Als meine Tochter auf die Welt geholt wurde, durfte ich sie einmal kurz ansehen, mich endgültig in sie verlieben, dann wurde sie zur Versorgung weggetragen und das OP-Team kümmerte sich weiter um mich.
Natürlich brach es mir das Herz. Ich hatte mir die ersten Augenblicke, Minuten und Stunden mit meiner Kleinen anders ausgemalt. Ich wusste aber auch, dass es nötig war: Nach einer schwierigen Schwangerschaft platzte viel zu früh meine Fruchtblase und meine Tochter musste am Pfingstsonntag mit einem Kaiserschnitt geholt werden.
Ich war froh, dass nun endlich alles ausgestanden und meine Kleine scheinbar gesund auf die Welt gekommen war.
Wie anders als erträumt sich die ersten Momente mit unserem Baby wirklich anfühlten, wurde ihrem Papa und mir erst so richtig bewusst, als wir dann zu ihr durften. Es war spät am Abend und sie lag in einem Inkubator, angeschlossen an viele, viele Kabel. Unser kleines Mädchen, das doch sicher gar nicht wusste, wie ihm geschehen war und so dringend die Nähe von Mama und Papa gebraucht hätte, um sich in dieser neuen Welt geborgen zu fühlen.
Ich fasse es mal zusammen: Sie blieb insgesamt etwas über drei Wochen in der Neonatologie, davon anderthalb auf der Intensivstation, mit vielen Aufregungen und Unsicherheiten. Wenn euch die ganze Geschichte interessiert, könnt ihr sie HIER nachlesen.
Diese Zeit war die schlimmste, unwirklichste Zeit in meinem Leben bisher und die Wochen fühlten sich an wie Monate. Die Zeit schien stillzustehen.
Meine Tochter ist inzwischen neun Jahre alt und kerngesund (dreimal auf Holz geklopft), aber trotzdem denke ich oft an diese Zeit zurück. Allen, die sich gerade jetzt in dieser Situation befinden, möchte ich ein ein paar Tipps mit auf den Weg geben, die ich gerne gehört hätte damals.
Ganz wichtig aber: Ich weiß natürlich, dass diese Situation etwas ganz Persönliches und Individuelles ist. Deswegen kann sich jede/r das herauspicken, was ihr / ihm helfen könnte. Und vielleicht passt auch gar nichts von meinem Erfahrungen zu euch.
Meine 5 Tipps für Eltern, deren Kinder sich gerade auf der Neo befinden:
1. Schaut auf euch
Dieser Ausnahmezustand ist nur schwer zu ertragen. Deswegen ist es spätestens jetzt an der Zeit, mal nur an sich und seine kleine Familie zu denken. Meine Freundinnen wollten mich öfter mal ablenken und haben mich zu sich aufs Sofa eingeladen. Superlieb! Aber in den seltenen Momenten, in denen ich nicht in der Klinik bei meiner Tochter war, brauchte ich meine absolute Ruhe oder aber meinen Partner um mich, der eben genau nachfühlen konnte, wie es in mir gerade aussah. So war es für mich richtig. Für andere mag es ganz anders richtig sein! Und das alles ist okay. Legitim ist alles, was einem ein wenig Kraft gibt. Energieräuber haben dagegen gar keinen Platz mehr.
2. Schlaf ist wichtig!
Auch, wenn es bedeutet, sein Baby für mehrere Stunden „alleine“ zu lassen: Bitte geht schlafen. Es ist in Ordnung – und essenziell. Ihr müsst Kraft tanken, um diese Tage mental und körperlich zu überstehen. Mamas und Papas Nähe können die Schwestern der Station natürlich niemals ersetzen, aber trotzdem: Euer Baby ist super versorgt dort. Wir hatten das große Glück, dass unser Krankenhaus nicht allzu weit weg war und konnten nachts nach Hause fahren. Falls ihr bei eurem Baby im Krankenhaus mit untergebracht bist, überlegt doch, ob ihr auch mal eine Nacht ganz ungestört außerhalb durchschlafen könnt – und mögt.
3. Pausen sind erlaubt
Wir waren in der Regel von morgens bis abends bei unserer Tochter – auch in Schichten, natürlich. Aber: Wir waren auch mal, auf sanftes Drängen des Pflegepersonals hin – nachmittags zu zweit essen oder bei Ikea, um die letzten Dinge fürs Babyzimmer zu besorgen. Es fühlte sich irgendwie falsch an und zu 100 Prozent genießen konnten wir diese „Auszeiten“ von der Frühchenstation auch nicht – aber es war trotzdem genau richtig so. Man war mal ein paar Stündchen abgelenkt, verlor den Kontakt zum „echten Leben“ da draußen nicht komplett: „Ach, die Welt dreht sich einfach weiter?“ Danach freuten wir uns wieder, zu unserer kleinen Maus zu eilen.
4. Sprecht drüber – vielleicht sogar mit einem „Profi“
Die Erfahrung, seines Wochenbetts beraubt zu werden, pure Angst um sein Baby um sein Baby zu haben und diese absolute Hilflosigkeit…. All das ist traumatisch, in welchem Ausmaß auch immer. Ich hätte immer behauptet, ich hätte das alles hinter mir gelassen. Bis ich vor Kurzem im Internet auf eine Neo-Reportage stieß. Als ich darin das unverkennbare Piepsen des Überwachungsmonitors hörte, wurde ich gefühlsmäßig sofort wieder in die Situation katapultiert und mir stiegen die Tränen in die Augen. Damit kann ich gut leben, aber viele andere Elternteile trifft es härter. Deswegen ist es wichtig, sich auszutauschen. Während dieser Zeit und auch danach, wenn man merkt, dass man nicht gut klar kommt. Hört auf euren Bauch: Sind Gespräche mit dem/der Partner*in die Lösung? Kann die Hebamme helfen? Oder würde eine Therapie gut tun?
5. Nehmt Hilfe an
Wenn man die meiste Zeit bei seinem Baby auf der Neo ist, bleibt ganz viel liegen. Und das ist okay! Aber es kann einen natürlich zusätzlich stressen, wenn zu Hause der Kühlschrank leer ist und man morgens keine saubere Unterhose mehr findet. Mal ganz davon abgesehen, wenn es noch ein größeres Geschwisterchen gibt! Deswegen darf man angebotene Unterstützung wie Einkäufe, Wäschen, Kinderbetreuung etc. besten Gewissens annehmen – und auch aktiv danach fragen!
Ich weiß, dass kein Tipp dieser Welt die Zeit auf der Neonatologie wirklich verbessern kann. Das Wichtigste ist, dass man auch auf sich selbst Acht gibt.
Ich wünsche allen Eltern, die sich gerade in dieser Situation befinden, ganz viel Kraft!