazu geraten, die Schwangerschaft abzubrechen, da eine Fortsetzung auch ihr eigenes Leben gefährden könnten. Es würde im besten Fall darauf hinauslaufen, dass Braydon „ein kurzes, schmerzhaftes Leben haben und Nadine und ihr Mann lange, schmerzvolle Erinnerungen haben würden.“
Er hatte eine Überlebenschance von unter 15 Prozent. Nadine konnte nachvollziehen, warum ihr die Ärztin zu einer Abtreibung riet: „Als eine Krankenschwester verstand ich, was sie mir sagte. Ich verstand, warum sie das empfahl.“ Trotzdem schoss ihr diese Phrase durch den Kopf, The Boy Who Lived.
Und sie entschloss sich, ihr Baby gegen den Rat der Ärzte zu behalten: „Ich fühlte, dass es nicht meine Entscheidung war, ob Brayden stark genug wäre, um zu Überleben. Brayden würde das selbst entscheiden. Alles, was ich tun konnte, war, ihm die beste Voraussetzung dafür zu geben, und ihn so lange wie möglich in mir zu behalten. Ich hatte keine Wehen. Wir waren inzwischen bei 23 Wochen. Was, wenn er nur noch ein paar Wochen durchhalten würde, bis zu einem Zeitraum, in dem er lebensfähig wäre?“, so Nadine.
Tatsächlich schafften die beiden das Unmögliche: Brayden wurde in der 28. Schwangerschaftswoche geboren, nachdem Nadine fünf Wochen lang das Bett gehütet hatte. Er war ein Winzling und sein Leben hing am seidenen Faden, aber er lebte.
Doch bereits sein erster Atemzug hatte tragische Folgen: Einer seiner Lungenflügel platzte. Sein Herz stoppte. Dank der guten Ärzte überlebte Brayden auch das.
Was folgten, waren lange, qualvolle Tage für Nadine und ihren Mann. Sie durften ihren Sohn nicht berühren, ihn nur durch die Glasscheibe des Inkubators sehen, wo er und sein Leben an zahlreichen Schläuchen und Maschinen hingen. Sie verbrachten Tage mit ihrer Stirn an die Glasscheibe gelehnt, wie sie beschreibt.
Nach zwei Wochen durfte Nadine ihren Sohn zum ersten Mal in ihre Arme nehmen. „Das war das beste Gefühl meines Lebens! Er war ungefähr so groß wie meine Hand und ich habe kleine Hände.“ Brayden erkannte sofort, was da passierte: Als seine Haut die Haut seiner Mutter berührte, öffnete er seine Augen, seine Herzfrequenz beruhigte sich und seine Atmung wurde regelmäßiger. Ein wahres Wunder, das zeigt, wie stark die Verbindung zwischen Mutter und Kind ist.
Nach 76 Tagen im Krankenhaus war es endlich soweit: Brayden durfte nach Hause. Und obwohl anfangs kein Arzt daran geglaubt hatte, dass er die Frühchenstation lebend verlassen würde, ist er inzwischen schon fast drei Jahre alt und ein fröhlicher, kleiner Junge, der keine Medikamente mehr braucht.
Er ist der Junge, der überlebte.